Das Rektorat der Kölner Hochschule für Katholische Theologie: von links Elmar Nass, Christoph Ohly und Tobias Häner.
Story der Woche

Keine Berufung: Dominikus Kraschl wechselt nicht an die Kölner Hochschule

Manche sehen die Kölner Hochschule für Katholische Theologie als «Woelki-Hochschule» und als Bollwerk gegen die liberale Bonner Fakultät. Ein Gespräch mit dem Rektorat über die gestoppte Berufung des Franziskaners Dominikus Kraschl, Verbindungen zum Opus Dei – und das Frauenpriestertum.

Raphael Rauch

Der österreichische Franziskaner Dominikus Kraschl wollte von Chur nach Köln wechseln. Warum wurde seine Berufung gestoppt?

Christoph Ohly*: Die Berufungskommission der KHTK ist eine unabhängige Instanz. Sie trifft ihre Entscheidungen und es ist nicht meine Aufgabe, sie zu kommentieren. Das Verfahren ist abgeschlossen. Die Professur wird neu ausgeschrieben.

Christoph Ohly ist kommissarischer Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT).
Christoph Ohly ist kommissarischer Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT).

Haben die Berichterstattung von kath.ch und die umstrittenen Tweets von Dominikus Kraschl dazu beigetragen, dass die Berufung gestoppt wurde?

Ohly: Wir berichten nicht über interne Verfahren. Nur so viel: Die Gründe sind vielschichtig und multikausal.

Dominikus Kraschl hat umstrittene Tweets gelöscht.
Dominikus Kraschl hat umstrittene Tweets gelöscht.

Der Artikel von kath.ch ist am 7. März 2021 erschienen. Geplant war, dass Dominikus Kraschl im April 2021 in Köln anfängt. Es erscheint naheliegend, dass Sie Dominikus Kraschl schon vor dem 7. März einen Korb gegeben haben. 

Ohly: Wie gesagt: Die Entscheidung der unabhängigen Berufungskommission werde ich nicht kommentieren. 

Dominikus Kraschl hat umstrittene Tweets gelöscht.
Dominikus Kraschl hat umstrittene Tweets gelöscht.

Beim Berufungsverfahren gab es mehrere Unregelmässigkeiten. Zum einen wurde Dominikus Kraschl nicht zum Vorsingen eingeladen, sondern aus dem Hut gezaubert. Dann wurde seine Berufung plötzlich gestoppt. Diejenigen, die sich auch auf den Lehrstuhl beworben haben, warten bis heute noch auf eine offizielle Absage.

Ohly: Die Berufungskommission hat nach ihrer Entscheidung alle Beteiligten über das Ergebnis ihrer Beratungen informiert.

Laut diesem Tweet hatte Dominikus Kraschl zunächst eine Professur erhalten, obwohl er beim Vorsingen gar nicht dabei war.
Laut diesem Tweet hatte Dominikus Kraschl zunächst eine Professur erhalten, obwohl er beim Vorsingen gar nicht dabei war.

Sitzen Sie als Rektor nicht in der Berufungskommission?

Ohly: Doch. Aber es ist ja eine externe Berufungskommission mit renommierten Kolleginnen und Kollegen. Der Vorsitzende der Berufungskommission ist Wolfgang Herrmann, der ehemalige Präsident der TU München.

Wolfgang A. Herrmann
Wolfgang A. Herrmann

Was macht ein Chemiker in einer theologischen Berufungskommission?

Ohly: Die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) ist ein innovatives Projekt für die Kirche und befindet sich im Aufbau. Unsere Bewerbungskommission muss interdisziplinär aufgestellt sein, sie braucht Unabhängigkeit und sie braucht Erfahrung. Wolfgang Herrmann war 24 Jahre lang Präsident der TU München. Sie gilt als eine der besten Universitäten der Welt. Professor Herrmann ist exzellent vernetzt und hilft uns mit seiner Erfahrung als Wissenschaftsmanager.

Elmar Nass ist Prorektor an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.
Elmar Nass ist Prorektor an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.

Lehraufträge und Vorträge waren Anlass für verschiedene Medien, Sie in die Nähe des Opus Dei zu rücken. Wie stehen Sie zum Opus Dei? 

