Ausschnitt aus dem Plakat des Weltgebetstages 2024: Drei palästinensische Frauen unter einem Olivenbaum.
Schweiz

Gesellschaft Schweiz-Israel beobachtet Weltgebetstag und Alliance Sud

Die Gesellschaft Schweiz-Israel sucht Aktivistinnen und Aktivisten, die Institutionen im Zusammenhang mit ihren Äusserungen zum Nahost-Konflikt beobachten. Auf einer Liste der zu beobachtenden Akteure stehen auch der Weltgebetstag und die entwicklungspolitische Organisation Alliance Sud, der auch katholische Hilfswerke angehören.

Barbara Ludwig

Die Gesellschaft Schweiz-Israel (GSI) wurde 1957 gegründet. Sie hat zum Zweck, «die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Israel zu vertiefen, indem sie den Mitgliedern und der weiteren Öffentlichkeit die kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Israel näher bringt». So steht es auf der Webseite der nach eigenen Angaben politisch und religiös unabhängigen Gesellschaft.

Am Dienstag wurde durch einen Artikel im «Tages-Anzeiger» und weiteren Zeitungen bekannt, dass GSI-Zentralsekretär Walter L. Blum Personen sucht, die «gegnerische Akteure» beobachten. Die Zeitung hat die Information aus einer E-Mail von Blum, die dieser am 1. Mai an 2000 Mitglieder und Sympathisanten verschickt hat.

«Solidarität mit antisemitischem Einschlag»

Der GSI-Zentralsekretär beziehe sich in der E-Mail-Nachricht auf den Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023. Blum schreibt demnach: «Es gibt in der Schweiz mehr Institutionen, als uns bisher bekannt waren, die sich mit ‹Palästina› solidarisch erklären, obwohl der Nahostkonflikt vielfach nichts mit ihrem Zweck und ihren Aufgaben zu tun hat.» Oft habe die «sogenannte Solidarität einen antisemitischen Einschlag».

Pro-Palästina-Demonstration in Genf.
Pro-Palästina-Demonstration in Genf.

Dieser «geänderten Ausgangslage» müsse man gerecht werden. Die GSI wolle «das gegnerische Lager systematisch beobachten», wird Blum weiter zitiert. «Für diese wichtige Aufgabe suchen wir Aktivistinnen und Aktivisten, die bereit sind, einen oder mehrere gegnerische Akteure systematisch zu monitoren.» Für diese Tätigkeit wird eine «pauschale, noch zu bestimmende Entschädigung» in Aussicht gestellt.

Weltgebetstag Palästina

Laut «Tages-Anzeiger» wurde der E-Mail auch eine Liste der zu beobachtenden Organisationen angehängt. Dazu zählen unter anderem grosse Schweizer Medienhäuser, Universitäten, Hilfswerke und Menschenrechtsorganisationen, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, die Bundesverwaltung, die UNO, die Gesellschaft Schweiz-Palästina und «die Weltgebetstage der Kirchen».

Walter L. Blum, Zentralsekretär der Gesellschaft Schweiz-Israel.
Walter L. Blum, Zentralsekretär der Gesellschaft Schweiz-Israel.

Blum bestätigt auf Anfrage von kath.ch, dass der Weltgebetstag auf der Liste steht. Beim Weltgebetstag handelt es sich um eine globale christliche Basisbewegung mit langer Tradition. In mehr als 150 Ländern findet an jedem ersten Freitag im März ein ökumenischer Gottesdienst statt. Die Liturgie und das Material werden jedes Jahr von einem anderen regionalen Komitee erarbeitet. Für das Jahr 2024 hatten palästinensische Frauen die Liturgie vorbereitet. Der Weltgebetstag war deswegen unter Beschuss geraten, insbesondere in Deutschland, aber auch in der Schweiz.

Der Entscheid, dass die Liturgie für den Weltgebetstag 2024 aus Palästina kommt, war bereits lange Zeit vor dem 7. Oktober gefällt worden. Dessen sei man sich auch bei der Gesellschaft Schweiz-Israel bewusst, sagt Blum. «Wir haben das nicht kommentiert oder gewertet. Nun ist der Weltgebetstag auf der Liste. Wir schauen, wie sich das weiter entwickelt und ob Palästina weiter ein Thema bleiben wird.»

«Auffällige» Wortmeldungen von Alliance Sud

Auf der Liste findet sich auch Alliance Sud, sagt Blum. Das ist die entwicklungspolitische Lobbyorganisation von sieben Hilfswerken. Dazu zählen nebst den katholischen Hilfswerken Fastenaktion und Caritas Schweiz auch das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (Heks), Swissaid, das Kinderhilfswerk Terre des Hommes, Helvetas und Solidar Suisse.

Bombardierte katholische Schule in Gaza.
Bombardierte katholische Schule in Gaza.

Alliance Sud habe sich in letzter Zeit mehrfach zum Nahostkonflikt geäussert, so Blum. «Für uns war das völlig überraschend und auffällig. So viel ich weiss, hat sie das vorher nie getan. Aus diesem Grund wollen wir nun beobachten, wie sich die Organisation künftig zu dem Thema äussert.» Ein Beispiel ist ein Statement vom 23. April. Darin forderte die Organisation, dass die vorgesehenen finanziellen Beiträge der Schweiz an das umstrittene Palästinenserhilfswerk UNRWA im April «ohne weiteren Verzug» ausbezahlt werden.

Kontaktaufnahme bei «einseitiger» Darstellung von Israel

Wenn man der Meinung sei, Israel werde in der Öffentlichkeit «einseitig» oder «nicht korrekt» dargestellt, nehme man mit den betreffenden Organisationen oder Personen direkten Kontakt auf und suche das Gespräch, erklärt der GSI-Zentralsekretär das Vorgehen. Das seien «gute Gespräche», beim Abschied sage man jeweils: «Wir werden weiterhin schauen, was ihr macht.»

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Blum bedauert gegenüber kath.ch, dass er in dem Mail an die Mitglieder von «gegnerischer Seite» gesprochen habe. «Das würde ich heute so nicht mehr formulieren.» Ausserdem betont der ehemalige Zürcher FDP-Politiker: «Wir überwachen nicht, sondern wir beobachten.»

Sekretariat mit Beobachtung überfordert

Seit dem 7. Oktober habe sich die Zahl der Organisationen und Exponenten, die sich zum Nahostkonflikt äusserten und auf die Seite der Palästinenser stellten, stark zugenommen, so Blum. Aus diesem Grund sei das kleine Sekretariat der GSI beim Monitoring auf die Hilfe der Mitglieder angewiesen. (korr. 15.5.24, bal)


Ausschnitt aus dem Plakat des Weltgebetstages 2024: Drei palästinensische Frauen unter einem Olivenbaum. | © zVg
14. Mai 2024 | 17:00
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