Karin Iten, Präventionsbeauftragte des Bistums Chur
Schweiz

Karin Iten verlässt Bistum Chur: «Es ist mir als feministische Frau zunehmend schwer gefallen»

Die Präventionsbeauftragte Karin Iten war über die Bistumsgrenzen hinweg bekannt. Sie fand deutliche Worte zu einer Überhöhung des zölibatären Priestertums und zu kirchlicher Macht – sowie der daraus erwachsenden Gefahr von spirituellem und sexuellem Missbrauch. Nun verlässt sie das Bistum Chur.

Jacqueline Straub

Karin Iten verlässt die Präventionsstelle des Bistums Chur. Seit August 2020 war sie in dieser Funktion. Zusammen mit ihrem Kollegen Stefan Loppacher konzipierte sie den «Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht. Prävention von spirituellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung». Der Verhaltenskodex wurde vom Bistum Lausanne, Genf und Freiburg adaptiert.

Karin Iten und Stefan Loppacher
Karin Iten und Stefan Loppacher

Gleichzeitig führte der Verhaltenskodex immer wieder zu Spannungen. Der konservative Churer Priesterkreis weigerte sich etwa diesen zu unterschreiben. Dekan Rudolf Nussbaumer sagte, der Zwang, den Verhaltenskodex zu unterschreiben, bedeute Machtmissbrauch.

Verhaltenskodex führte zu Widerstand

«Der Verhaltenskodex ist nach anfänglichen Widerständen heute weitgehend unbestritten und fester Bestandteil der kirchlichen Präventionsarbeit», sagt Karin Iten in der Medienmitteilung des Bistums Chur. «Er ist in den Kirchgemeinden und kirchlichen Institutionen auf pastoraler, wie staatskirchenrechtlicher Ebene implementiert. Damit ist ein wichtiger Meilenstein erreicht.» Nun sei ein guter Zeitpunkt, das Zepter weiterzugeben und sich einer anderen Aufgabe zu widmen.

Kirche ignoriert Chancengleichheit

Ein Grund für ihr Gehen sind die kirchlichen Strukturen: «Als feministisch orientierte Frau kann ich den systembedingten Ausschluss von Frauen vom kirchlichen Amt kaum mit meinem Gerechtigkeitssinn vereinbaren.» Es sei ihr zunehmend schwergefallen, in einer Organisation zu arbeiten, welche Chancengleichheit ignoriere.

Nicole Büchel, Karin Iten, Stefan Müller, Joseph Maria Bonnemain
Nicole Büchel, Karin Iten, Stefan Müller, Joseph Maria Bonnemain

Bischof Joseph Maria Bonnemain bedauert Karin Itens Weggang: «Ich schätze ihre Fachkompetenz und ihre langjährige Erfahrung im Bereich der Prävention ausserordentlich. Sie wird diesbezüglich ein grosses Vakuum hinterlassen», heisst es in der Medienmitteilung des Bistums Chur.

«Karin Iten hat mutig und unbeirrt die tieferen Ursachen von Missbrauch in der Kirche beim Namen genannt. Ihre ehrliche Stimme wird uns als Kirche bitter fehlen», sagt Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding in der Mitteilung.

Neue Stelle bei nicht-kirchlicher Kinderschutzorganisation

«Nach der erfolgreichen Ausrichtung und Einführung des Verhaltenskodex ist für mich deshalb der Zeitpunkt gekommen, meine berufliche Zukunft ausserhalb der Kirche zu gestalten», so Karin Iten. Zukünftig wird sie bei einer nicht-kirchlichen Kinderschutzorganisation arbeiten.


Karin Iten, Präventionsbeauftragte des Bistums Chur | © zVg
1. Juni 2023 | 15:30
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