Elmar Nass*: Ich bin nicht Mitglied des Opus Dei, sondern Priester des Bistums Aachen. Ich habe keine institutionellen oder spirituellen Kontakte zum Opus Dei. Natürlich kenne ich Priester und Laien, die dem Opus Dei angehören. Ich habe auch mal bei einem Einkehrtag des Opus Dei einen Vortrag gehalten, ebenso einen sozialethischen Vortrag an der Internationalen Business Universität in Barcelona (IESE). Das Opus Dei lebt eine Spiritualität, die ihren Platz in der katholischen Kirche hat. Ich schätze diesen Weg als einen unter vielen, auch wenn es nicht meiner ist. 

«Es ist bekannt, dass das Opus Dei in Köln vertreten ist.»

Ohly: Das gilt auch für mich. Es ist bekannt, dass das Opus Dei in Köln vertreten ist. Aber wir haben keine expliziten Verbindungen dahin. Es gibt hierzu aber viele Gerüchte. Ich bin Gastprofessor für Kirchenrecht an einer kirchlichen Universität in Spanien. Das verwechseln viele mit dem Opus Dei, obwohl es eine Einrichtung des Erzbistums Madrid ist. Ich bin Priester des Erzbistums Köln.

Tobias Häner, Priester des Bistums Basel, Prorektor Lehre an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.
Tobias Häner, Priester des Bistums Basel, Prorektor Lehre an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.

Tobias Häner*: Ich bin als Priester im Bistum Basel inkardiniert, also nicht beim Opus Dei. Ansonsten schätze ich die geistliche Vielfalt und die spirituelle Weite der katholischen Kirche sehr. 

Unter Kardinal Meisner gab es mehr Priesteramtskandidaten als heute – doch Meisner brauchte keine eigene Hochschule. Warum will Kardinal Woelki unbedingt eine?

Ohly: Die Steyler Missionare konnten den Standort Sankt Augustin und ihre missionstheologische Hochschule nicht mehr halten. Sie wandten sich deshalb an das Erzbistum Köln mit der Frage: Gibt es eine Möglichkeit, die reiche Tradition weiterzuführen? Es geht ja auch um die Studierenden aus Asien und Afrika, wo die Steyler Missionare tätig sind. Kardinal Woelki fand: Es wäre schade, wenn die reiche Tradition untergehen würde.

Kardinal Joachim Meisner (l.) übergab 2011 dem neu ernannten Erzbischof von Berlin, Rainer Maria Woelki, den Bischofsstab.
Kardinal Joachim Meisner (l.) übergab 2011 dem neu ernannten Erzbischof von Berlin, Rainer Maria Woelki, den Bischofsstab.

Man hätte die Hochschule der Steyler Missionare auch in die Uni Köln oder Bonn integrieren können.

Ohly: Es geht hier um ein einzigartiges historisch gewachsenes Profil, das für eine missionarische Kirche in einer sich immer stärker säkularisierenden Umwelt gebraucht wird. Die Steyler sind davon überzeugt, dass unser Weg passt. Eine Überzeugung, die ich teile. 

Martin Welling ist Vorsitzender des China-Zentrums St. Augustin.
Martin Welling ist Vorsitzender des China-Zentrums St. Augustin.

Laut Medienberichten müssen die Priesteramtskandidaten in Bonn studieren. Trotzdem gibt es bei Ihnen um die 30 neue Einschreibungen. Was sind das für Studierende?

Ohly: Die Phase der Immatrikulation läuft noch. Wir haben in den letzten Wochen viele Gespräche geführt. Ob es am Ende 26 oder 34 neue Studierende werden, können wir erst in zwei Wochen sagen. Die Motivation ist unterschiedlich. Zum einen kommen zu uns Menschen, die eine priesterliche Berufung erkennen, aber sich noch nicht entschieden haben. Andere wollen als Pastoralreferentin oder Pastoralreferent arbeiten. Zum Teil sind es auch Spätberufene, die beruflich etwas Neues beginnen wollen. Allesamt sind es Menschen, die in Freiheit ihre Wahl treffen.

Winfried Aymans ist emeritierter Kirchenrechtler der LMU München.
Winfried Aymans ist emeritierter Kirchenrechtler der LMU München.

Ihr akademischer Lehrer, der Münchner Kirchenlehrer Winfried Aymans, hat Ihre Hochschule mit Heiligenkreuz verglichen. Sind Sie eine Art urbanes Heiligenkreuz?

