Beat Grögli, Dompfarrer in der Kathedrale St. Gallen
Schweiz

Dompfarrer: «Bevor Bischof Ivo beigesetzt wird, läutet die tiefste Glocke der Schweiz»

Am Montag, 18. Juli, wird Ivo Fürer, der emeritierte Bischof von St. Gallen, in der Otmarskrypta in St. Gallen beigesetzt. Dompfarrer Beat Grögli ist Zeremonienmeister des Auferstehungsgottesdienstes für den Bischof, der ihn zum Priester geweiht hat.

Eva Meienberg

Morgen findet der Trauer- und Auferstehungsgottesdienst für den verstorbenen Bischof Ivo Fürer statt. Welche Rolle hat der emeritierte Bischof für Sie gespielt?

Beat Grögli: Bischof Ivo hat mich zum Priester geweiht und war während meiner ersten Jahre in der Seelsorge mein Bischof. Als wir ihn zur Aufbahrung am Freitagmorgen am Hauptportal der Kathedrale abholten, ist mir ganz stark durchs Herz: Jetzt ist er wieder zu Hause in seiner Kirche. Die Hände, die er mir einst bei der Priesterweihe auflegte, ruhen jetzt für immer.

Ivo Fürer, zweiter von links, an seinem 80. Geburtstag. In der Mitte: Bischof Markus Büchel.
Ivo Fürer, zweiter von links, an seinem 80. Geburtstag. In der Mitte: Bischof Markus Büchel.

Hatten Sie regelmässig Kontakt mit dem emeritierten Bischof?

Grögli: Ich habe ihn zwei, drei Mal pro Jahr besucht. Bevor ich im vergangenen Jahr meinen Bildungsurlaub angetreten habe, habe ich mich bei ihm abgemeldet und um seinen Segen für diese besondere Zeit gebeten.

«Wenn die tiefste Glocke allein läutet, ist das sehr eindrücklich.»

Vor dem Gottesdienst wird die tiefste Glocke der Kathedrale während einer Viertelstunde läuten. Welche Bedeutung hat dieses Geläut?

Beat Grögli: In St. Gallen besitzen wir die Glocke mit dem tiefsten Ton in der Schweiz. Wenn diese Glocke allein läutet, ist das sehr eindrücklich. Wir haben die Pfarreien des Bistums gebeten, in dieses Endläuten einzustimmen mit ihrer tiefsten Glocke. Wenn wir für einen verstorbenen Mann läuten, wählen wir eine tiefe Glocke, für eine Frau eine etwas hellere. Für ein verstorbenes Kind läuten wir mit einer hellen Glocke.

Gottesdienstgemeinde in der Kathedrale St. Gallen.
Gottesdienstgemeinde in der Kathedrale St. Gallen.

Woher wissen Sie, wie die Liturgie ablaufen soll?

Grögli: Das Besondere an dieser Liturgie ist die Beisetzung in der Otmarskrypta. Generalvikar Guido Scherrer hatte noch Unterlagen, wie dies bei Bischof Otmar Mäder 2003 ablief. In vielem müssen wir uns aber auch neu orientieren, weil die örtlichen Gegebenenheiten sich verändert haben. Die Liturgie ist auch deshalb anders, weil wir seit 2013 einen neuen Altar in der Kathedrale haben.

Gibt es auch so etwas wie eine Anleitung für diesen Anlass?

Grögli: Es gibt ein Zeremoniale für die Bischöfe Dieses Buch hätte ich konsultieren können. Das ist aber gar nicht nötig, weil unser Generalvikar so versiert ist, dass ich ihn einfach alles zur Liturgie fragen kann. Aber Anpassungen an die örtlichen Verhältnisse in der Kathedrale St. Gallen müssen wir sowieso machen.

Otmarskrypta in der Kathedrale St. Gallen
Otmarskrypta in der Kathedrale St. Gallen

Ist ein Auferstehungsgottesdienst eine spezielle Abdankung für verstorbene Bischöfe?

Grögli: Nein, wenn Angehörige es wünschen, feiern wir für alle Verstorbenen einen Auferstehungsgottesdienst. So prominent wie bei Bischof Ivo feiern wir in der Kathedrale auch immer wieder für andere bedeutende politische Persönlichkeiten einen Abschiedsgottesdienst.

