Die Fastenleiterinnen von «Fasten Retreat»: Nadja Niggl (links) und Sabine Wiemann.
Schweiz

Fasten in Wislikofen – Kloster als Kraftort für Körper und Geist

In der Propstei Wislikofen AG gibt es seit letztem Jahr Fastenwochen. Diese werden vom Angebot «Fasten Retreat» in der klösterlichen Umgebung durchgeführt. Im Februar war dort eine reine Frauengruppe. «Aus religiösen Gründen fasten diese aber nicht. Das kam aber schon vor», sagt Fastenleiterin Sabine Wiemann.

Sarah Stutte

Eine grosse Auswahl an Teesorten steht auf einem Tisch bereit. Basische Vliesmasken, Heilerde oder Körperbürsten finden sich auf einem anderen. Nadja Niggl und Sabine Wiemann von «Fasten Retreat» packen derweil gerade Spülungen für den Darm aus, um die begleitende Produktpalette zu erweitern. Den Teilnehmerinnen der von den beiden Frauen organisierten Fastenwoche in der Propstei Wislikofen soll es schliesslich an nichts mangeln, solange sie hier sind. Wenn sie schon freiwillig auf feste Nahrung verzichten.

Eine vielfältige Teeauswahl
Eine vielfältige Teeauswahl

In der Woche vor ihrer Ankunft haben sie bereits ihren Kaffeekonsum reduziert, auf Zucker sowie Alkohol verzichtet und sich mehr Ruhe gegönnt, um sich mental auf das anschliessende Fasten einzustellen. Nun haben sie bereits die halbe Strecke geschafft. Heute ist Dienstag, seit Sonntag sind sie hier. Drei Tage müssen sie noch durchhalten.

In die Tiefe kommen

Das fällt einigen leichter als anderen. «Mir geht es heute besser als in den Tagen zuvor. Noch spüre ich aber kein Hochgefühl. Vielleicht kommt das noch», sagt Claudia Schönenberger. Die 50-Jährige fastet zum dritten Mal, jedoch nach einer Pause von 25 Jahren. Schön finde sie, dass sie mit ihren Empfindungen in der Frauengruppe gut aufgehoben sei. Auf die Propstei Wislikofen als Fastenort kam sie, weil ihre Mutter zuvor diese Woche hier gemeistert hatte und davon ganz begeistert war.

Das Programm der Fastenwoche am dritten Tag.
Das Programm der Fastenwoche am dritten Tag.

Ungewöhnlich sei es, dass diesmal nur Frauen dabei sind, sagt Fastenleiterin Sabine Wiemann. «Wir haben sonst immer auch Männer in den Gruppen gehabt», erklärt sie. Unter den 14 Teilnehmerinnen sind solche, die seit zwanzig Jahren mindestens einmal jährlich fasten. So wie Babette Götz. Bisher machte sie das immer zu Hause im Alltag. «Der Unterschied hier ist, dass wir viel mehr in die Tiefe kommen. Wir finden die Ruhe, gewisse Themen durchzudenken und uns mit uns selbst auseinanderzusetzen», erzählt die 56-Jährige.

Achtsamkeit im «Raum der Stille»

Es gibt aber auch Teilnehmerinnen wie die 58-jährige Ursula Kislig, für die das Fasten eine völlig neue Erfahrung ist. «Ich wollte etwas ausprobieren, was ich noch nie gemacht habe. Das war eine spontane Entscheidung. Doch ich bereue sie nicht. Ich dachte, wir bekommen vermutlich die ganze Woche lang eine fade, wässrige Suppe. Doch das Angebot ist sehr reichhaltig», verrät sie.

Verschiedene Produkte dienen der Unterstützung zum Fasten.
Verschiedene Produkte dienen der Unterstützung zum Fasten.

Tatsächlich gibt es an diesem Mittag eine schmackhafte Gemüsesuppe, die sogar eine gewisse Schärfe aufweist. Einige der Frauen trinken lieber einen frisch gepressten Bio-Saft. Am Abend gibt es nochmals eine andere Suppe. Dazwischen halten sich die Frauen mit Yoga und geführten kleineren Wanderungen fit. Im «Raum der Stille» in der Propstei finden Impulse zur Entspannung und Achtsamkeit statt. Und zu genügend Schlaf in den ehemaligen Klosterzellen würden sie alle auch kommen, meint eine der Teilnehmerinnen.

