Karneval im belgischen Aalst
International

Empörung über Antisemitismus bei Aalster Karnevalsumzug

Religiöse Organisationen und Politiker haben den Aalster Karnevalsumzug als antisemitisch kritisiert. Der Karneval sei «auf das Schärfste zu verurteilen», erklärte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Nicola Beer (FDP), am Montag in Brüssel.

Franziska Broich

«Der Karneval in Aalst hat mit diesem närrischen Geist nicht das Geringste zu tun und ist auf das Schärfste zu verurteilen», sagte Nicola Beer (FDP) am Montag in Brüssel. Beer ist auch Vorsitzende der Arbeitsgruppe gegen Antisemitismus im Eu-Parlament. Antisemitismus dürfe auch nicht unter dem «Deckmäntelchen» des Karnevals geduldet werden, befand Nicola Beer.

Unesco strafte Karneval ab

Beim Aalster Umzug hatte eine Karnevalsgruppe Juden als Insekten dargestellt. Auch trugen Zugteilnehmer Verkleidungen mit Hakennasen, Schläfenlocken und Goldbarren sowie stilisierte Nazi-Uniformen. Im Dezember hatte die Unesco den Strassenkarneval in Aalst von der Liste des Immateriellen Kulturerbes gestrichen, weil die Stadt selbst darum gebeten hatte. Zur Begründung hiess es: «In den vergangenen Jahren nahmen wiederholt Festwagen mit rassistischen und antisemitischen Darstellungen am Strassenkarneval teil.»

Der Bürgermeister von Aalst, Christoph D’Haese (NVA), verteidigte seine Stadt. Die Karnevalszeit sei eine «besondere». Es gebe weder Rassismus noch Antisemitismus in Aalst. Die belgische Regierungschefin Sophie Wilmes (MR), die selbst jüdischer Abstammung ist, rief zu Dialog und Einfühlungsvermögen auf. «Stereotypen, die Gemeinschaften und Bevölkerungsgruppen aufgrund ihrer Herkunft stigmatisieren, führen zu Spaltung und bringen das Zusammenleben in Gefahr», so Wilmes.

Die Konferenz der Europäischen Rabbiner kritisierte den Karnevalsumzug als judenfeindlich und beleidigend. Er missbrauche «die Macht der Redefreiheit, die ein so wesentlicher Bestandteil jeder liberalen Demokratie ist», sagte Präsident Pinchas Goldschmidt (Sonntagabend). Diese Art von Antisemitismus erinnere an «dunkle Momente der europäischen Vergangenheit». So habe man etwa seit den 30er Jahren keine Juden mehr gesehen, die mit einem gelben Davidstern gekennzeichnet waren.

«Wir können nicht so tun, als ob diese Bilder eine Art Witz wären.»

«Wir können nicht so tun, als ob diese Bilder eine Art Witz wären oder keine Angst auslösen würden», so Goldschmidt. Es sei nicht hinnehmbar, dass führende Politiker wie Belgiens König zuletzt beim Holcoaust-Gedenken eine Woche lang «Nie wieder» erklärten und dann «untätig zusehen, wenn antisemitische Symbole nur Wochen später auf ihren Strassen auftauchen».

Bereits vor Beginn des Karnevalsumzugs in Aalst am Sonntag hatte es internationale Proteste gegen die Verkleidungen einiger Teilnehmer gegeben. Israels Aussenminister Israel Katz hatte Belgiens Ministerpräsidentin aufgefordert, den «abscheulichen Umzug» zu verbieten.

Israels Botschafter sieht Grenze überschritten

Israels Botschafter in Belgien Emmanuel Nahshon betonte, es gehe nicht um ein Verbot des Karnevals als solchem, sondern um ein Verbot antisemitischer Karikaturen. Für ihn hier sei eine Grenze überschritten. Auch die Arbeitsgruppe gegen Antisemitismus des EU-Parlaments hatte die Aalster Behörden im Vorfeld aufgerufen, jede Form von Antisemitismus, Rassismus und Hass beim diesjährigen Zug zu unterbinden. (kna)

Karneval im belgischen Aalst | © Pixabay/AlexSky, Pixabay Licence
24. Februar 2020 | 17:22
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