Der israelische Schauspieler Niv Nissim (28) ist der Hauptdarsteller in «Sublet».
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Jüdischer Schauspieler über christliches Fake-Profil: «Website erzählt allerlei Unsinn»

Der israelische Schauspieler Niv Nissim (28) hat das jüdische Filmfestival «Yesh» in Zürich eröffnet. Ein Gespräch über seinen Debütfilm «Sublet», seine Botschaft an die LGBTQ-Community – und über ein Fake-Profil im Internet.

Raphael Rauch 

Was macht den Film «Sublet» aus Ihrer Sicht besonders?

Niv Nissim*: Es ist mein allererster Film. Und es war ein langwieriges Projekt. Wir haben ihn vor vier Jahren gedreht – coronabedingt hat sich aber alles verzögert und er wird erst jetzt gezeigt.

Welche Botschaft hat der Film für Sie persönlich?

Nissim: Der Film erzählt eine sehr kleine Geschichte an einem sehr kleinen Ort. Die Geschichte hat verschiedene Erzählebenen. Da ist ein älterer Mann, der auf einen jüngeren Mann trifft. Da ist Interesse, da ist Liebe, da ist eine Vater-Sohn-Verbindung, da ist eine sehr gute Freundschaft mit romantischem Verlangen und sexuellem Begehren. Letztlich geht es um eine schöne Begegnung zwischen zwei Menschen. Und dass man sich einander bereichert: Der Junge hat keinen Vater und der Ältere hat keine Kinder.

«’Sublet’ erzählt eine universale Geschichte und ist kein LGBTQ-Film.»

Hat der Film eine besondere Botschaft an die LGBTQ-Community?

Nissim: Ich finde, die Botschaft ist universal: Lebe deinen Traum, gehe deinen Wünschen nach. Und lass dich auf unkonventionelle Beziehungen ein – auch ein Treffen zwischen zwei sehr unterschiedlichen Menschen kann aufregend und spannend werden. Auch wenn der Film von schwulen Figuren lebt: Ich finde, «Sublet» erzählt eine universale Geschichte und ist kein LGBTQ-Film.

«Nach wie vor ist es so, dass schwule Schauspieler Karriere-Nachteile haben.»

Letztes Jahr tobte eine Debatte, ob heterosexuelle Schauspielerinnen und Schauspieler queere Rollen übernehmen sollten. Was denken Sie darüber?

Nissim: Sobald wir es geschafft haben, dass queere Schauspielerinnen und Schauspieler die gleichen Chancen und die gleiche Bezahlung erhalten wie heterosexuelle, halte ich diese Diskussion für überflüssig. Aber wir sind noch lange nicht an diesem Punkt. Nach wie vor ist es so, dass schwule Schauspieler Karriere-Nachteile haben. Sie bekommen zum Teil keine Rollen mehr, wenn sie sich outen, oder werden für die Werbeindustrie uninteressanter. Umgekehrt gehen viele queere Rollen an Heteros. Gerecht geht’s hier noch nicht zu.

Davidstern mit Kreuz, gesehen am Bahnhof in Zürich.
Davidstern mit Kreuz, gesehen am Bahnhof in Zürich.

Im Internet gibt es eine Seite, die behauptet, dass Sie Christ sind.

Nissim: Das ist eine Fake-Identität. Ich weiss, welche Website Sie meinen – die erzählt allerlei Unsinn über mich. Fakt ist: Ich bin Jude – kein orthodoxer, aber trotzdem identifiziere ich mich als Jude, weil meine Familie jüdisch ist. Die Internet-Seite ist das Verrückteste, was mir je passiert ist. Ich wurde schon von verschiedenen Leuten darauf angesprochen. Ich versuche, es mit Humor zu nehmen.

Wie gefällt Ihnen Zürich?

Nissim: Sehr gut! Ich bin hier zum ersten Mal. Die Stadt ist das Gegenteil von Tel Aviv: sauber und ruhig.

* Der israelische Schauspieler Niv Nissim (28) ist der Hauptdarsteller in «Sublet», dem Eröffnungsfilm des jüdischen Filmfestivals «Yesh» in Zürich. Das Festival läuft bis zum 16. Juni


Der israelische Schauspieler Niv Nissim (28) ist der Hauptdarsteller in «Sublet». | © Raphael Rauch
10. Juni 2022 | 08:30
Lesezeit: ca. 2 Min.
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