Ohly: Unser Markenzeichen ist, katholische Theologie mitten in einer Metropole zu lehren, die von Multikulturalität, Multireligiosität, aber auch von Säkularisierung geprägt ist. Wir wollen genau in diesem Umfeld denken, reflektieren, uns auseinandersetzen und das Gespräch mit allen weiterführen, die denken und erkennen wollen. Der klösterliche Standort von Heiligenkreuz im Wienerwald führt zu einem anderen Konzept.

Interview in Köln: kath.ch-Redaktionsleiter Raphael Rauch (dritter von links) im Rektorat der KHKT.
Interview in Köln: kath.ch-Redaktionsleiter Raphael Rauch (dritter von links) im Rektorat der KHKT.

Ihre Kanzlerin, Martina Köppen, war länger krankgeschrieben und wurde nun gekündigt. Was können Sie uns dazu sagen?

Ohly: Der Kanzler ist gleichzeitig Geschäftsführer der gGmbH, der die KHKT betriebswirtschaftlich trägt. Gesellschafterin der gGmbH ist eine Stiftung, deren Vorstand zum 5. Oktober Herrn Christian Georg zum Geschäftsführer der gGmbH ernannt hat.

Warum liegt noch immer kein Finanzierungsplan Ihrer Hochschule vor?

Ohly: Zu den Fragen der Finanzierung sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner. Hier müssen Sie sich an die Stiftung oder an die gGmbH wenden.

Eingangsbereich der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.
Eingangsbereich der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.

Die Namen der Stiftungsräte sind geheim. Kennen Sie alle persönlich?

Ohly: Mir sind die Namen der Stiftungsratsmitglieder bekannt.

Warum werden die Namen nicht publik gemacht?

Ohly: Auch das müssen Sie den Stiftungsrat fragen.

Kurienkardinal Koch (links) taucht in einem Werbevideo für die von Kardinal Woelki protegierte Kölner Hochschule für Katholische Theologie auf.
Kurienkardinal Koch (links) taucht in einem Werbevideo für die von Kardinal Woelki protegierte Kölner Hochschule für Katholische Theologie auf.

Sie verweisen öfter auf die Stiftung und die gGmbH. Warum gibt’s nicht mehr Transparenz?

Ohly: Transparenz ist wichtig. Und alles, was in unserem Zuständigkeitsgebiet liegt, machen wir transparent. Wir sind hier ein tolles Team und solidarisch und gemeinschaftlich auf dem Weg. Ich bin aber weder Vorsitzender des Stiftungsrats noch leite ich die gGmbH.

Nass: In den Bereichen Forschung und Lehre, die uns als Wissenschaftlern obliegen, stehen wir für Transparenz und fairen Dialog auf Augenhöhe. Jeder ist eingeladen, bei uns vorbeizuschauen und sich ein eigenes Bild zu machen.

Die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT).
Die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT).

Herr Ohly, warum sind Sie kommissarischer Rektor und nicht ordentlicher Rektor?

Ohly: Zunächst ging es darum, den Übergang von den Steyler Missionaren zum Erzbistum Köln zu managen. Dafür bekam ich den Auftrag als kommissarischer Rektor. Ich gehe davon aus, dass dies im Wintersemester geregelt wird. 

Sie betonen immer wieder die die Kontinuität zu Sankt Augustin. Warum haben Sie Heike Sturm, die in Sankt Augustin ordentliche Lehrstuhlinhaberin war, abgesägt und zur Dozentin degradiert?

Ohly: Wir haben sie nicht degradiert. Doch Details zum Vertrag von Frau Dr. Sturm müssen Sie der Stiftung stellen.

Nass: Frau Dr. Sturm macht bei uns einen exzellenten Job. Auch die Kontinuität, die sie mitbringt, ist für uns eine grosse Hilfe.

Woelkis Kaderschmiede: die Kölner Hochschule für Katholische Theologie.
Woelkis Kaderschmiede: die Kölner Hochschule für Katholische Theologie.

Im Frühjahr hat eine Akkreditierung stattgefunden. Welche Auflagen hat Ihnen die Agentur gegeben?

Ohly: Das Verfahren läuft noch. Wir warten auf die Entscheidung des Akkreditierungsrats.

Sie haben aber sicher mitbekommen, wo es noch Luft nach oben gibt.

Ohly: An allen Hochschulen gibt es Luft nach oben – das gehört zum wissenschaftlichen Selbstverständnis, dass man nie mit allem fertig ist. 

