Simone Curau-Aepli, Präsidentin Schweizerischer Katholischer Frauenbund SKF
Schweiz

Frauenbund kritisiert Maria 1.0 und Sexismus-Zitat

Der Schweizerische Katholische Frauenbund SKF fühlt sich nicht zugehörig zum Weltjugendtag. Präsidentin Simone Curau-Aepli (60) kämpft gegen das Rollenbild von Maria 1.0.

Eva Meienberg

Warum waren Sie nicht am Weltjugendtag in St. Gallen anwesend?

Simone Curau-Aepli*: Unsere Mitglieder sind 30 plus. Der Weltjugendtag ist 30 minus. Wir haben für diese Zielgruppe kein Angebot. Für uns war es bisher kein Thema, am Weltjugendtag mitzumachen. Wir wurden auch nie für eine Mitwirkung angefragt.

Jugendliche moderieren den Weltjugendtag in St. Gallen
Jugendliche moderieren den Weltjugendtag in St. Gallen

Der Weltjugendtag will Menschen bis 35 ansprechen. In Ihrer Geschäftsstelle arbeiten auch Frauen unter 35. Machen Sie es sich nicht ein bisschen einfach?

Curau-Aepli: Nein, auf unserer Geschäftsstelle arbeiten keine Frauen unter 35 Jahre. Wenn eine konkrete Anfrage kommt, werden wir diese aber selbstverständlich prüfen.

«Es wundert mich nicht, dass Maria 1.0 den Weltjugendtag ausgesucht hat, um dort Präsenz zu markieren.»

Wie nehmen Sie den Weltjugendtag wahr?

Curau-Aepli: Die Bewegung habe ich immer als sehr charismatisch wahrgenommen. Die Bewegung ist geprägt von Papst Johannes Paul II. Es wundert mich nicht, dass Maria 1.0 den Anlass ausgesucht hat, um dort Präsenz zu markieren, weil es dort mit Sicherheit Menschen gibt, die auf ihr Angebot ansprechen.

Ist es gut, Maria 1.0 das Feld am Weltjugendtag zu überlassen?

Curau-Aepli: Ich bin jemand, der sich gerne reinkniet und verändert. Darum bin ich noch in der Kirche. Als 60-jährige Frau gehe ich aber nicht an den Weltjugendtag. Wir müssten Frauen haben, die zwischen 15 und 30 Jahre alt sind, die uns dort vertreten. Das können wir schlicht nicht bieten.

Simone Curau-Aepli vom Frauenbund setzt auf die Vernetzung der Frauen.
Simone Curau-Aepli vom Frauenbund setzt auf die Vernetzung der Frauen.

Was denken Sie über Maria 1.0?

Curau-Aepli: Ich beobachte die Gruppe seit zwei Jahren. Es sind streng katholische Frauen jeglichen Alters dabei, die sich gegen jegliche Veränderung stellen. Diese finden sich auch über Landesgrenzen hinweg. Aber die Gruppe ist sehr klein und wird marginal bleiben. Und dennoch hat sie ihren Platz in der katholischen Kirche.

«Die Äusserung ist aus meiner Sicht absolut sexistisch.»

Eine der Organisatorinnen des Workshops sagte, jede Frau solle selbst entscheiden, was sie anziehe. Sie solle aber darauf achten, sich nicht unter Wert zu verkaufen: «Es ist wie bei einem Bonbon. Wenn es schön verpackt ist, möchte ich es lieber essen.» Wie wirkt so eine Äusserung auf Sie?

Curau-Aepli: Das aus meiner Sicht absolut sexistisch. Von einem Mann würde niemand erwarten, sich wie ein Bonbon zu verpacken und zum Vernaschen sind heutige Frauen hoffentlich nicht mehr zu haben. Dass eine solche Äusserung von einer jungen Frau gemacht wird, macht mich fassungslos, gerade auch angesichts der Opfer von Machtmissbrauch und sexuellem Missbrauch in der Kirche.

Maria verstaut auf dem Estrich unter einer Plane
Maria verstaut auf dem Estrich unter einer Plane

Eine Teilnehmerin des Workshops von Maria 1.0 sagte, sie wolle keine frustrierte Frau werden. In der katholischen Kirche begegne sie vielen progressiven Frauen, die sich an nicht unerreichbaren Zielen aufreiben.

