Kardinal Walter Kasper
International

Kardinal Kasper zeigt Kompromissbereitschaft

Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper hat sich bisher meist kritisch gegenüber dem Reformprojekt in Deutschland geäussert. Nun sagt er, dass es ein Modell von Synodalität gebe, das eine effektive Mitwirkung der Laien im Leben der Kirche ermögliche und gleichzeitig die Autorität des Bischofs nicht einschränke.

In der Debatte über den Fortgang des katholischen Reformdialogs in Deutschland schlägt Kardinal Walter Kasper vor, nach Alternativen zu suchen. «Der Synodale Rat ist in der vom Synodalen Weg vorgesehenen Weise definitiv gescheitert», schreibt Kasper in einem neuerlichen Beitrag für die theologische Plattform «communio.de«. Stattdessen gelte es, nach anderen Lösungen für eine «effektive Mitwirkung der Laien im Leben der Kirche» Ausschau zu halten. Denn daran führe kein Weg vorbei.

Bischöfe sitzen getrennt von den Laien und Laiinnen beim Eröffnungsgottesdienst im Petersdom, 23. Oktober 2023
Bischöfe sitzen getrennt von den Laien und Laiinnen beim Eröffnungsgottesdienst im Petersdom, 23. Oktober 2023

Im Synodalen Rat sollen Bischöfe und Laien gemeinsam über die Zukunft der Kirche in Deutschland beraten und Grundsatzentscheidungen fällen. Das geplante Gremium ist eine Frucht des Synodalen Weges. Gegen das Vorgehen hatte der Vatikan mehrfach sein Veto eingelegt. Die katholische Kirche in Deutschland sei nicht befugt, ein Gremium zu gründen, in dem ausser den Bischöfen auch Laien über kirchliche Grundsatzfragen mit entscheiden.

Gremium mit Vorbildfunktion

Kasper verwies auf das im Bistum Rottenburg-Stuttgart praktizierte Modell als möglichen Ausweg aus der aktuell festgefahrenen Lage. Im Diözesanrat des Bistum sässen Laien, Priester und Ordensleute. Das Gremium berate nicht nur, sondern stimme auch ab. «Doch anders als der Synodale Rat: Der Bischof stimmt nicht ab. Er steht nicht über der Synode, und die Synode steht nicht über ihm. Beide brauchen einander. Denn der Beschluss des Gremiums wird nur wirksam, wenn der Bischof dem Mehrheitsbeschluss zustimmt.»

Der emeritierte Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst (links), mit Bischof Felix Gmür in Luzern.
Der emeritierte Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst (links), mit Bischof Felix Gmür in Luzern.

Der 90-jährige Kasper war von 1989 bis 1999 selbst Bischof von Rottenburg-Stuttgart. Dann wurde er in den Vatikan berufen, wo er zuletzt bis 2010 Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen war. Der Geistliche, der seit 2001 Kardinal ist, lehrte zuvor lange Theologie in Münster und Tübingen und verfasste mehrere theologische Grundlagenwerke.

Berufung an den Papst stehe offen

In seinem Beitrag für «communio.de» zog Kasper mit Blick auf das Zueinander zwischen Bischof und Diözesanrat in Rottenburg-Stuttgart einen Vergleich zur Politik. Nach der Verfassung der Bundesrepublik werde ein vom Parlament mehrheitlich gebilligtes Gesetz erst durch die Unterschrift des Bundespräsidenten rechtlich wirksam. «Falls der Bundespräsident verfassungsmässige Bedenken hat, kann er seine Unterschrift verweigern. Ist eine Einigung nicht möglich, muss am Ende das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.»

Papst Franziskus
Papst Franziskus

In der Kirche sei die oberste Norm das Evangelium und dessen verbindliche Auslegung in der Kirche, führte Kasper aus. «Darüber hat der Ortsbischof aufgrund des ihm bei der Bischofsweihe übertragenen Hirtenamtes zu wachen. Er kann, ja muss gegen Beschlüsse Einspruch erheben, welche der Lehre der Kirche oder dem universalen Kirchenrecht widersprechen.» Gelinge es nicht, den Konflikt gütlich zu lösen, stehe jedem Christen die Berufung an den Papst beziehungsweise an das Dikasterium für die Glaubenslehre, bei grundsätzlichen Verfahrensproblemen an das oberste Verwaltungsgericht, die Apostolische Signatur, offen.

Schaffung von Zwischeninstanzen

Problematisch sei, dass es hierbei keine Zwischeninstanzen gebe, «an die man sich wenden kann, bevor man den komplizierten Weg nach Rom antritt», räumte Kasper ein. Offenkundig bestehe an dieser Stelle im Kirchenrecht eine Lücke. «Hier – und nicht bei auch rechtsstaatlich abwegigen Berufungen auf demokratische Verfahren – sollte der Synodale Weg ansetzen. Man muss sich auch in der Kirche bei offensichtlichem Missbrauch wehren können.» (kna)

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Kardinal Walter Kasper | © KNA
24. Februar 2024 | 15:00
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