Kaiserin Zita mit ihrer Familie im Garten. Historische Aufnahme aus dem Privatarchiv.
Schweiz

«Ihr Herz ist da»: Ausstellung zu Kaiserin Zita im Kloster Muri

Sie war die letzte Kaiserin von Österreich und lebte viele Jahre in der Schweiz: Zita von Bourbon-Parma. Das Kloster Muri gibt erstmals Einblicke in das Privatarchiv der katholischen Kaiserin, die gerne zweimal pro Tag zur Messe ging. Vielleicht wird sie bald seliggesprochen.

Wolfgang Holz

Sie war eine fromme Frau. Sie besuchte täglich die Messe – häufig sogar zweimal pro Tag. Sie besass zig Rosenkränze. Sie bereiste mehrmals das Heilige Land.

Luftlöcher und schlechter Sprit

Einmal, nach einem geheimen Flug in einer Junkers-Propreller-Maschine mit ihrem entthronten Ehegatten von Dübendorf nach Ungarn, war sie sich hinterher sicher, «dass sie nur dank ständigem Gebet» die vielen Luftlöcher überlebt hatte. Dabei hatte der Pilot einfach schlechten Sprit getankt – der Grund für die holprige Luftfahrt!

Von den Habsburgern gegründet: Das Kloster Muri.
Von den Habsburgern gegründet: Das Kloster Muri.

Die Rede ist von Kaiserin Zita. Genauer gesagt von Zita Maria delle Grazie Habsburg Lothringen, geborene Bourbon-Parma (1892–1989). Im Gegensatz zum frühen Tod des letzten Habsburger-Herrschers und Ehemanns Karl I., der im Exil in Funchal 1922 nicht ganz 34 Jahre alt an der Spanischen Grippe zugrunde ging, war ihr langes Leben vom Glauben, der Politik und der Familie geprägt.

«Für Gott, Kaiser und Kinder»

Und nicht nur das. Sie legte während den 96 Jahren ihres Lebens ein umfangreiches Privatarchiv an, das seit einiger Zeit im Kloster Muri eingelagert ist. Thomas Frei, Kurator der neuen Wechselausstellung «Für Gott, Kaiser und Kinder», gibt nun Einblicke in Zitas Privatarchiv.

Kurator Thomas Frei kann erstmals Einblick in das umfangreiche Privatarchiv von Kaiserin Zita geben.
Kurator Thomas Frei kann erstmals Einblick in das umfangreiche Privatarchiv von Kaiserin Zita geben.

Verpackt und transportiert in Metallkisten und Reisekoffern wurde das Privatarchiv vor gut fünf Jahren ins Freiamt gebracht – und zwar von Zizers GR aus, wo die letzte Kaiserin von Österreich 37 Jahre ihres Lebens gewohnt hatte.

Zwei Herzen in Marmor vereint

Die Herzen von Karl I. und seiner Frau Zita ruhen schon seit 1973 und 1989 in der Habsburger-Gruft des Klosters in einem schwarzen Marmorblock. Ihre Leichname wurden in der Wiener Kapuzinergruft und auf Madeira beigesetzt.

«In dem wahnsinnig umfangreichen Privatarchiv gibt es Hunderte von Briefe, Fotos, Notizen, Tagebücher, Zeitungsausschnitte und einige andere Dinge, von denen ich jetzt in Absprache mit den Enkeln von Kaiserin Zita erstmals Einzelstücke zeigen darf», berichtet Kurator Thomas Frei begeistert. Sagt’s und zieht aus einer grauen Plastikkiste einen Brief von 1921 hervor.

"Lieber Karl, lieber Papa...": Briefe aus dem Privatarchiv von Kaiserin Zita
"Lieber Karl, lieber Papa...": Briefe aus dem Privatarchiv von Kaiserin Zita

Auf einem in gestochen schöner Handschrift geschriebenen Brief redet die Kaiserin ihren Mann mit «Lieber Karl» an. Beigefügt hat sie noch ein in krakeliger Sütterlin-Schrift verfasstes Schreiben eines ihrer Kinder: «Lieber Papa, ich wünsche Dir viele Handküsse. Ich war heute schon in der Messe…»

Angst vor Zahnschmerzen

In einem anderen Brief verrät sie ihrem Ehemann, dass sie einen Zahnarzttermin verschoben hat – aus Angst vor den Zahnschmerzen.

«Dort kann man Stimmen von sechs Zeitzeugen der ehemaligen Kaiserin Zita aus Zizers lauschen.»

