Kirchenratspräsident Gustav Ragettli und Sakristanin Astrid Imhasly unterstützten die Feuerwehrleute bei der Brandbekämpfung der Kirche Hofstetten SO.
Schweiz

Hofstetten nach dem Kirchenbrand: Grosse Schäden, viel Arbeit und trotz allem Zuversicht

Nach dem Brand in der katholischen Kirche St. Nikolaus in Hofstetten-Flüh geht es jetzt an ans Aufräumen, Reparieren und auch schon wieder ans Planen. In der Kirche, die für Gottesdienste noch lange gesperrt bleibt, will die Gemeinde in einem Jahr Einweihungsfest feiern.

Vera Rüttimann

In der katholischen Kirche im solothurnischen Hofstetten brannte es am Silvesterabend. Die Meldung über den Brand löste weitum Betroffenheit aus. Nachdem die Pfarreimitglieder den ersten Schreck abgeschüttelt haben, stellen sie sich nun darauf ein, dass es länger dauern wird, bis sie in ihrer Kirche wieder Gottesdienst feiern können.

In einigen Tagen werden Handwerker das Gotteshaus betreten, um alle Schäden genau zu erfassen. Danach werden die nötigen Arbeiten geplant und nach eingehender Prüfung endlich auch ausgeführt.

Gustav Ragettli, Kirchenratspräsident von Hofstetten Flüh
Gustav Ragettli, Kirchenratspräsident von Hofstetten Flüh

Kirchenratspräsident Gustav Ragettli erklärt, warum das so lange dauert: «Zurzeit sind Arbeiter am Werk, die alle Schadstoffe entsorgen, die durch den Brand verursacht worden sind.» Vor allem die Lampenfassungen, die durch den Brand beschädigt worden sind und die Asbest enthalten, müssen nun fachgerecht entsorgt werden. Noch immer laufen zudem die polizeilichen Ermittlungen nach den möglichen Tätern.

Die Brandnacht

Es waren turbulente Tage für Gustav Ragettli, der am 1. Januar sein neues Amt als Kirchenratspräsident angetreten hat. Er erinnert sich noch lebhaft an die Nacht, als die Kirche brannte. Während er um das Gotteshaus läuft, erzählt er: «Am Silvester erhielt ich den Anruf: Die Kirche brennt! Ich wohne etwas oberhalb der Kirche und habe gesehen, wie Rauch aus dem Dach gestiegen ist.»

Als er bei der Kirche angekommen sei, seien schon über siebzig Feuerleute im Einsatz gewesen. «Die Flammen haben dramatisch ausgesehen», erinnert sich Ragettli. Gott sei Dank aber habe das Dach nicht gebrannt. «Die Feuerwehr machte einen sehr guten Job. Wären sie nur zehn Minuten später gekommen, hätte es einen Vollbrand wie bei der Notre-Dame in Paris gegeben», sagt er.

«Viele Leute haben für diese Orgel vor vierzig Jahren viel Geld gesammelt.»

Gustav Ragettli, Kirchenratspräsident

Erst mehrere Tage später konnte er selber zusammen mit der Feuerwehr einen Blick in die Kirche werfen. Die Decke über der Orgel ist stark beschädigt. Massive Zerstörungen gibt es an der kostbaren Orgel. Einige der Orgelpfeifen sind geschmolzen. Die zerstörte Orgel schmerzt Gustav Ragettli, ja das ganze Dorf, besonders. «Viele Leute haben für diese Orgel vor vierzig Jahren viel Geld gesammelt», betont er.

Dennoch überwiegt bei ihm die Freude: Das Klavier habe man noch in der Brandnacht retten können, auch Statuen und andere Kunstwerke. Der Altar sei noch intakt. «Wegen der Feuchtigkeit und des Russes wurden alle Kunstwerke aus dem Kircheninneren aus der Kirche entfernt und sind nun fachgerecht in einer Lagerhalle untergebracht.»

Äusserlich ist die katholische Kirche in Hofstetten SO intakt geblieben.
Äusserlich ist die katholische Kirche in Hofstetten SO intakt geblieben.

