Urs von Arx (rechts) und Agnell Rickenbach bei einem Referat, 2018
Schweiz

Ein Christkatholik im Dienst der Ökumene

Der emeritierte Professor der Christkatholischen Fakultät Bern Urs von Arx ist 80 geworden. Der Theologe habe sich uneigennützig in den Dienst seiner Kirche und des interkonfessionellen Dialogs gestellt, schreibt Stephan Leimgruber* in einer Würdigung.

Am Dienstag, den 7. Februar 2023 darf der emeritierte Theologie-Professor Urs von Arx seinen 80. Geburtstag feiern. Herzliche Gratulation! Geboren und aufgewachsen in Solothurn, studierte er Rechtswissenschaft, wechselte nach einem Jahr zur Theologie an der Christkatholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bern. Er erweiterte seinen Horizont durch Studien in Paris und Oxford.

Bischof Urs Küry (1901–1976) weihte ihn 1971 zum Priester, worauf er fünfzehn Jahre als Pfarrer der christkatholischen Kirchgemeinden Hellikon, Wegenstetten und Zuzgen tätig war. Gegen Ende seiner Pfarrerszeit (1985) erwarb er sich das Doktorat in Theologie mit einer Arbeit über die Geschichte des alttestamentlichen Zwölfersymbolismus. Von 1986 bis 2008 lehrte er an der christkatholischen Fakultät in Bern Neues Testament und Homiletik, ab 1994 zusätzlich Geschichte des Altkatholizismus.

Entstehung der christkatholischen Kirche

Die christkatholische Kirche ist aus Protest zum Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes und des Iurisdiktionsprimats (1870/71) entstanden. Solche maximalistische Ansprüche des Papstamts waren unerträglich. Deshalb formierten sich kritische Katholikinnen und Katholiken, distanzierten sich von der römisch-katholischen Kirche und bildeten eine eigene Kirche mit Bischof Eduard Herzog (1841–1924).

Christkatholische Augustinerkirche in Zürich
Christkatholische Augustinerkirche in Zürich

Mittlerweile formuliert sich auch die römisch-katholische Kirche in diesen Fragen gemässigter. Hans Küng etwa machte den Vorschlag, statt von «unfehlbar» zu sprechen besser das «Gehaltensein der Kirche in der Wahrheit» zu betonen. Selbst über das berühmte «ex sese, non ex consensu ecclesiae» (nicht aus sich selbst, sondern aufgrund des Konsenses der Kirche), dass also Wahrheitsentscheidungen aus sich heraus vom heiligen Geist geleitet sind und nicht vom Konsens der Kirche abhängig, lässt sich heute evidenter formulieren, so dass sich die beiden gewordenen Kirchen in dieser Frage prinzipiell einigen könnten: Liturgie und Sakramente sind theologisch sehr ähnlich verstanden; auch Christkatholiken kennen von Anfang an ein Bischofsamt.

Ein Vertreter des Mainstreams

Die Gottesdienste werden weitgehend analog zur römisch-katholischen Messe gefeiert. Urs von Arx hat in all diesen Fragen keine extreme Position vertreten und lässt sich mitten im christkatholischen Mainstream verorten.

Seine theologische Position charakterisiert sich durch ökumenische Weite und Kooperation. Es lag ihm stets fern, einzelne Positionen mit Rückgriff auf «die Tradition» den «Fehlentwicklungen» den römisch-katholischen Positionen gegenüberzustellen. Stattdessen trat und tritt er konsequent für den Dialog mit der Orthodoxie und der Anglikanischen Kirche ein.

Theologie im ökumenischen Dialog

Urs von Arx versucht, eine vergleichende ökumenische Position im nahen Anschluss an die anglikanische und orthodoxe Ekklesiologie zu entwickeln. Wichtigstes Kennzeichen ist eine «eucharistische Ortskirchenekklesiologie», die nahe bei der «Communio-Theologie» liegt. Im Zentrum steht der dreifaltige Gott, der Menschen zur Gemeinschaft mit ihm und untereinander ruft.