Curau-Aepli: Ja, kämpfen für Gerechtigkeit ist anstrengend! Ich kenne Frauen, die in die reformierte Kirche übergetreten sind, um Pfarrerinnen zu werden, um diesem Frust zu entkommen. Tatsächlich gibt es in der katholischen Kirche viele Frauen, die frustriert sind, weil sie seit 40 Jahren kämpfen und nur wenig erreicht haben. Diese Frauen gibt es weltweit. Aber es gibt auch schöne Geschichten von Frauen, die ihre Berufung leben können und von ihrem Umfeld getragen werden.

Die Junia-Initiative kämpft für Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche.
Die Junia-Initiative kämpft für Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche.

Die Teilnehmerin sagte auch, dass sie sich vom Frauenbild der Mehrheitsgesellschaft unter Druck gesetzt fühlt. Sie wolle nach der Geburt des Kindes zu Hause bleiben können.

Curau-Aepli: Dieses Argument hingegen verstehe ich nicht. Als Feministinnen haben wir dafür gekämpft, dass Frauen die Wahl haben, ihr Lebensmodell zu leben und das ist in unserer Gesellschaft möglich. Nicht alle Frauen müssen es gleich machen. In der Kirche kämpfen wir aber dafür, dass Frauen dieselben Rechte erhalten und auf allen Ebenen mitdiskutieren und mitentscheiden dürfen. Und weil die Entscheidungskompetenz an die Weihe gebunden ist, kämpfen wir für die Weihe der Frau. Gleiche Würde Gleiche Rechte für alle.

Simone Curau-Aepli
Simone Curau-Aepli

Wie gehen Sie innerhalb des SKF mit verschiedenen Weltanschauungen um?

Curau-Aepli: Es besteht eine grosse Vielfalt. Diese zeigt sich bei uns vor allem bei den Ortsvereinen bzw. Frauengemeinschaften, die sehr divers aufgestellt sind und für alle Frauen offen sind. Es ist uns ein grosses Anliegen, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse gelebt werden können. Da besteht die Rosenkranzgruppe neben dem Yogaunterricht und die Wallfahrt neben der politischen Veranstaltung. Die Frauen an Ort gestalten ihr Vereinsleben autonom. Dachverband und Kantonalverbände unterstützen sie mit Bildung und Vernetzung.

«Der Frauenbund ist in der Tradition eine feministische Stimme.»

Gibt es denn nicht die Kämpfe konservativ gegen liberal?

Curau-Aepli: Viele Aktivitäten der Ortsvereine sind nicht explizit religiös, sondern gesellschaftlich und sozial. Insofern gibt es diesbezüglich kein konservativ gegen liberal. Das wird eher zum Thema, wenn wir uns als Verbandsvorstand des SKF äussern. Wir sind in der Tradition eine feministische Stimme. Nicht immer sind alle mit unseren Haltungen einverstanden. Damit können wir leben.

Gegenwart und Vergangenheit der Schweizer Frauenbewegung: Simone Curau-Aepli vom Frauenbund.
Gegenwart und Vergangenheit der Schweizer Frauenbewegung: Simone Curau-Aepli vom Frauenbund.

Haben Sie ein Beispiel?

Curau-Aepli: Als ich mich letztes Jahr für die «Ehe für alle» engagiert habe, habe ich viele positive und einige entsetzte Reaktionen erhalten. Ich habe diesen Frauen immer angeboten, dass ich bei ihnen vorbeikomme, um mit ihnen zu sprechen. Das wurde aber kaum genutzt. Ich sehe darum keine Gräben. Natürlich gibt es auch wenige Austritte, aber genauso gibt es Frauen, die sich zum SKF zugehörig fühlen, weil wir uns als katholische Frauen schon seit 20 Jahren explizit für die Ehe für alle aussprechen.

*Simone Curau-Aepli ist Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes SKF seit 2016.


Simone Curau-Aepli, Präsidentin Schweizerischer Katholischer Frauenbund SKF | © zVg
29. April 2022 | 12:00
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