Die Krippe verwüstet, der Christbaum umgekippt

Neben ihm steht die Sakristanin Astrid Imhasly. Auch sie kann sich lebhaft an die Brandnacht erinnern. «Pfarrer Günter Hulin rief mich an und sagte, dass es in der Kirche brenne. Meine erste Reaktion war: Der Pfarrer macht doch keine solche Scherze.» Als sie hörte, dass die Feuerwehr schon vor Ort sei, habe sie gemerkt, dass die Lage ernst war.

Vor Ort musste sie den Feuerwehrleuten den Weg zur Sakristei weisen. Die wertvollen Gegenstände konnten sofort aus der Kirche geschafft werden.  «Als ich die Kirche betrat, sah ich zuerst die verwüstete Krippe, die umgekippten Weihnachtsbäume und den Vollbrand auf der Empore», erinnert sie sich.

Provisorium im Pfarreizentrum

Gustav Ragettli und Astrid Imhasly stehen im Pfarreizentrum und zeigen dem Gast, wo jetzt die Gottesdienste stattfinden. Viele Stühle stehen hier drin. Vorne ist der Altar aufgebaut, links der Ambo. Auch eine Marien-Statue grüsst die Besucher. In einem kleinen Lageraum auf der rechten Seite ist eine provisorische Sakristei eingerichtet. Ein paar liturgische Gegenstände sind noch in der Reinigung und müssen von Russ und Gestank befreit werden.

Einen Tag nach dem Brand bereits bereit: provisorische Kirche im Pfarreizentrum von Hofstetten SO.
Einen Tag nach dem Brand bereits bereit: provisorische Kirche im Pfarreizentrum von Hofstetten SO.

«Es ist unser grosses Glück, dass wir in den Pfarreisaal neben der Kirche ausweichen konnten», sagt Astrid Imhasly. Alle reagierten nach dem Brand sehr schnell: Schon am 1. Januar 2022 war dieser Raum als Provisorium eingerichtet, einen Tag nach dem Brand wurde hier bereits Gottesdienst gefeiert.

Wenn hier Gottesdienst ist, geht Astrid Imhasly jeweils hinüber in die Sakristei und stellt den Schalter ein für das Glockengeläut. «Es ist wichtig für die Leute im Dorf, dass sie die Glocken hören.»

Das Kloster Mariastein bot Benutzung der Basilika an

Die Kirchgemeinde, berichtet Gustav Ragettli, habe von den anderen vier Kirchgemeinden aus dem Pastoralraum Angebote erhalten, mit ihrem Gottesdienst dorthin auszuweichen. Auch das Kloster Mariastein, das nicht weit von Hofstetten liegt, habe die Benutzung der Basilika angeboten. Abt Peter von Sury war in Hofstetten einst Pfarrer. «Mit ihm sind wir bis heute sehr verbunden», sagt Gustav Ragettli.

Auch im Dorfteil Flüh, wo sich die erste ökumenische Kirche in der Schweiz befindet, kann die Pfarrei Gottesdienst feiern. «Für die Leute aus Hofstetten war es aber wichtig, dass sie hierher ins Pfarreizentrum neben der Pfarrkirche kommen konnten», sagt Astrid Imhasly.

Astrid Imhasly, Sakristanin, will, dass die Kirche von Hofstetten auch nach dem Brand für Gläubige offen bleibt.
Astrid Imhasly, Sakristanin, will, dass die Kirche von Hofstetten auch nach dem Brand für Gläubige offen bleibt.

Und dann steht in Hofstetten mit der St. Johannes-Kapelle noch ein besonderes Schmuckstück als ein weiteres Ausweichquartier für Gottesdienste und Andachten zur Verfügung. Die Kapelle ist bekannt für ihre gotischen Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert. «Sie hat einen hohen künstlerischen und historischen Wert», sagt Gustav Ragettli. Bei warmen Temperaturen werde die Pfarrei auch auf ihrem Vorplatz Gottesdienst feiern können.

«Unsere Kirche ist kaputt»

Die Betroffenheit im Dorf sei auch nach mehreren Wochen nach wie vor gross, wie Astrid Imhasly sagt. Sogar bei Leuten, die nicht unbedingt als fleissige Kirchgänger bekannt sind. «Ich habe mit vielen Jungen gesprochen, die sich sehr betroffen gezeigt haben, als sie vom Brand in der Kirche erfahren haben.» Ein Jugendlicher habe zu seinen Eltern gesagt: «Meine Kirche ist kaputt!»

