Kirche Saint-Laurent in Lausanne
Schweiz

Kirchenbesetzung in Lausanne entzweit Kirchen und Solidaritätskollektiv

Lausanne, 20.3.15 (kath.ch) Die Besetzer der reformierten Kirche Saint-Laurant in Lausanne haben die Waadtländer Kirchen auf dem falschen Fuss erwischt. Von beiden Seiten wird eine mangelnde Zusammenarbeit beklagt. Der «Gewaltakt» habe die Kirchen vor vollendete Tatsachen gestellt, jedes Gespräch sei unmöglich, erklärte gegenüber kath.ch ein Kirchensprecher.

Ein «collectif R» besetzte am 8. März die reformierte Kirche in der Lausanner Fussgängerzone, um zu verhindern, dass Immigranten aus Somalia und Eritrea weggewiesen werden. Deren Ausschaffung stand kurz bevor, erklärte das Kollektiv R. In die Sache verwickelt ist die katholische Kirche in der Waadt, weil sie gemeinsam mit der reformierten Kirche einen ökumenischen Rechtsdienst führt.

Verantwortlich für die Abteilung Solidarität der katholischen Kirche in der Waadt ist Pascal Bregnard. Gegenüber kath.ch erklärte er, die Kirche bedauere das Vorgehen des Kollektivs. «Die Kirchen wurden nicht angefragt. Vom ersten Tag der Besetzung an wurden sie vor vollendete Tatsachen gestellt», so Bregnard. Ein Kirchenasyl stelle ein extremes Vorgehen dar und dürfe nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Vor einem derartigen Akt müssten die Fälle genau studiert und alle Rechtsmittel ausgeschöpft werden.

Evangelium glaubwürdig umsetzen

Nach erfolgter Besetzung habe das Kollektiv die Kirchen kontaktiert. Die Dossiers der Betroffenen müssten erst angeschaut werden. Erst danach könne über ein Engagement der Kirchen gesprochen werden. «Man kann nicht allen Leuten, die in die Schweiz kommen, ein Aufenthaltsrecht genehmigen», sagte Bregnard. Die Kirchen könnten nicht einfach allen solchen Forderungen nachgeben. «Damit das Evangelium glaubwürdig umgesetzt werden kann, ist es nötig, dass wir die Menschen kennen, bevor wir uns für sie einsetzen können», so Bregnard.

«Die Kirche hat ihre Prinzipien, wir haben andere», erklärte Graziella de Coulon vom «collectif R». Man könne zwar nicht die ganze «Misere der Welt» aufnehmen, aber wenigstens jene, welche die Schweiz erreicht. Die Schweiz sei ein kleines, aber reiches Land. «Wenn Menschen nicht mehr in ihrem Land bleiben können, müssen wir sie aufnehmen.»

Aus der Sicht Pascal Bregnard bleibt die Forderung, dass eine Analyse der Fälle nötig ist. In extremen Fällen könne die Kirche auf radikale Mittel zurückgreifen. Das Kirchenasyl sei aber ein «symbolischer Schutz». «Wir können uns nicht widersetzen, wenn die Behörden beschliessen, Leute, die in einer Kirche Zuflucht suchen, gewaltsam aus dieser herauszuholen.»

Drohende Ausschaffung nach Italien

Das «collectif R» will verhindern, dass die Betroffenen nach Italien ausgeschafft werden. Dort würden sie vor dem Nichts stehen, erklärte Graziella de Coulon. Sie bedauert, dass sich die kirchlichen Behörden nicht hinter das Kollektiv stellen. «Wir können aber keine Zeit mehr mit diesen verlieren», sagte de Coulon. Im Moment dauert das Seilziehen zwischen dem Kollektiv und den Kirchen weiter an. (pp/gs)

Kirche Saint-Laurent in Lausanne | © cath.ch/ccrt
20. März 2015 | 17:05
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