Jonathan Kreutner: «Noch nicht ausführlich mit dem Sender beschäftigt»
«Klimaschwindel», «Transgender-Ideologie», rechtsextremes Gedankengut: Der österreichische Online-Sender «Auf1», der neben Verschwörungstheorien auch antisemitische Inhalte verbreitet, soll in die Schweiz kommen. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) will den Sender beobachten und besonders schwere Fälle von Antisemitismus zur Anzeige bringen.
Sarah Stutte
Sowohl SRF News als auch der «Tagesanzeiger» berichteten kürzlich, dass der umstrittene österreichische Online-Sender «Auf1» (Alternatives unabhängiges Fernsehen) offenbar ein Studio in der Schweiz plane. Damit breitet sich dieser immer weiter aus, nachdem er im letzten Jahr schon mit einem Büro in Berlin nach Deutschland expandierte. Warum ist das gefährlich? Unter anderem, weil «Auf1» vorgeworfen wird, rechtsextremes Gedankengut in seinen Inhalten zu vermitteln.
Der Sender mit Sitz in Linz, der seit 2021 sein Programm über eine Webseite, YouTube und Telegram verbreitet, spricht vor allem Corona- sowie Klimawandelleugner und Putin-Anhänger an. In den Sendungen ist von «öko-kommunistischen linken Globo-Homo-Eliten» die Rede, die «mittels subtiler Gewaltandrohung» den «Klimaschwindel und die Transgender-Ideologie durchsetzen wollen».
Mit diesem Gedankengut ist der laut Eigenaussagen ausschliesslich über Spenden finanzierte Online-Sender ausgesprochen erfolgreich, Tendenz steigend. Der Tagesanzeiger schreibt, dass «Auf1» gemäss Web-Traffic-Dienst Similarweb «heute eine Million Aufrufe monatlich» habe.
Zustimmung von der AfD
Die mit Verschwörungstheorien gespickten Beiträge beinhalten dabei oftmals ausländerfeindliche Meinungen – die «gezielte Überfremdung Europas» ist regelmässig Thema bei «Auf1». Häufig kommen auf dem Sender auch Interviewpartner mit einer ähnlichen Gesinnung zu Wort, so wie Jürgen Elsässer, Chefredakteur der deutschen, rechtsextremen Zeitschrift «Compact».
Nicht überraschend ist es deshalb, dass der Sender auch in der Parteizentrale der rechtspopulistischen AfD Zustimmung findet. So schrieb der AfD-Bundestagsabgeordnete Hannes Gnauck im Juni 2022 auf Facebook: «Die Kollegen von Auf1 leisten eine hochprofessionelle Arbeit. Sie haben jede Unterstützung verdient».
Versteckter Antisemitismus?
Dem Online-Sender wird ebenfalls eine antisemitische Haltung vorgeworfen, die aber durch bestimmte Codes in den Beiträgen geschickt versteckt würde. Von Juden werde nicht gesprochen, dafür aber von Begriffen wie «Globalisten» oder «Great Reset».
Dahinter stehe die Vorstellung einer jüdischen Weltverschwörung, stellvertretend inszeniert «Auf1» dafür vermehrt George Soros als Strippenzieher, einen jüdischen Investor und Philantroph, der schon seit 1990 antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt ist.
Noch nicht auf Monitoring
Auf die Anfrage von kath.ch an den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) mit Sitz in Zürich, wie dieser die Situation einschätze, meinte Generalsekretär Jonathan Kreutner. «Da der Sender bisher in der Schweiz noch nicht aktiv war, hat sich unser Monitoring noch nicht ausführlich mit dem Sender beschäftigt.»
Klar sei jedoch folgendes: «Dass auf Auf1 immer wieder diverse Verschwörungstheorien verbreitet werden, welche je nach Ausformulierung auch antisemitisch konnotiert sein können», so der SIG-Generalsekretär. Seiner Meinung nach würden die Moderatorinnen und Moderatoren aber bisher keinen offenen Antisemitismus propagieren.
Vorwurf sei Kompliment
Laut SRF News konfrontierte das deutsche Recherchebüro Correctiv den Auf1-Gründer Stefan Magnet mit dem Vorwurf, rechtsextreme Inhalte zu verbreiten. Magnet entgegnete, er sehe diese Bezeichnungen «als Kompliment, denn heute sei ein rechtsextremer Charakter, wer die Fähigkeit zum kritischen, selbstbewussten Denken habe».
Auch der Frage, ob solche Inhalte auf einem öffentlichen Online-Sender ohne rechtliche Konsequenzen einfach so verbreitet werden können, gingen die Berichte von SRF News und Tagesanzeiger nach. Offensichtlich geht das. Denn für On-Demand-Angebote, die nur über das Internet gesendet werden, gelten andere Richtlinien.
Sie müssen die Mindestanforderungen nicht erfüllen, die für Radio und Fernsehen verpflichtend sind. In deren Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) ist die Achtung der Menschenwürde, Sachgerechtigkeit, keine Gewaltverherrlichung und Diskriminierung vorgeschrieben.
Keine rechtliche Handhabe
Online-Sender können demnach nur wegen Verstössen gegen das Strafgesetz belangt werden. Falschinformationen und Lügen zu verbreiten, ist nicht verboten. «Da gibt es keine direkte Handhabe», zitiert SRF News den Vizepräsidenten der eidgenössischen Medienkommission und Kommunikationswissenschaftler an der Universität Freiburg, Manuel Puppis.
Wie weit die Pläne von «Auf1» für ein Studio hierzulande wirklich vorangeschritten sind, ist derzeit noch unklar. Auf die Anfrage des Tagesanzeigers schreibt Stefan Magnet nur: «Aufgrund unserer guten Kontakte in die Schweiz ist es naheliegend, dass wir in den nächsten Monaten mit ‹Auf1›-Schweiz starten können».
Der SIG erklärt, dass der Sender, so dann er wirklich in der Schweiz Fuss gefasst hat, wie andere einheimische Medien und Social Media-Plattformen auch, vom eigenen Antisemitismus-Monitoring erfasst würde. In besonders schweren Fällen mit klarem Absender erstattet der SIG immer wieder Anzeige.
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