Nass: Eine Baustelle ist zum Beispiel die Bibliothek. Wir haben einige schöne Bestände als Präsenzbestand geschenkt bekommen, müssen das aber noch weiter organisieren. Unser Anliegen ist es, etwa den ethnologischen Schwerpunkt von Sankt Augustin hier stark abzubilden. Diese Tradition der Steyler ist mir persönlich ein Herzensanliegen. Unsere Studierenden finden zudem ein umfassendes Bücherangebot in der mit uns befreundeten Diözesanbibliothek.

«Der Begriff Exzellenz ist nicht von der sogenannten Exzellenzinitiative gepachtet.»

Der frühere Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz von Nordrhein-Westfalen, Lambert Koch, hat die Verwendung von «Exzellenz» im Zusammenhang mit der KHKT als Etikettenschwindel bezeichnet, weil es für die Verleihung des Prädikats «Exzellenz» im Kontext von Universität und Forschung klare Kriterien gebe. Was sind Ihre Kriterien, um für sich das Attribut «herausragend» in Anspruch zu nehmen?

Ohly: Wir haben bewusst diese Formulierung gewählt, weil unsere Kolleginnen und Kollegen Herausragendes leisten. Der Begriff Exzellenz ist nicht von der sogenannten Exzellenzinitiative gepachtet. 

Nass: Die Aussage von Lambert Koch lässt mich nicht kalt. Oft wird vergessen, dass am Ende konkrete Menschen, die etwa an unserer Hochschule ihr Bestes tun, dadurch verletzt werden. Kollege Tobias Häner beispielsweise ist sehr bescheiden, hat aber zuletzt in einem Harvard-Journal publiziert. Das ist exzellent in jeder Hinsicht.

Der Theologe Tobias Häner, Prorektor Lehre an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT), im Gespräch am 29. September 2022 in Köln.
Der Theologe Tobias Häner, Prorektor Lehre an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT), im Gespräch am 29. September 2022 in Köln.

Sankt Augustin verbindet man vor allem mit dem renommierten China-Zentrum und dem Anthropos-Institut. Ausgerechnet diese zwei Prestige-Projekte sind nicht Teil der KHKT. Warum nicht?

Ohly: Das sind Einrichtungen des Ordens. Die haben auch früher nicht zur Hochschule in Sankt Augustin gehört. Doch Verbindungen zu den Einrichtungen bestehen nach wie vor. 

Christoph Ohly ist kommissarischer Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.
Christoph Ohly ist kommissarischer Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.

Ihr Lehrer Winfried Aymans behauptet, Ihre Hochschule zeichne sich dadurch aus, dass sie dem Lehramt verpflichtet sei – was von theologischen Fakultäten an staatlichen Unis nicht unbedingt gesagt werden könne. Stimmen Sie dem zu?

Ohly: Ich kann nicht über andere Fakultäten sprechen. Bei uns kommen die Studierenden mit unterschiedlichen Auffassungen und Konzepten in Kontakt und es ist klar, dass wir diese in Relation zum Lehramt setzen. 

Nass: Auch an unserer Hochschule gilt selbstverständlich die Freiheit von Forschung und Lehre. Wettbewerb belebt das Geschäft, sage ich als Ökonom. So wie wir mit anderen Fakultäten und Positionen den ehrlichen Dialog auf Augenhöhe schätzen, so möchten wir nicht, dass uns die akademische Freiheit oder Qualität abgesprochen wird.

«Wir öffnen uns und gehen hinaus in die Welt.»

Der Wissenschaftsrat vertritt die Ansicht, die Ausgrenzung der Theologie in eigenständige kirchliche Institutionen könne «der Abschliessung der jeweiligen Religionsgemeinschaft gegenüber der Gesellschaft Vorschub leisten». Schotten Sie sich ab?

Nass: Das trifft auf uns keinesfalls zu. Wir suchen explizit den Dialog mit anderen Instituten und Disziplinen. Für mich als Sozialethiker sind Kontakte in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften essentiell. Schauen Sie auf meine Homepage, da finden sie etliche solcher Kontakte. In letzter Zeit waren wir hier in Köln mit Christiane Woopen von der Forschungsstelle Ethik an der Uni Köln in Kontakt. Wir sind unter anderem mit Vertretern der Cologne Business School oder der Sparkassen-Hochschule im konkreten Austausch. Wir öffnen uns und gehen hinaus in die Welt. Nur so kann Theologie gesellschaftsrelevant bleiben oder wieder werden.

