Israelische Sperrmauer beim Flüchtlingslager Schu`fat in Ostjerusalem, im Jahr 2012.
Schweiz

Juden und Christen kritisieren Weltkirchenrat-Aktion zu Palästina

Zürich/Genf, 7.9.16 (kath.ch) Einseitigkeit werfen verschiedene jüdische und christliche Organisationen dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in seinem aktuellen Aufruf für Frieden in Palästina und Israel vor. Die christlich-jüdische Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz (CJA) ruft die ÖRK-Mitgliedskirchen in der Schweiz auf, die «interessegeleitete Einseitigkeiten des ÖRK» zu korrigieren.

Bereits zum zweiten Mal rufe der ÖRK in diesem Jahr zu einer Aktion für «Palästina/Israel» auf, schreibt die CJA in einem offenen Brief an die Schweizer Mitgliedskirchen des ÖRK. In seiner Aktion zu Beginn der Fastenzeit habe der Weltkirchenrat «die aus antijüdischer Propaganda bekannte Lüge sich zu eigen gemacht, Israel würde den Palästinensern Wasser stehlen».

Im Zentrum der aktuellen «weltweiten Aktionswoche für Frieden in Palästina und Israel» , die vom 18. bis 24. September dauert, stehen die «Trennmauer», welche Israel aufbaut. Diese soll die «Invasion von palästinensischen Selbstmordterroristen» verhindern. Der ÖRK wolle «von diesem realpolitischen Hintergrund des Sicherheitszauns allerdings nichts wissen», kritisiert der CJA.

Palästinenischer Terror ausgeklammert

Einseitige Parteinahmen seien kontraproduktiv, schreibt die Arbeitsgemeinschaft weiter. Im aktuellen Aufruf des ÖRK suche man vergeblich nach einem Hinweis auf den «palästinensischen Terror, der in den letzten Monaten in neuer Weise Israel getroffen und den Friedensprozess gelähmt hat».

Der CJA-Vorstand bezeichnet sich als beunruhigt über diese «erneute einseitige politische Instrumentalisierung christlicher Kirchen durch den ÖRK». Er befürchtet zunehmende antiisraelische Parteinahmen.

Reales Geschehen

Der CJA fordert die Leitungen der ÖRK-Mitgliedskirchen in der Schweiz auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen, damit  die Hoffnungen für einen gerechten Frieden für beide Völker in Nahost nicht durch «interessegeleitete Einseitigkeiten des ÖRK beschädigt» werden. Wenn das reale Geschehen in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten ausgeblendet werde,  treffe dies nicht zuletzt auch die palästinensischen Friedensaktivisten.

Die christlich-jüdische Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz (CJA) ist die Dachorganisation von insgesamt zehn Regionalgruppen. In ihrem Vorstand sind Vertreterinnen und Vertreter der reformierten, der katholischen und der jüdischen Glaubensgemeinschaften in der Schweiz vertreten.

Der Ökumenische Rat der Kirchen mit Sitz in Genf hat 349 Mitgliedskirchen mit insgesamt mehr als 500 Millionen Mitgliedern. Die katholische Kirche ist nicht Vollmitglied, kooperiert aber in verschiedenen Gruppen und Kommissionen.

Der ÖRK hat noch keine Kenntnis vom Schreiben der CJA, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage. Man werde aber baldmöglichst Stellung nehmen. (gs)

Israelische Sperrmauer beim Flüchtlingslager Schu`fat in Ostjerusalem, im Jahr 2012. | © Andrea Krogmann
7. September 2016 | 12:32
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