Bewusste Entscheidung

Die Propstei sei genauso wie ein Kloster ein Kraftort, sagen die Frauen. Aus religiösen Gründen faste aber niemand von ihnen während dieser Februarwoche, die in die katholische Fastenzeit fällt. Das hätte es aber bei früheren Fastenwochen schon gegeben, erzählt Sabine Wiemann.

Der «Raum der Stille» in der Propstei.
Der «Raum der Stille» in der Propstei.

Auch Katechetinnen und Katecheten würden immer mal wieder bei ihnen teilnehmen. Diese entscheiden sich bewusst für die klösterliche Umgebung. «Es ist vielfach ein Wunsch, sich einmal in ein Kloster zurückzuziehen und dabei auch zu fasten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer suchen die Stille und Zeit für sich», meint Nadja Niggl.

Idee dank persönlicher Fastenwoche

Die Zürcherin hat die Firma «Fasten Retreat» vor gut vier Jahren gegründet, weil sie fand, dass es damals zu wenig solcher Angebote in der Schweiz gab. «Ich faste seit mehr als 25 Jahren. Während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 nahm ich an einer geführten Fastenwoche im Wallis teil. Am dritten Fastentag spüre ich oft eine erhöhte Energie und erhalte neue Ideen, was ich verändern und umsetzen möchte. Dabei entstand der Gedanke, auch selbst Fastenwochen vor Ort zu organisieren», erzählt sie.

Anleitungen bei Problemen während des Fastens.
Anleitungen bei Problemen während des Fastens.

Deshalb habe sie sich dafür entschieden, eine Ausbildung zur ärztlich geprüften Fastenleiterin (DFA) zu absolvieren. Dadurch wollte sie ihre persönlichen Erfahrungen vertiefen und ein besseres Verständnis dafür erlangen, was während des Fastens im Körper geschieht. Sabine Wiemann lernte sie an einer Fortbildung kennen. Das Team ergänzt zudem noch die Psychotherapeutin Bea Schmassmann.

Propstei ist besonderer Ort

Die Fastenwochen werden vor Ort im Toggenburg und im Wallis angeboten, aber auch Online. Seit letztem Jahr nun zudem in Wislikofen. Auf den Ort kam Nadja Niggl, die Teilzeit bei der Behindertenseelsorge der katholischen Kirche Zürich arbeitet, durch einen Teamanlass. «Ich spürte schnell, dass die Propstei ein toller Ort für eine Fastenwoche ist», sagt sie.

In der Kapelle der Propstei zur Ruhe kommen, so wie die Benediktiner.
In der Kapelle der Propstei zur Ruhe kommen, so wie die Benediktiner.

Ob man hier anders faste als im Wallis oder im Toggenburg? «Wir fasten an allen Orten nach der Methode von Otto Buchinger mit frischen Säften und Suppen, die Tagesstruktur ist überall gleich. Das Spezielle ist sicherlich die Propstei selber, die Geschichte und die Stille», erklärt Nadja Niggl.

Steine erzählen Geschichte

Das sieht auch Claudia Mennen so, Theologin und Leiterin der Propstei. Sie führt die Fastengruppe an diesem Nachmittag auf eine Tour durch das historischen Gebäude. Ursprünglich als Zelle des deutschen Benediktinerklosters St. Blasien im 12. Jahrhundert gegründet, «würden die Steine uns eine Geschichte erzählen», erklärt Mennen. «In der Stille der Räume fühlen wir uns deshalb geborgen. Sie führen uns zu uns selbst und in unsere Mitte», sagt die Theologin auf dem Weg zur Kapelle.

Theologin Claudia Mennen (ganz rechts) führt die Fastenteilnehmerinnen durch die Propstei Wislikofen.
Theologin Claudia Mennen (ganz rechts) führt die Fastenteilnehmerinnen durch die Propstei Wislikofen.

Schon die Benediktiner lebten in dieser Stille und beteten hier fünfmal am Tag. Damit spannt Claudia Mennen am Schluss einen Bogen zum Fasten. «Gott ist die Qualität von dem, was zwischen uns ist. Diese Qualität finden wir in einem Gespräch oder einem Spaziergang. Darin liegt die Ruhe für Körper und Geist».

Anzeige ↓ Anzeige ↑

Die Fastenleiterinnen von «Fasten Retreat»: Nadja Niggl (links) und Sabine Wiemann. | © Sarah Stutte
5. März 2024 | 13:00
Lesezeit: ca. 4 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!