Jochen Sautermeister ist Dekan der Bonner Fakultät. Hier mit dem Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey.
Jochen Sautermeister ist Dekan der Bonner Fakultät. Hier mit dem Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey.

Warum kooperieren Sie nicht mit der Bonner Fakultät oder mit dem Theologischen Institut der Uni Köln?

Ohly: Auf persönlicher Ebene bestehen zum Teil Kontakte. Die Kolleginnen und Kollegen kennen sich ja seit Jahren. Wir befinden uns aber nach wie vor im Aufbau. Corona hat Vieles erschwert. 

Warum haben Sie den Bonner Dekan und den Kölner Institutsdirektor nicht zur Einweihung eingeladen?

Ohly: Wir hatten bei der Einsegnung der Räumlichkeiten wegen Corona nur wenig Spielraum.

Ihre Hochschule wurde bereits 2019 eröffnet, da war Corona noch kein Thema.

Ohly: Die Einsegnung der Räumlichkeiten fand im April 2021, mitten in der Corona-Pandemie, statt. Auch befinden wir uns noch im Aufbau. Vielleicht können wir ein Treffen mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Köln und Bonn nachholen. Wir haben viele zum Beispiel zu einer Ringvorlesung über 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland eingeladen.

Der aus St. Gallen stammende Kirchenhistoriker Franz-Xaver Bischof spricht beim Synodalen Weg in Frankfurt.
Der aus St. Gallen stammende Kirchenhistoriker Franz-Xaver Bischof spricht beim Synodalen Weg in Frankfurt.

Die deutschsprachige Theologie setzt sich zurzeit intensiv mit dem Synodalen Weg auseinander. Was sagen Sie als Kirchenrechtler zur Streitfrage Leitung und Amt in der Kirche?

Ohly: Massgeblich ist für mich das Zweite Vatikanische Konzil. Es spricht von der Einheit von Weihe und Leitung. Und zugleich spricht es von der Mitverantwortung aller Gläubigen an der Sendung der Kirche, die in vielen Formen der Beratung und Mitwirkung zum Ausdruck kommt. 

«Eine Äbtissin kann für ihren Bereich Entscheidungen treffen, die nicht im Einzelnen von einem Bischof abhängen.»

Als Kirchenrechtler wissen Sie, dass in der Kirchengeschichte Weiheamt und Leitung oft getrennt waren: Eine Äbtissin konnte zum Teil Priester ernennen

Ohly: Mit der Einheit von Weiheamt und Leitung wird die eine heilige Vollmacht von ihrem Ursprung her betont, der in Jesus Christus liegt. Das gilt insbesondere für die Verfasstheit der Kirche, wie wir sie in den Diözesen und in der Universalkirche sehen. In anderen Bereichen wie geistlichen Gemeinschaften kennen wir die darauf bezogene Leitungsverantwortung. So ist es klar, dass eine Äbtissin, ein Abt, eine Oberin oder ein Oberer für ihren Bereich Entscheidungen treffen, die nicht im Einzelnen von einem Bischof oder einem Priester abhängen.

Dorothee Becker leitet eine Kommunionfeier in der Kirche St. Franziskus, Riehen.
Dorothee Becker leitet eine Kommunionfeier in der Kirche St. Franziskus, Riehen.

Was sagen Sie zu Forderungen, auch Frauen und verheiratete Laien zur Weihe zuzulassen?

Ohly: Auch hier ist die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils entscheidend. Man muss sich mit den Originaltexten des Konzils und des nachkonziliaren Lehramts auseinandersetzen. Dann versteht man besser, was mit dem Zölibat, dem kirchlichen Weiheamt und der Einheit von Weihe und Amt gemeint ist.

Ich höre ein doppeltes Nein heraus: Nein zum Frauenpriestertum, Nein zur Lockerung des Pflichtzölibats. 

Ohly: Das ist mir zu kurz formuliert. Ich sage, dass für mich das Zweite Vatikanische Konzil und das nachkonziliare Lehramt in diesen Fragen eine Richtschnur ist.

Brennstab und Kühlelement? Bischof Felix Gmür und Monika Schmid in Freiburg.
Brennstab und Kühlelement? Bischof Felix Gmür und Monika Schmid in Freiburg.

