Philipp Steiner, Wallfahrtspater im Kloster Einsiedeln.
Schweiz

Einsiedler Wallfahrtspater: «Dass wir gleich zwei Votiv-Tafeln erhalten, ist aussergewöhnlich»

Zahlreiche Votiv-Tafeln befinden sich bei der Einsiedler Gnadenkapelle, aufgehängt vor Jahrzehnten. Lange schien die Zeit hier still zu stehen. Doch nun hat das Kloster zwei neue Tafeln erhalten: Zwei Menschen bedanken sich bei der Schwarzen Madonna dafür, dass ihr Gebet zu Gott auf ihre Fürbitte hin erhört worden ist. Wallfahrtspater Philipp Steiner: «Das ist aussergewöhnlich, weil diese Tradition bei uns fast abgebrochen ist.»

Barbara Ludwig

Die beiden neuen Votiv-Tafeln sind in dunkles Holz gerahmt. Sie zeigen die Schwarze Madonna in einem goldenen Kleid gekleidet, umgeben von einer goldenen Wolke. «Maria hat geholfen» steht bei der einen darunter, bei der anderen das schlichte Wort «Danke». Daneben die Initialen der Menschen, die sich bei der Muttergottes bedanken, und die Jahreszahl 2020 beziehungsweise 2022. Auf die eine Tafel ist zudem ein Kind in einer Wiege gemalt worden, auf die andere ein Herz.

Neue Votiv-Tafel (MItte) in Einsiedeln mit dem schlichten Wort "Danke".
Neue Votiv-Tafel (MItte) in Einsiedeln mit dem schlichten Wort "Danke".

Stifter wollen «nicht sich selbst in den Mittelpunkt stellen»

Laut Philipp Steiner, Wallfahrtspater des Klosters Einsiedeln, greifen die neuen Tafeln mit dieser Gestaltung auf traditionelle Vorlagen zurück. Wer die Menschen sind, die ihrer Dankbarkeit auf diese Weise Ausdruck geben wollten, weiss der Benediktiner nicht. «Die Stifter der Tafeln möchten anonym bleiben», teilt er auf Anfrage von kath.ch mit. Auch auf vielen historischen Votiv-Tafeln seien nur die Initialen vermerkt. «Damit will sich die erhörte Person nicht selbst in den Mittelpunkt stellen, sondern das Lob Gottes anstimmen, der durch die Fürbitte Mariens ein Gebetsanliegen erhört hat.»

"Maria hat geholfen". Neue Votiv-Tafel in Einsiedeln.
"Maria hat geholfen". Neue Votiv-Tafel in Einsiedeln.

Wurde eine Frau nach langem Warten endlich schwanger? Oder wurde ihr krankes Kind geheilt? Hat ein Mann einen Herzinfarkt überlebt? Wofür MLS und SPV danken möchten, erfährt der Betrachter nicht. Die aufgemalten Sujets lassen aus Sicht von Philipp Steiner «die Deutung offen, worin die Gebetserhörung genau bestanden hat». Auch die Frau, die die Tafeln gemalt und nach Einsiedeln gebracht habe, wollte keine genaueren Auskünfte geben. «Das gilt es zu respektieren», so der Pater.

Tradition in Einsiedeln abgebrochen

An der Westwand der Einsiedler Klosterkirche hängen rund 80 Votiv-Tafeln. Die jüngsten davon stammten – bis zur Ankunft der zwei neusten – aus den 1960er Jahren. Später wurden dem Kloster noch einzelne Tafeln oder Fotos geschenkt, die man jedoch nicht aufhängte, weil sie künstlerisch oder inhaltlich nicht in die Klosterkirche passten, so der Pater.

Frater Benno Maria beim Aufhängen der neuen Votiv-Tafel.
Frater Benno Maria beim Aufhängen der neuen Votiv-Tafel.

Philipp Steiner bestätigt indes, es sei «tatsächlich etwas Besonderes», dass das Kloster Einsiedeln zwei neue Votiv-Tafeln erhalten hat, «weil diese Tradition bei uns fast abgebrochen ist». Man erhalte immer wieder Zeichen der Dankbarkeit und der Freude über Gebetserhörungen. So werden etwa Blumen, Kerzen oder auch Geld gespendet. «Aber dass wir gleich zwei Votiv-Tafeln erhalten, ist wirklich aussergewöhnlich.»

«Das Aufhängen einer Votiv-Tafel ist ein öffentliches Glaubenszeugnis.»

Philipp Steiner, Wallfahrtspater

Warum aber ist die Tradition der Votiv-Tafeln eingeschlafen? «In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Glaube zunehmend zur Privatsache. Das Aufhängen einer Votiv-Tafel hingegen ist ein öffentliches Glaubenszeugnis», erklärt Philipp Steiner.

Ältere Votiv-Tafeln in Einsiedeln.
Ältere Votiv-Tafeln in Einsiedeln.

Für ihn persönlich bedeutet der «Mangel» an neuen Votiv-Tafeln aber nicht, dass seit den 1960er Jahren keine Wunder mehr geschehen würden. «Immer wieder erfahren wir Mönche vom wunderbaren Eingreifen Gottes im Leben von Menschen, die auf ihn ihr Vertrauen setzen.» Zudem sei an anderen Wallfahrtsorten wie Mariastein im Kanton Solothurn oder Maria Rickenbach im Kanton Nidwalden die Tradition der Votiv-Tafeln auch in den vergangenen 60 Jahren lebendig geblieben.

Dank an Maria in verschiedenen Sprachen: Votiv-Tafeln im Kloster Mariastein im Kanton Solothurn.
Dank an Maria in verschiedenen Sprachen: Votiv-Tafeln im Kloster Mariastein im Kanton Solothurn.

Kloster lanciert Aufruf an Gläubige

In Einsiedeln hofft man nach dem Erhalt der zwei neuen Tafeln, dass auch hier die Tradition wieder zu neuem Leben erwacht. Letzte Woche hat das Kloster einen Aufruf lanciert. «Haben auch Sie eine Gebetserhörung erfahren? Dann lassen Sie uns dies wissen», hiess es in einer Mitteilung. Wer selbst eine Votiv-Tafel gestalten wolle oder das Malen einer solchen in Auftrag geben wolle, könne sich an den verantwortlichen Mönch wenden. Wallfahrtspater Philipp Steiner: «Es wäre schön, wenn noch weitere, modern gestaltete Votiv-Tafeln folgen würden.»


Philipp Steiner, Wallfahrtspater im Kloster Einsiedeln. | © zVg
26. Juli 2023 | 17:30
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