Von aussen sind keine Brandschäden erkennbar: katholische Kirche in Hofstetten SO.
Von aussen sind keine Brandschäden erkennbar: katholische Kirche in Hofstetten SO.

Kaum jemand könne begreifen, dass man Feuer legt in einem Gotteshaus. Die Kirche ist weitum beliebt. «Unsere Kirche war im Innern hell, freundlich und verbreitete eine gute Atmosphäre.» Und das soll in absehbarer Zeit wieder so werden, hoffen die Menschen in Hofstetten.

Erst in einem Jahr wieder Gottesdienste

Seit Wochen kursieren Mutmassungen im Dorf, wer den Brand verursacht haben könnte. Astrid Imhasly glaubt: «Es passierte wohl, weil Leute in der Kirche einfach Blödsinn machten.» Es habe bereits früher schon Vorfälle gegeben, wo Leute mit Kerzen in der Kirche «Mist angestellt haben». Auch die zerstörte Krippe und die umgekippten Weihnachtsbäume beschäftigen die Leute.

Gustav Ragettli befasst sich gedanklich nicht mit der Suche nach Tätern. Das überlasse er lieber der Polizei. Zudem hat er derzeit ganz andere Herausforderungen. Er müsse sich mit Beamten, Architekten und Handwerkern treffen und mit der Kirchgemeinde das weitere Vorgehen planen. Vor allem die Finanzierung der neuen Orgel und der vielen Schäden machen ihm Sorgen. Die hochwertige Orgel kostete vor rund 40 Jahren bereits um die 700’000 Franken. Der finanzielle Schaden ist deshalb enorm.

«Wir hoffen trotz allem, dass die Kirche nach den kommenden Monaten wieder in ihrem alten Glanz erstrahlen wird», sagt er. Es werde gewiss noch ein Jahr dauern, bis die Bevölkerung die Kirche wieder für Gottesdienste nutzen kann. «Ich hoffe sehr, dass es im Frühjahr 2023 ein grosses Einweihungsfest geben wird.»

«Wir wollen die Kirche nicht auf Kosten der Gläubigen schliessen.»

Astrid Imhasly, Sakristanin

Die Kirchgemeinde zieht in Erwägung, künftig in der Umgebung der Kirche Überwachungskameras zu installieren. Das fällt Gustav Ragettli und Astrid Imhasly nicht leicht. Doch die Sakristanin betont klar: «Wir wollen die Kirche nicht auf Kosten der Gläubigen schliessen, nur weil ein paar wenige Leute Mist gebaut haben.» Wie wichtig eine offene Kirche ist, das erlebt die Sakristanin täglich bei ihrer Arbeit in der Kirche. «Es ist mir ein grosses Anliegen, dass wir unsere Kirche auch weiterhin offen lassen. Tagsüber, insbesondere in der Adventszeit oder zu Ostern, kommen viele Besucher hierher, etwa Grosseltern mit ihren Enkeln.» Immer wieder kämen auch Leute in die Kirche, denen man in den Gottesdiensten kaum begegne. «Wir können ihnen diesen Raum der Stille, der inneren Sammlung und des Gebetes nicht wegnehmen.»

Astrid Imhasly, Sakristanin, zeigt: Das kirchliche Leben in Hofstetten SO geht weiter.
Astrid Imhasly, Sakristanin, zeigt: Das kirchliche Leben in Hofstetten SO geht weiter.

«Unsere Kirche steht noch immer im Dorf!»

Das Wichtigste für Astrid Imhasly ist jetzt das Wohl der Leute in dieser Pfarrei. Dieses Jahr, zum Ende der Corona-Pandemie, plant sie ein grosses Pfarreifest. Es soll am 10. September stattfinden. Am Abend wird es dann einen Erntedankgottesdienst geben mit anschliessendem Nachtessen im Pfarreizentrum. Dieses Fest, so Astrid Imhasly, soll eine klare Botschaft vermitteln: «Unsere Kirche steht noch immer im Dorf! Gerade nach der lange Corona-Pandemie – und erst recht nach dem Brand in der Kirche.»


Kirchenratspräsident Gustav Ragettli und Sakristanin Astrid Imhasly unterstützten die Feuerwehrleute bei der Brandbekämpfung der Kirche Hofstetten SO. | © Vera Rüttimann
19. Februar 2022 | 18:06
Teilen Sie diesen Artikel!