Franz Kreissl, Pastoralamtsleiter Bistum St. Gallen
Schweiz

Franz Kreissl: «Menschen mit Migrationshintergrund fühlen sich oft nicht zugehörig»

Heute startet die dreitägige Konferenz der deutschsprachigen Seelsorgeamtsleiterinnen und -leiter in St. Gallen. Dabei steht die interkulturelle Pastoral im Fokus. Dabei geht es auch darum, wie Kirche lernen kann, inklusiv zu denken und zu handeln, sagt Franz Kreissl, Pastoralamtsleiter des Bistums St. Gallen.

Was ist ein Seelsorgeamtsleiter oder eine Seelsorgeamtsleiterin?

Franz Kreissl*: Das sind in den Bistümern die Personen, die inhaltliche Themen bearbeiten und die Pastoralplanung verantworten. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist das vom Inhalt her mehr oder weniger gleich, manchmal gibt es Unterschiede bezüglich der Organisationsstruktur.

«Die Teilnehmenden nutzen die Zeit für den Austausch»

Welches sind die Themen an der diesjährigen Konferenz? Auf welcher Basis werden die Inhalte definiert?

Kreissl: Die Konferenz dauert immer von Dienstagmittag bis zum Donnerstagmittag. Am Dienstag und Donnerstag nutzen die Teilnehmenden die Zeit für Austausch und die Besprechung von anstehenden Themen und Papieren. Der Mittwoch ist der «Studientag» und immer einem speziellen Thema gewidmet – dieses Jahr der interkulturellen Pastoral. Das Schwerpunktthema wird bereits im Vorjahr festgelegt und entsteht immer aus der Diskussion heraus.

Wie sieht denn die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg aus? 

Kreissl: Der deutsche Sprachraum ist weitläufig. Nebst dieser Konferenz organisieren wir einmal im Jahr ein Treffen mit den sieben Diözesen rund um den Bodensee – dort sprechen wir über die Weiterentwicklung der Kirche. Diverse Regionen in Deutschland arbeiten eng zusammen und treffen sich öfter. Die Schweizer Pastoralamtsleiterkonferenz trifft sich viermal im Jahr.

Bischof Markus Büchel auf Pastoralbesuch.
Bischof Markus Büchel auf Pastoralbesuch.

Die Themen, die uns alle beschäftigen, kommen an den verschiedenen Treffen immer wieder auf den Tisch. Deren Gewichtung kann jedoch unterschiedlich sein, da die Bistumsleitungen unabhängig agieren und die Bischöfe individuell entscheiden. 

Hilft Ihnen dabei der Blick über die Landesgrenze?

Kreissl: Ja, er hilft mir, die grossen gemeinsamen Entwicklungen zu erkennen aber auch meine «Wirklichkeit» in einem anderen Licht zu betrachten. Die Kontakte, die ich an solchen Konferenzen knüpfe, pflege ich auch unter dem Jahr und bespreche gerne einmal bilateral mit einer Kollegin oder einem Kollegen ein Anliegen.

«Wie können wir über die verschiedenen Kulturen hinweg zusammenleben?»

Migration, Integration und Interkulturalität sind aktuelle Themen in Gesellschaft und Politik und geben Anlass zu kontroversen Diskussionen. Auch Sie haben diese Themen als Schwerpunkt auf der Agenda an der Konferenz.

Kreissl: Tatsache ist, dass in der katholischen Kirche in der Schweiz inzwischen fast 40 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund angekommen sind. Das sind alles Kirchbürgerinnen und -bürger, diese fühlen sich aber oft nicht zugehörig. Die Frage ist: Wie können wir lernen inklusiv zu denken und zu handeln?

Und wie sieht das konkret aus?

Kreissl: Es geht darum, wie wir zusammenleben über die verschiedenen Kulturen hinweg. Die Kirche leistet hier einen wichtigen Beitrag, indem sie anderssprachige Gemeinden und Seelsorgende unterstützt und alle Nationen inklusiv denkt.

Gottesdienste und Feste in der eigenen Sprache sind beispielsweise sehr wertvoll. Unseren Gottesdienst zum Bistumsjubiläum gestalteten wir interkulturell und er ist sehr gelobt worden. Christiane Schubert ist im Ordinariat unsere Fachfrau für diese Themen; sie setzt sich intensiv damit auseinander.

Kurz: Wir sind auf dem Weg. Als Basis dient das Gesamtkonzept der Migrationspastoral in der Schweiz. Die Botschaft ist: Die Türen sind offen, alle sind willkommen, wir gehören zusammen.

«Ich freue mich auf viele neue Gesichter»

Die Schweiz ist überschaubar – wie sieht es in Deutschland aus?

Kreissl: In Deutschland – vor allem in den grossen Städten – führen die Sprachgemeinschaften oft ein Eigenleben. Das macht es schwierig, mit ihnen in Kontakt zu kommen oder gar sie zu integrieren.

Auf was freuen Sie sich persönlich besonders an diesen drei Tagen?

Kreissl: Dieses Jahr bin ich Gastgeber und ich freue mich, wenn alles gut läuft. Für mich sind diese Konferenzen interessant, weil ich Menschen begegne, die sich mit ähnlichen Aufgaben beschäftigen und sich ähnlichen Fragen und Themen stellen müssen.

Türme der Kathedrale St. Gallen
Türme der Kathedrale St. Gallen

Ich freue mich auch auf viele neue Gesichter. Diese Tage werden im Zeichen von Begegnung, Inspiration und gegenseitiger Stärkung sein. Ich habe in den Vorjahren aus den Gesprächen immer ganz viel mitgenommen. Sie geben mir das Gefühl, dass wir alle zusammen unterwegs sind.

*Franz Kreissl ist Pastoralamtsleiter des Bistums St. Gallen. Das Pastoralamt erarbeitet Impulse für die Seelsorge im Bistum und ist dafür auch für die diözesanen Fachstellen verantwortlich. Die diesjährige Konferenz der deutschsprachigen Seelsorgeamtsleiterinnen und -leiter findet im Bistum St. Gallen statt – das Bistum ist Gastgeber. Dieses Interview erschien zuerst auf der Seite des Bistums St. Gallen. (sas)


Franz Kreissl, Pastoralamtsleiter Bistum St. Gallen | © Regina Kühne
20. Juni 2023 | 12:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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