PK-IZRS: Fereh Ulucay, Nicolas Blancho, Naim Cherni, IZRS-Photographin, Tamer Aboalenin
Schweiz

Islamischer Zentralrat: Ob Filme IS-Propaganda sind, entscheiden Gerichte

Bern, 21.12.15 (kath.ch) Schweizer Gerichte sollen entscheiden, ob das vom Verein «Islamischer Zentralrat» (IZRS) publizierte Video-Interview mit Abdallah al-Muhaysini Propaganda für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) ist. Das erklärte IZRS-Präsident Nicolas Blancho am Montag, 21. Dezember vor den Medien. Die Bundesanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen ein Vorstandsmitglied des IZRS eröffnet.

Georges Scherrer

Aus der Sicht von IZRS-Vorstandsmitglied Naim Cherni, der das Interview führte, kommen die Gruppierungen, welche in Syrien kämpfen, in der Schweiz zu wenig zu Wort. Er präsentierte das Interview vor der Presse als medialen Ausdruck der Meinungs- und Medienfreiheit in der Schweiz. Er verstand das Interview sowie eine Reportage zum Thema Syrien als Beitrag gegen die IS-Propaganda.

Der IS könne nicht durch Bomben bekämpft werden, sondern nur durch eine innerislamische Diskussion. Aber auch der Wunsch vieler Muslime nach einem «islamischen Utopia» lasse sich nicht durch westliche Gewalt stoppen. Die Bundesanwaltschaft, welche gegen Naim Cherni klage, schiesst gemäss Blancho mit Kanonen auf Spatzen und will den Muslimen «schrittweise ihre Freiheit und ihre Grundrechte» nehmen. Der IZRS bemühe sich aber, «die Sicherheit der Schweiz nach seinen Möglichkeiten» zu stützen.

Offene Frage zum Interview-Text

So weit so gut: Komplizierter wurde die Diskussion mit einigen Journalisten, welche sich das Interview auf der IZRS-Internet-Seite angesehen und die Übersetzung gelesen haben. Der IZRS stellt sich auf den Standpunkt, ein journalistisch sauber aufgearbeitetes Interview publiziert zu haben. An der Pressekonferenz gingen die Meinungen über die Qualität der «journalistischen» Verarbeitung des Produkts weit auseinander.

Tamer Aboalenin, der als «unabhängiger Journalist» vor den Medien in Bern für den IZRS auftrat, wies jede Kritik am Text zurück und berief sich dabei auf den Originaltext auf Arabisch. Jede von Journalisten auf Deutsch zitierte Textpassage komme nicht vor oder sei aus dem Zusammenhang gerissen. Die Diskussion führte soweit, dass der Macher des Interviews, Naim Cherni, sich schliesslich veranlasst sah zu betonten, er habe mit der Übersetzung des Textes nichts zu tun. Falls die Übersetzung nicht stimmt, muss sich der IZRS den Vorwurf gestatten lassen, dass er in seiner Kommunikation journalistisch unsauber gearbeitet hat.

Eigenartige Sichtweise

Der Interviewte Abdallah al-Muhaysini beschreibt im Interview, wie er mit seiner Gruppierung «Jaysh al-Fath» Städte und Dörfer in Syrien eroberte. Die Bevölkerung wird gemäss seinen Worte über Dresscode und Geschlechtertrennung zwangsweise islamisiert. Im gegebenen Fall darf Blut fliessen. Das sei «Pflicht» gegenüber Allah. Gemäss IZRS-Präsident Blancho entspreche dies dem «Recht der Bevölkerung».

Zur Person des Interviewten Abdallah al-Muhaysini und dessen Gruppierung gab Blancho nichts Konkretes bekannt. Abdallah «wird von der ganzen Bevölkerung geschätzt», sagte der IZRS-Präsident und blieb die Beweise für diese Aussage schuldig. Er verwies lediglich auf Wahlen in Ägypten und meinte vermutlich jene von 2012, als Mohammed Mursi zum Präsidenten Ägyptens gewählt wurde. Mursi gehört einer islamistischen Muslimbruderschaft an.

Die beiden Filme sind gemäss Blancho, der sich als «pragmatischer Islamist» bezeichnete, ein «Angriff auf den IS». Ob das stimmt, werden Schweizer Gerichte entscheiden müssen.

Der IZRS zählt gemäss Blancho heute 3500 eingeschriebene Mitglieder. Wie sich der IZRS finanziert, ist nach wie vor undurchsichtig. Die Generalsekretärin des Vereins, Fereh Ulucay, versprach an der Pressekonferenz, dass Zahlen veröffentlicht werden sollen. (gs)

PK-IZRS: Fereh Ulucay, Nicolas Blancho, Naim Cherni, IZRS-Photographin, Tamer Aboalenin | © 2015 Georges Scherrer
21. Dezember 2015 | 16:45
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