Eingriffe in die Natur fordern ihren Preis - Staudamm-Bruch in Brasilien
Schweiz

Die Triebkräfte der Amazonas-Synode

Das Amazonasgebiet ist riesig und umfasst mehrere Länder. Diese sind durch bedeutende Delegationen an der Amazonas-Synode vertreten, was den Fastenopfer-Direktor freut. Bernd Nilles kennt das Gebiet aus eigener Anschauung. Vor seiner Zeit beim Fastenopfer war er unter anderem in Kolumbien tätig. Vergangenes Jahr bereiste er das Gebiet. Er ist vom 21. bis 25. Oktober anlässlich der Synode in Rom.

Georges Scherrer

«Ich konnte in Amazonien einen tiefen Einblick in die Lebenswirklichkeit der Menschen gewinnen.» Fastenopfer arbeitet mit indigenen und anderen traditionellen Gemeinschaften, darunter auch die Quilombolas. Bei letzteren handelt es sich um die Nachkommen jener Afrikaner, die sich aus der Sklaverei befreit hatten und in abgelegene Gebiete geflohen waren. Auch sie bemühen sich um die Bewahrung und Erhaltung des riesigen Naturreservats Amazonas. Nilles beobachtete aber auch die Bedrohung, welcher das Gebiet ausgesetzt ist.

Bernd Nilles, Geschäftsführer Fastenopfer
Bernd Nilles, Geschäftsführer Fastenopfer

Mitten im Urwald stehen grosse Stahlwerke. «Ich sah riesige Schneisen durch den Wald, durch welche Güterzüge mit Hunderten von Wagen fuhren.»  Die Rohstoffe wurden an die Küsten gebracht, um nach Asien und auch nach Europa verschifft zu werden. Mitbeteiligt an dem Handel ist auch das internationale Bergbauunternehmen «Vale», das seinen Schweizer Sitz in Saint-Prex VD hat.

Katastrophale Zustände

Unweit der Industrieanlagen befinden sich Dörfer. Statt einer gesunden Luft sind diese den schlechten Emissionen der Industriewerke ausgesetzt. Der Boden ist oftmals verseucht. Nilles fasst die Situation mit den Worten zusammen: «Die Menschen leben unter katastrophalen Zuständen.»

«Es ist eine Region mit vielen offenen Wunden.»

Bernd Nilles

Hinzu kommt, dass die Renditen von Konzernen wie Vale nicht vor Ort, sondern in den Ländern, wo die Unternehmen ihren Sitz haben, versteuert werden. «Die Leute werden ausgebeutet, die Natur wird zerstört und die Profite wandern ins Ausland.» Nilles sieht darin eine zusätzliche Ungerechtigkeit.

Viele Todesopfer

Auf der einen Seite gibt es das Bild des Amazonas als Paradies, das eine Arten- und Pflanzenvielfalt aufweist, «wie sie in Europa nicht mehr bekannt ist». Auf der anderen Seite zeichnet Nilles den Amazonas als Hölle, in welcher Menschen unter Angst und Bedrohung leben müssen. Es komme immer wieder vor, dass Staudämme brechen, die dann ganze Gebiete überschwemmen. Zerstört werde nicht nur die Natur. Diese Katastrophen kosteten auch vielen Menschen das Leben. Die Industrie benötigt diese Dämme für den Rohstoffabbau, spart aber bei der Sicherheit. «Es ist eine Region mit vielen offenen Wunden», meint Nilles.

Fastenopfer ist über seine Partnerorganisationen mit der Situation vor Ort vertraut. Auch die katholische Kirche ist an vielen Orten präsent. Wegen der grossen Distanzen ist es aber schwierig für die Gemeinden und Pfarreien zu kommunizieren. Um dieses Problem zu verkleinern, wurde das Netzwerk Repam (Red Eclesial PanAmazónica) gegründet, das finanziell auch von Fastenopfer unterstützt wird.

Ein synodaler Prozess

Dieses junge Netzwerk von Katholiken und katholischen Organisation habe massgeblich dazu beigetragen, dass die Amazonas-Synode zustande kam. Im Vorfeld des Treffens in Rom führte die Organisation in den katholischen Gemeinden Umfragen durch. Festgestellt wurde, dass sehr viele der befragten Gemeinden Probleme wegen des Abbaus der Rohstoffe und der Brandrodung der Wälder hätten.

«Der Schutz des Amazonas und der Menschen soll eine Top-Priorität erhalten.»

Bernd Nilles

Eine der vorrangigen Aufgaben der kommenden Amazonas-Synode im Vatikan wird es darum sein, «Antworten auf die Probleme zu definieren». Als Vorbereitung auf die Synode habe die katholische Kirche im Amazonas einen revolutionären Weg beschritten. Um die Situation vor Ort zu verstehen, führte sie eine Art «synodalen Prozess» durch, indem sie die Pfarreien und Gemeinden umfassend konsultierte . Die Antworten sind nun gemäss Nilles im «Arbeitsdokument» zusammengefasst, das der Synode als Grundlage für die Beratungen dienen werde.

Der Fastenopfer-Direktor hofft nun, dass die katholische Kirche den Erwartungshaltungen der Menschen aus dem Gebiet des Amazonas gerecht wird, will heissen: «Der Schutz des Amazonas und der Menschen dort soll eine Top-Priorität in der Weltkirche erhalten.»

Eingriffe in die Natur fordern ihren Preis – Staudamm-Bruch in Brasilien | © Ricardo Sturk / MAB
3. Oktober 2019 | 12:55
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Berater in Rom

An der Amazonas-Synode sind die katholischen Hilfswerke in der Synodenaula durch die Generalsekretärin des internationalen Netzwerks «Cidse», Josiane Gauthier, vertreten. Die Organisation unterhält während der Synode, die vom 6. bis 27. Oktober 2019 dauert, in Rom ein Büro. Dort wird der Direktor des Fastenopfers, Bernd Nilles, vom 21. bis 25. Oktober beratend mitwirken und mit Synodenteilnehmern zusammenarbeiten. Der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Felix Gmür, nimmt am 21. und 22. Oktober an der Synode teil.