«Ein Burkaverbot kann Frauen in die Isolation treiben»

Luzern, 17.8.16 (kath.ch) Der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) ist für die Selbstbestimmung der Frau und deshalb gegen Kleidervorschriften wie ein Burkaverbot für Frauen. Wenn eine Frau aufgrund ihres Glaubens einen Schleier tragen wolle, solle sie dies tun können, sagt Regula Ott, Beauftragte für Gesellschaft und Ethik beim SKF.

Barbara Ludwig/Regula Pfeifer

Was hält der SKF grundsätzlich von Schleiern für muslimische Frauen, die das ganze Gesicht (Burka) oder Teile davon (Nikab) bedecken?

Regula Ott: Ein solches Kleidungsstück ist ein religiöses Symbol, mit der die Trägerin ihre Religionszugehörigkeit zum Ausdruck bringen kann.

Hat der SKF Verständnis für Frauen, die sich aus persönlicher religiöser Überzeugung in der Öffentlichkeit gänzlich hinter einem Schleier verbergen? Wieso?

Ott: Ja. In der Geschichte gibt es unzählige Beispiele von Vorschriften, die sich um den Körper der Frau drehen. Diese Vorschriften wurden fast immer von Männern erlassen, die bestimmten, wie Frauen auszusehen hatten. Wir sind für die Selbstbestimmung der Frau. Wenn eine Frau aufgrund ihres religiösen Glaubens einen Schleier tragen will, dann soll sie dies auch tun dürfen.

Was sagen Sie zu unfreiwilliger Verschleierung?

Ott: Wir sind uns bewusst, dass es Personen gibt, die von ihrem Umfeld gezwungen werden, bestimmte Kleider zu tragen. Dies betrifft auch den Schleier. Doch sind wir überzeugt, dass ein Gesetz diese Problematik nicht lösen kann. Frauen, die zum Tragen eines Schleiers gezwungen werden, sollen Unterstützung erhalten und in ihrer Selbstbestimmung gefördert werden. Diese Angebote gilt es zu fördern, doch kann dies kein Verbot leisten. Denn wir dürfen nicht vergessen, ein Gesetz gegen einen Schleier ist ganz klar eine Kleidervorschrift für Frauen.

Toleranz bedeutet, dass ich andere Entscheide respektiere

Ein solches Gesetz kann zudem weitreichende Folgen haben, wie sich eine Frau in unserer Gesellschaft bewegen und an dieser teilhaben und sie mitgestalten kann. Denn ein solches Verbot kann Frauen in die Isolation treiben. Toleranz bedeutet, dass ich andere Entscheide respektiere, unabhängig davon, ob ich selbst die gleiche Entscheidung treffen würde oder nicht.

Was sagen Sie zu den Ängsten, die in den Burka-Debatten auftauchen?

Ott: Wir alle haben Vorurteile, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Nur so können wir sicher sein, dass wir nicht aufgrund von nicht hinterfragten Ängsten Gesetze erlassen, die andere Personen diskriminieren. Solche Ängste werden leider auch immer wieder von Medien geschürt, wenn sie als Symbolbild für einen fundamental islamistischen Terrorismus ein Bild einer Frau in einer Burka verwenden. Denn eine solche Verknüpfung entspricht nicht der Realität.

Unter welchen Umständen hört das Verständnis auf?

Ott: Sobald Zwang ausgeführt ist, ist es kein Ausdruck des Willens der Trägerin. Da hört unser Verständnis auf. Uns ist bewusst, dass ein solcher Zwang sehr subtil sein kann. Doch sind wir überzeugt, dass ein Verbot der falsche Ansatz ist, um solch einen Zwang reduzieren zu können.

Ein Verbot ist der falsche Ansatz

Gibt es aus Sicht des SKF Parallelen zwischen dem muslimischen Schleier und dem Schleier, den Ordensfrauen tragen?

Ott: Ja, ganz klar. Beide Schleier sind Ausdruck einer religiösen Identität und einer religiösen Zugehörigkeit. Jede christliche wie auch jede muslimische Frau soll selber wählen dürfen, ob sie eine bestimmte Kleidervorschrift leben will oder nicht.

Spricht sich der SKF für oder gegen ein Verbot der Burka auf gesamtschweizerischer Ebene aus?

Ott: Der Verbandsvorstand des SKF spricht sich klar gegen ein Gesetz aus, das Frauen das Tragen einer Burka verbietet. Wir sind für die Selbstbestimmung der Frauen und dafür, dass sie ihre Religiosität und Identifikation durch ihre Kleiderwahl ausdrücken dürfen.

Hat der SKF bereits eine offizielle Position zum Burkaverbot erarbeitet?

Ott: Der Verbandsvorstand des SKF hat sich bereits im Frühling aufgrund der Eröffnung der Sammelphase der Initiative für ein nationales Burkaverbot mit dieser Thematik beschäftigt. Im Herbst dieses Jahres ist eine vertiefende Diskussion dazu geplant.

Regula Ott als Beauftragte für Gesellschaft und Ethik des SKF, 2016 | © zVg
17. August 2016 | 09:55
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