Thomas Frei, Kurator der Ausstellung

In der Kabinettausstellung im Museum Kloster Muri wird neben solchen Dokumenten aus dem Privatarchiv auch eine Hörstation installiert. «Dort kann man Stimmen von sechs Zeitzeugen der ehemaligen Kaiserin Zita aus Zizers lauschen», sagt Frei. Stimmen ihres Hausarztes etwa, eines Samichlauses und eines Kanzleibeamten, der ihre Steuererklärung ausfüllte.

Der schwarze Marmorblock in der Loreto-Kapelle im Kloster Muri, wo die beiden Herzen des verstorbenen Kaiserehepaars beigesetzt sind.
Der schwarze Marmorblock in der Loreto-Kapelle im Kloster Muri, wo die beiden Herzen des verstorbenen Kaiserehepaars beigesetzt sind.

Aber warum brauchte Kaiserin Zita, die fünfsprachig war und sogar Ungarisch fliessend beherrschte, eigentlich so ein riesiges Privatarchiv? «Sie legte es für ihren Sohn und einstigen Kronprinzen Otto von Habsburg an, damit dieser König von Ungarn werden konnte, falls dort die Monarchie wieder ausgerufen wird», sagt Thomas Frei. Doch Otto von Habsburg, der längst verstorbene demokratische Europapolitiker, verzichtete bekanntlich auf diesen monarchischen Anspruch. «Man kann Kaiserin Zitas Weltsicht in diesem Punkt durchaus als etwas realitätsfremd bezeichnen», sagt Frei.

«Sie ist auch unter Besucherinnen und Besuchern des Klosters Muri sehr beliebt – weil ihr Herz da ist.»

Thomas Frei, Historiker

«Temperamentvoll und charismatisch»

Andererseits sei sie eine starke, temperamentvolle Frau mit «charismatischer Ausstrahlung» gewesen. Sie habe sich stets für die Politik und die Regierungsgeschäfte ihres Mannes interessiert, der ja nur noch von 1916 bis 1918 als Habsburger-Kaiser herrschte. Danach wurde nach dem Ersten Weltkrieg die Republik Österreich ausgerufen: «Sie ist auch unter Besucherinnen und Besuchern des Klosters Muri sehr beliebt – weil ihr Herz da ist.»

Statue von Kaiser Karl I, dem letzten Habsburgerherrscher, in Muri. Er wurde nicht mal 34 Jahre alt.
Statue von Kaiser Karl I, dem letzten Habsburgerherrscher, in Muri. Er wurde nicht mal 34 Jahre alt.

Apropos Herz. Noch läuft der Seligsprechungsprozess für Kaiserin Zita. Kaiser Karl Kaiser Karl wurde bereits 2004 durch Papst Johannes Paul II. seliggesprochen – «wegen einer Gebetserhörung und einer wundersamen Krankenheilung», sagt Kurator Thomas Frei. Warum Zita seliggesprochen werden soll, dazu könne er nichts Konkretes sagen.

Seligsprechungsprozess läuft

Seit 2009 läuft der Prozess für die Seligsprechung für Kaiserin Zita. Vorsitz hat der Bischof von Le Mans in Frankreich, Bischof Yves Le Saux. Grund: Kaiserin Zita hat viele Monate ihres Lebens im Benediktinerinnenkloster Sainte-Cécile von Solemnes verbracht, das zur Diözese von Le Mans gehört. Hunderte von Briefen aus ihrem Privatarchiv wurden der Seligsprechungskommission übergeben. In etwa zwei bis drei Jahren dürfte dieser Prozess abgeschlossen sein.

Zita von Bourbon-Parma in ihrer Jugend beim Velofahren.
Zita von Bourbon-Parma in ihrer Jugend beim Velofahren.

Dann werden die Akten an den Vatikan weitergeleitet zur Prüfung durch die vatikanische Seligsprechungskommission. Nach Abschluss dieses Verfahrens und einem bezeugten Wunder liegt es dann am Papst, über die Seligsprechung zu entscheiden.

Die Ausstellung «Für Gott, Kaiser und Kinder:  Das Privatarchiv der Kaiserin Zita» wird am Samstag, 10. September, um 14 Uhr im Museum Kloster Muri mit einer Vernissage eröffnet. Sie dauert bis zum 6. November.


Kaiserin Zita mit ihrer Familie im Garten. Historische Aufnahme aus dem Privatarchiv. | © zVg
7. September 2022 | 17:30
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