Bücher aus der "Sex-Box" für den Sexualkundeunterricht in Basel
Schweiz

«In streng evangelikalen Kreisen herrscht eine unerbittliche Haltung gegenüber Homosexuellen»

In einer Schule in Pfäffikon störten sich jüngst gewisse Eltern daran, dass der Lehrer homosexuell war und Sexualunterricht gab. Die Schulleitung stellte sich zuerst hinter ihren Angestellten, trennte sich jedoch schliesslich doch von ihm. Susanne Schaaf von infoSekta, von der Fachstelle für Sektenfragen, erklärt im Interview, dass in streng evangelikalen Kreisen mitunter eine unerbittliche Haltung gegenüber Homosexuellen und homosexueller Liebe herrscht.

Regula Pfeifer

Immer wieder wehren sich Eltern gegen Sexualkundeunterricht an Schulen. Aus welchen religiösen Kreisen kommen diese? Im Fall Pfäffikon sind es freikirchliche und muslimische Eltern.

Susanne Schaaf: infoSekta erhält vor allem Beratungsanfragen zu Konflikten mit Eltern aus freikirchlichen Milieus. Neben dem Sexualkundeunterricht geht es oft auch um die Ablehnung von bestimmter Literatur, die als okkult angesehen wird, zum Beispiel die Bücher von Harry Potter. Anfragen zu Konflikten mit muslimischen Schülern, die zum Beispiel den Handschlag mit der Lehrerin verweigern, erhalten wir nicht. Ich nehme an, dass sich Schulen dann an entsprechende andere Fachstellen wenden. 

Gibt es solche Opposition auch von katholischer Seite her?

Schaaf: Ähnlich gelagerte Konflikte im Zusammenhang mit einem katholischen Hintergrund werden nicht an uns herangetragen. Wir haben hier eher mit sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche, bestimmten umstrittenen Orden oder katholischen Abspaltungen zu tun. Die meisten Anfragen mit christlichem Hintergrund beziehen sich auf Freikirchen.

Susanne Schaaf von infoSekta, von der Fachstelle für Sektenfragen
Susanne Schaaf von infoSekta, von der Fachstelle für Sektenfragen

Offenbar galt der Protest auch dem Lehrer selbst, der homosexuell lebt. Was sagt das über die protestierenden Eltern aus?

Schaaf: Evangelikal Gläubige verstehen Homosexualität als Sünde und moderne Sexualaufklärung als Bedrohung ihrer Werte. Im besagten Fall ziehen die Eltern in ihrem heiligen Kampf alle Register, diffamieren den Lehrer, bis sie ihr Ziel erreicht haben. Eine sachliche Diskussion ist nicht mehr möglich. 

Sind Homophobie und eine strenge Sexualmoral ein Zeichen für fundamentalistisch-religiöse Ansichten?

Schaaf: In streng evangelikalen Kreisen herrscht eine unerbittliche Haltung gegenüber Homosexuellen und homosexueller Liebe, diese Haltung basiert auf der wortfundamentalistischen Leseart der Bibel. 

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Wie sollten Schulen auf solche Opposition am besten reagieren?

Schaaf: Das lässt sich nicht so generell sagen, man muss den Einzelfall betrachten. Grundsätzlich ist der Lehrplan die rechtliche Grundlage für den Sexualkundeunterricht. Bei Konflikten mit Eltern gibt es ein stufenweises Vorgehen der Gespräche. Ziel ist, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Die Schulleitung klärt die Vorwürfe ab – im vorliegenden Fall wurde dem integren Lehrer ein tadelloses Vorgehen attestiert. Die Lehrperson hat das Anrecht, von der Schulleitung vor ungerechtfertigten Anschuldigungen geschützt zu werden. Die Schulleitung hat hier eine Führungsaufgabe.

*Das Interview wurde schriftlich geführt.


Bücher aus der «Sex-Box» für den Sexualkundeunterricht in Basel | © Keystone
27. April 2024 | 10:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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