Das war bereits das Grundanliegen des ersten christkatholischen Bischofs Eduard Herzog wie auch von früheren Professoren wie Kurt Stalder (1912-1996). Das heisst, Ökumene unter den Kirchen soll sich neu an der patristischen Theologie, an Ekklesiologie, Liturgie und frühkirchlichem Amt ausrichten. Altkatholische Theologie entwickelt sich deshalb im Dialog mit orthodoxen und anglikanischen Gesprächspartnern, dann auch mit römisch-katholischen und evangelisch-reformierten Partnern. Eucharistie und Bischof sind konstitutiv und bleiben zentral für die Kirche.

Eucharistische Theologie nahe bei der römisch-katholischen Position?

Urs von Arx’ theologisch-systematisches Denken basiert auf seiner Eucharistietheologie als gemeinschaftliche Teilhabe am Leib und Blut Christi. Es ist zutiefst eine Theologie der Versöhnung Gottes mit den Menschen, insofern die um den Bischof versammelte Gemeinde teilhat am umfassenden Heil in Jesus Christus. So wird die eucharistische Versammlung zum Ort der besonders intensiven Erfahrung der gottmenschlichen Gemeinschaft der Kirche.

Diese Position fand Eingang in die Präambel der Internationalen Bischofskonferenz der Utrechter Union der Altkatholischen Kirche und dürfte meines Erachtens auch nahe bei der Communio-Ekklesiologie in Lumen gentium des Zweiten Vatikanischen Konzils liegen. Die eucharistische Gemeinschaft fliesst in das tägliche Leben ein und zeigt sich im gelebten Zeugnis der tätigen Nächstenliebe. Die Gemeinschaft der Kirche (Koinonia) realisiert sich in der ekklesiologischen Triade von Martyria, Leiturgia und Diakonia. Damit konvergiert sie auch mit dem Leitmotiv der Festschrift, die dem Jubilar bereits zu seinem 60. Geburtstag gewidmet war: «Sentire cum ecclesia» ist die Wurzel aller Theologie für die diversen Disziplinen wie Kirchengeschichte, Systematik und Liturgie.

Urs von Arx
Urs von Arx

Aktiv im interkonfessionellen Gesprächen

Urs von Arx hat ganz intensiv in mehreren internationalen interkonfessionellen Gesprächsgruppen über Jahre mitgearbeitet.  Unter anderem war er von 2004 bis 2016 Mitglied der internationalen Orthodox-Altkatholischen Abeitsgruppe, von 2004 Mitglied der Internationalen Römisch-katholischen-Altkatholischen Gesprächskommission und von 1998 bis 2005 Mitglied des Anglican-Old Catholic International Coordinating Council und von 2009 bis 2013 Mitglied der internationalen Dialogkommission der Kirche von Schweden und der Utrechter Union. All das grosse Engagement hat ihm Achtung weit über die Schweizer Grenzen hinaus gebracht.

Grosse internationale Wertschätzung

Urs von Arx hat sich zeitlebens bis heute uneigennützig in den Dienst seiner Kirche und des interkonfessionellen Dialogs gestellt, vorab also der christkatholischen Kirche, aber auch jener Schwesterkirchen, mit denen er in vielfacher Weise den ökumenischen Dialog gepflegt hat. Seine Kommissionstätigkeit in ökumenischen Gremien war weitreichend und damals ohne Telekommunikation.

Auch seine langjährige Leitung der Internationalen Katholischen Zeitschrift (IKZ) machte diese zu einem angesehenen kirchlichen und theologischen Mitteilungsorgan. Aufgrund seiner Verdienste erntete er drei Ehrendoktorate: in Warschau (1996), in New York (2006) und in Sibiu (2014) sowie den «Goldenen Orden des Heiligen Grossmärtyrers Dimitrios» durch das Ökumenische Patriarchat der Schweiz (2008) und den Blaise-Pascal-Preis der Stichting Oud-Katholiek Seminarie der Niederlanden (2008).

* Stephan Leimgruber ist emeritierter Professor für Religionspädagogik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist Priester des Bistums Basel.


Urs von Arx (rechts) und Agnell Rickenbach bei einem Referat, 2018 | © Martin Spilker
7. Februar 2023 | 17:30
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