Am Freitag war der emeritierte Bischof in der Kathedrale aufgebahrt. Viele Menschen nahmen dies zum Anlass, sich persönlich beim Verstorbenen zu verabschieden. Ist diese Aufbahrung für Bischöfe vorgesehen?

Grögli: Früher war es üblich, dass man alle Verstorbenen in einem offenen Sarg aufgebahrt hat. Alle konnten sich von ihnen verabschieden. Heute wird das oft nicht mehr gemacht. Auch deshalb finde ich es eindrücklich, dass die Aufbahrung des verstorbenen Bischofs in der Kathedrale bei uns dazugehört.

«Den ganzen Freitag über war jemand beim Verstorbenen. Bischof Ivo war also nie allein.»

Gibt es auch eine Totenwache?

Grögli: Den ganzen Freitag über war jemand beim Verstorbenen. Bischof Ivo war also sicher nie allein. Freiwillige aus der Pfarrei haben sich für diesen Dienst zur Verfügung gestellt.

Welche Musik wird zu hören sein?

Grögli: Wir sind mitten in den Sommerferien, was die Mitwirkung der grossen Ensembles der DomMusik schwierig macht. Eine Choralschola wird gregorianische Choräle singen. Unsere Sopranistin Kimberly Brockman singt «Pie Jesu» und «In Paradisum» aus dem Requiem von Gabriel Fauré Und natürlich gibt es Orgelmusik.

Ein Priester legt die Bischofsinsignien auf den Sarg von Paul Vollmar
Ein Priester legt die Bischofsinsignien auf den Sarg von Paul Vollmar

Was geschieht mit dem Bischofsstab, dem Bischofsring und dem Brustkreuz des Verstorbenen?

Grögli: Bischof Ivo hat festgehalten, dass die Insignien, die er bei der Bischofsweihe getragen hat, in den Domschatz übergehen sollen.

Welche Kleider trägt der verstorbene Bischof? Und trägt er auch Schmuck?

Grögli: Bischof Ivo trägt ein Messgewand und auch einen Bischofsring, aber keine Mitra.

«Bischof Ivo hat seinen Mitarbeitenden auch zu Lebzeiten vertraut, dass sie gut arbeiten.»

Hat der emeritierte Bischof bezüglich der Liturgie etwas verfügt?

Grögli: Nein. Aber das ist typisch für ihn.

Inwiefern?

Grögli: Könnte er noch etwas sagen, würde dies etwa so lauten: «Ihr macht das schon recht.» Er hat seinen Mitarbeitenden auch zu Lebzeiten vertraut, dass sie gut arbeiten.

Ivo Fürer im Jahr 2019.
Ivo Fürer im Jahr 2019.

Wo wird Bischof Ivo Fürer bestattet?

Grögli: In den Sechzigerjahren gab es eine grosse Renovation der Kathedrale. Seither befindet sich die Bischofsgrablege in der Otmarskrypta im Westchor der Kathedrale. Dort sind bis jetzt neun Bischöfe begraben. Bischof Ivo ist der zehnte Bischof, der in der Gruft in einer Nische beigesetzt wird.

Ist die Krypta zugänglich?

Grögli: Jeden Montagmorgen früh wird dort ein Gottesdienst gefeiert. Und am Samstagnachmittag ermöglicht ein freiwilliger Präsenzdienst die Öffnung für eineinhalb Stunden. Sonst ist die Krypta aus Sicherheitsgründen leider geschlossen. Um den Gläubigen jetzt den Besuch am Grab von Bischof Ivo zu ermöglichen, ist die Krypta den ganzen Samstag, den 23. Juli, geöffnet. Ebenso am Sonntag, den 24. Juli, vor und nach den Gottesdiensten.

Viele Menschen sind bereits in den Ferien und können nicht am Auferstehungsgottesdienst am Montag teilnehmen. Gibt es später noch eine Möglichkeit, sich zu verabschieden?

Grögli: Einerseits wird der Gottesdienst per Livestream übertragen. Und dann feiern wir den  Dreissigsten  am Freitagabend, am 19. August. Dieses Gedächtnis können Menschen mitfeiern, die sich vorher nicht verabschieden konnten.


Beat Grögli, Dompfarrer in der Kathedrale St. Gallen | © Regina Kühne
17. Juli 2022 | 13:20
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