Die Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg
Schweiz

Freiburger Domherr des Missbrauchs bezichtigt

Gegen den Freiburger Domherr P. F. läuft bereits eine kirchliche Untersuchung wegen mutmasslicher sexueller Belästigung. Nun hat sich ein weiteres mutmassliches Opfer mit schweren Vorwürfen in der Presse geoutet. Der Priester ist inzwischen von seinem Amt suspendiert.

Der Westschweizer Universitätsdozent Pierre E. wirft Domherr P. F. vor, ihn 1998 in einem Chalet im Wallis sexuell missbraucht zu haben. Dies berichten der Zürcher «Tages-Anzeiger» (online, 4. Februar) und die «Rundschau» von Schweizer Radio und Fernsehen SRF (5. Februar). Zum Zeitpunkt des Vorfalls sei er 17 Jahre alt gewesen, sagt der heute 39-Jährige.

Den Berichten zufolge hatte der Jugendliche eine enge Beziehung zu dem damaligen Pfarrer von Morges im Kanton Waadt. Dieser sei für ihn eine «Autoritäts- und Vaterfigur» gewesen, wird Pierre E. zitiert. Das mutmassliche Opfer besuchte regelmässig die Messe, wurde Ministrant und Teilzeit-Organist.

Domherr bestritt Ende 2019 Übergriff im Chalet

Die Mutter des jungen Mannes soll zwei Jahre später, im Jahr 2000, von dem Übergriff erfahren und dem Geistlichen umgehend einen Brief geschrieben haben. Den Berichten zufolge reagierte P. F. seinerseits mit einem Brief an den jungen Mann, in dem er diesen um Vergebung bat. Darin soll der Priester den Vorfall als «einmaliges Fehlverhalten» bezeichnet haben.

Der mutmassliche Übergriff durch P.F. auf einen 17-Jährigen in einem Chalet war bereits Thema in einem Bericht des Zürcher «Tages-Anzeigers» vom 28. Dezember 2019. Der Domherr bestätigte damals gegenüber kath.ch, ein Wochenende mit dem Jungen in einem Chalet verbracht zu haben. Er bestritt aber, dass es dort zu sexuellen Handlungen gekommen sei. Eine erneute Anfrage von kath.ch blieb am Mittwoch unbeantwortet.

Domherr vom Amt suspendiert

Der Westschweizer Bischof Charles Morerod hat den Domherrn, gegen den er wegen mutmasslicher sexueller Belästigung bereits Ende 2019 eine kirchliche Untersuchung einleitete, am Dienstag bis auf Weiteres suspendiert. Das Bistum Lausanne, Genf und Freiburg teilte mit, man habe von einem weiteren Vorwurf erfahren, der fast zwanzig Jahre zurückliege und der der Klärung bedürfe. Dabei dürfte es sich um die Aussagen des Universitätsdozenten Pierre. E. handeln.  

Hat Bischof bei Aufklärung versagt?

Der Zürcher «Tages-Anzeiger» beschränkt sich nicht auf die Darstellung der Vorwürfe von Pierre E. Die Zeitung wirft Morerod zudem vor, den mutmasslichen Übergriff im Chalet nicht aufgeklärt zu haben, obschon ihm «gemäss sicherer Quelle» seit seiner Ernennung zum Bischof 2011 ein entsprechendes Dossier vorliege.

2001 hat es gemäss «Tages-Anzeiger» im Bischofshaus in Freiburg eine Aussprache zwischen den Beteiligten und dem damaligen Generalvikar Rémy Berchier gegeben, in der der Beschuldigte die Fakten anerkannt habe. 2012 wurde P. F. zum Pfarrer der Freiburger Kathedrale St. Nikolaus ernannt.

Morerod selber hatte am 28. Dezember 2019 im Interview mit kath.ch gesagt: «Es gibt ein einziges Blatt, nicht ein ganzes Dossier.» Dieses habe er der Polizei zur Untersuchung übergeben. Auch P. F. sprach damals gegenüber kath.ch von einer blossen Aktennotiz. Morerod weilt derzeit in den Ferien, wie seine Sprecherin auf Anfrage von kath.ch sagte. Seine Stellungnahme steht noch aus. (bal)


Die Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg | © Maurice Page
5. Februar 2020 | 16:17
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