Herr Häner, Sie sind Priester des Bistums Basel. Bischof Felix Gmür hätte mit Priesterinnen kein Problem. Und Sie?

Häner: Mein Fachbereich ist das Alte Testament, das von einer Polyphonie lebt, von einer Mehrstimmigkeit. In meiner Forschung setze ich mich mit Intertextualität auseinander. Ein Text steht nicht für sich, sondern immer in Bezug zu anderen Texten. Ich finde es wichtig, dass wir uns nicht in Echokammern bewegen, wo man nur die eigene Meinung bestätigt bekommt. Es ist wichtig, einander zuzuhören. Ich möchte auch die Meinungen anderer hören – also sowohl die Meinung meines Bischofs als auch von Menschen, die ihm widersprechen.

Tobias Häner ist Prorektor Lehre an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.
Tobias Häner ist Prorektor Lehre an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.

Aber welche Meinung haben Sie zur Frauenfrage und zum Pflichtzölibat?

Häner: Ich bin fürs Alte Testament zuständig – und das Alte Testament kennt weder ein Frauenpriestertum noch den Zölibat.

Am Institut im Reusshaus in Luzern haben Sie keinen Römerkragen getragen. Gehört der an der KHKT zum Dresscode?

Häner: Nein (lacht). Ich habe aber im Ausland gelernt, wie wichtig es ist, dass Priester für die Menschen als Priester erkennbar sind.

Tobias Häner ist in Köln für das Fach Altes Testament zuständig.
Tobias Häner ist in Köln für das Fach Altes Testament zuständig.

Herr Nass, Sie beraten die CDU, die kürzlich eine Frauenquote beschlossen hat. Braucht auch die katholische Kirche eine Frauenquote?

Nass: Ich gehöre einer Kommission an, die das neue CDU-Grundsatzprogramm mitentwickelt. Da ging’s nicht um die Frauenquote, sondern darum, was mich als Sozialethiker beschäftigt: Was ist Wohlstand? Und wie schaffen wir eine gerechte, solidarische Gesellschaft?

Welche Meinung haben Sie zum Pflichtzölibat und zur Frauenfrage?

Nass: Schuster, bleib’ bei deinen Leisten! Ich bin weder Dogmatiker noch Kirchenrechtler. In solchen Fragen vertraue ich der Lehre der Kirche.

Dieses Plakat (Ausschnitt) ist Teil der Ausstellung "Take Care", die im Kunsthaus Zürich zu sehen ist und war Teil einer "Stop Aids"-Kampagne.
Dieses Plakat (Ausschnitt) ist Teil der Ausstellung "Take Care", die im Kunsthaus Zürich zu sehen ist und war Teil einer "Stop Aids"-Kampagne.

Sie sind Priester des Bistums Aachen. Ihr Bischof vertritt fortschrittliche Positionen zum Thema Sexualmoral und widerspricht hier dem Grosskanzler Ihrer Hochschule, Kardinal Woelki. 

Nass: Bei der Sozialethik, zu der ich forsche, geht’s nicht um Sexualmoral, sondern um die Frage nach sozialer Gerechtigkeit. Als Kirche können wir unterschiedliche Positionen aushalten. Wenn das gemeinsame Bekenntnis zu Jesus Christus geteilt wird, so kann man etwa in solchen Fragen der Sexualmoral zu unterschiedlichen christlichen Antworten kommen. Gleiches sehen wir zurzeit auch in der Streitfrage Pazifismus. Ich bin kein Pazifist, schätze aber diese Position als eine gut begründete christliche Moral.

Die Junia-Initiative kämpft für Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche.
Die Junia-Initiative kämpft für Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche.

Wenn Ihr Forschungsschwerpunkt das Thema Gerechtigkeit ist: Ist es gerecht, dass wir von der Gleichheit der Menschen ausgehen – bei der Weihe aber Frauen diskriminieren?

Nass: Gerechtigkeit heisst nicht Gleichheit, sondern sie ist das der Menschenwürde entsprechende Recht. Alle Menschen haben die gleiche Würde. Aber die Menschen sind nicht gleich, und daraus ergeben sich gewisse Unterschiede. Natürlich bin ich dafür, dass die Frau eine zentrale Rolle in der Kirche spielt. Aber dafür sind Dogmatiker und Kirchenrechtler die besseren Interview-Partner.

Würden Sie auch eine Reformgruppe wie «Maria 2.0» in Ihre Hochschule einladen?

Ohly: Von unserer Seite aus gibt es keine Hindernisse und keine Grenzen. Unser Angebot zum Dialog richtet sich an alle.

Maria Mesrian zählt zu den schärfsten Kritikerinnen von Kardinal Woelki.
Maria Mesrian zählt zu den schärfsten Kritikerinnen von Kardinal Woelki.

Feiern Sie mit Ihren Studierenden jeden Tag eine Eucharistiefeier?

Ohly: Nein, nicht jeden Tag. Aber wir haben während des Semesters einmal die Woche donnerstagsabends eine Messe.

Haben Sie keine eigene Kapelle?

Ohly: Nein, aber dafür zwei Kirchen direkt vor der Haustür. Und in der Aula haben wir ein sehr schönes Lichtkreuz des Künstlers Ludger Hinse. Das Lichtkreuz nimmt Licht auf – und strahlt es aus. Der Gedanke erinnert an die Passion: durch das Kreuz zum Licht des Ostermorgens. An diesem Kreuz versammeln sich manchmal Studierende.

Beten Sie vor einer Vorlesung oder vor einem Seminar?

Nass: Das mache ich spontan. Als es neulich um den Ukraine-Krieg ging, habe ich das in einem kurzen Gebet spontan aufgegriffen.

«Das kommentierende Etikett Woelki-Hochschule erzeugt einen falschen Eindruck.»

Ihre Hochschule steht seit Monaten in der Dauer-Kritik. Richten sich die Angriffe gegen die Hochschule – oder gegen Kardinal Woelki?

Ohly: Viele haben den Eindruck, dass Medien gegen uns schiessen, aber eigentlich den Kardinal treffen wollen. Das zeigt ja auch schon das kommentierende Etikett für die KHKT «Woelki-Hochschule», das einen Eindruck erzeugen will, der einfach neben der Wirklichkeit liegt. Solche Schubladisierungen wirken sich besonders unfair gegenüber Studierende aus. Ein Student hat mir kürzlich berichtet, dass ein Gespräch im Freundeskreis eine komplett andere Wendung bekam, als er erzählt hat, dass er an der KHKT studiert.

Rainer Maria Woelki.
Rainer Maria Woelki.

Herr Ohly, Sie sind Priester des Erzbistums Köln und nicht-residierender Domkapitular. Viele Ihrer Mitbrüder haben kein Vertrauen in Ihre Hochschule. Verletzt Sie das?

Ohly: Ich bin nicht enttäuscht, wenn man mit mir darüber spricht und seine Kritikpunkte mitteilt. Meine Mutter hat immer gesagt: Redet so über andere, als sässen sie mit am Tisch. Lasst uns offen sprechen. Dann passen wir auch besser zu unseren Sonntagspredigten.  

«Der Heilige Christopherus hilft mir, verschiedene Kreuze zu tragen.»

In Ihrem Büro hängt ein Bild des Heiligen Christophorus. Haben Sie das Gefühl, eine ähnliche Last wie er schultern zu müssen?

Ohly: Der Heilige Christophorus ist mein Namenspatron. Er hilft mir, verschiedene Kreuze zu tragen. Nicht nur im Berufsbereich, sondern auch, wenn ich Probleme aus der Verwandtschaft, von Mitbrüdern oder aus dem Freundeskreis erfahre. Dann schaue ich auf den, den man trägt. Und das ist für mich ein Hoffnungszeichen: Wofür tun wir das Ganze eigentlich? Wir tun das ja nicht für uns, sondern für die Sendung der Kirche. Damit junge Menschen Antworten auf die Fragen erhalten, die ihnen das Leben stellt.

* Christoph Ohly ist Priester des Erzbistums Köln. Er ist Professor für Kirchenrecht, Religionsrecht und kirchliche Rechtsgeschichte und kommissarischer Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.

Elmar Nass ist Priester des Bistums Aachen, Prorektor und Lehrstuhlinhaber für Christliche Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Dialog.

Tobias Häner ist Priester des Bistums Basel und Prorektor für Lehre. Er ist Lehrstuhlverwalter für Einleitung und Exegese des Alten Testaments und den Dialog mit den Kulturen des Vorderen Orients.


Das Rektorat der Kölner Hochschule für Katholische Theologie: von links Elmar Nass, Christoph Ohly und Tobias Häner. | © KNA
7. Oktober 2022 | 17:20
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