Das Kloster Hauterive in einer Talsenke der Saaneschlucht
Schweiz

Die Abtei Hauterive wird einer Verjüngungskur unterzogen

Die Kirche der Abtei Sainte-Marie d’Hauterive unweit Freiburgs wird einer fünfjährigen Verjüngungskur unterzogen. Geplant ist eine vollständige Aussen- und Innenrestaurierung. Die Fassade, die Fresken, die Buntglasfenster und das Gestühl werden saniert. Die technischen Anlagen werden auf den neuesten Stand gebracht und der thermische Komfort verbessert.

Maurice Page / Adaption: Georges Scherrer

Die Stiftung der Abtei «Altaripa», wie ihr deutscher Name lautet, ist seit 1966 Eigentümerin der Gebäude. Für die Restaurierung der Abteikirche sollen 12,1 Millionen Franken aufgewendet werden. Die letzte Renovierung des Gebäudes, das als Kulturgut von nationaler Bedeutung geschützt ist, wurde vor mehr als einem Jahrhundert zwischen 1903 und 1913 durchgeführt.

Die Kirche ist nicht nur ein wichtiges Gut des Freiburger Kulturerbes. Sie ist vor allem der Lebensort der klösterlichen Gemeinschaft, die sich dort siebenmal am Tag und einmal in der Nacht zum Gebet versammelt – «also vier bis fünf Stunden am Tag dort verbringt», sagt Abt Marc de Pothuau.

Abt des Zisterzienserklosters Hauterive: Marc de Pothuau
Abt des Zisterzienserklosters Hauterive: Marc de Pothuau

Die Kirche zu restaurieren ist von grosser Bedeutung. Auf diese Weise erhalten die Mönche und Besucher einen Raum des Friedens und der Schönheit zurück, wo sie sich für die Begegnung mit Gott öffnen.

Geld sinnvoll eingesetzt

Der Präsident des Stiftungsrates, der Freiburger Staatsrat Georges Godel, bezeichnete das Projekt als ehrgeizig. Von den benötigten 12,1 Millionen Franken kommen sechs Millionen Franken aus dem vom Staatsrat eingeführten Konjunkturprogramm Freiburg.

Das Kulturerbe zu bewahren und gleichzeitig Freiburger Unternehmen Arbeit zu geben, entspreche genau dem Ziel des Kantons, sagt der kantonale Schatzmeister. Die Lotterie Romande will weitere 3 Millionen bereitstellen. Bund und Kanton steuern je 800’000 Franken bei. Der Verein der Freunde von Hauterive und die Gemeinschaft der Mönche werden 800’000 Francs zur Verfügung stellen. 700’000 Franken bleiben zu Lasten der Stiftung.

Eine dringend benötigte Restaurierung

Die mittelalterliche Kirche ist eigentlich gut erhalten und sieht insgesamt unversehrt aus, betont Architekt Jean Luc Rime. Doch bei näherer Betrachtung finden sich einige ernsthafte Probleme.

Kloster Hauterive in einer Talsenke der Saaneschlucht
Kloster Hauterive in einer Talsenke der Saaneschlucht

Die auf fünf Jahre angelegten Arbeiten beginnen bei der Fassade und dem Dach. Auch die Verbesserung der Wärmedämmung hat Priorität. Das gilt auch für die Neugestaltung des Vorplatzes, um insbesondere den Zugang für Behinderte zu ermöglichen.

Innenarbeiten

Im Inneren umfassen die dringendsten Restaurierungsarbeiten insbesondere das Gestühl aus dem 15. Jahrhundert, die Glasmalereien aus dem 14.Jahrhundert und die gemalten Dekorationen, die zum Teil aus dem 12. Jahrhundert stammen.

Auch die Heizung wird ein grosses Projekt sein. Heute beten die Mönche bei 13 Grad Celsius. Beleuchtung, Sicherheit und Strom müssen ebenfalls einer Erneurung unterzogen werden.

Knacknuss Altarraum

Das Gleiche gilt für den liturgischen Raum. Das Unterfangen enthält einige Knacknüsse. «Die Wiederherstellung des liturgischen Raums wird eine heikle Herausforderung sein. Zwischen dem Respekt des klösterlichen Charakter des Ortes, der Bewahrung des Erbes und dem Wunsch nach einem Raum, der die Gemeinschaft aller Gläubigen besser zum Ausdruck bringt, werden wir Entscheidungen treffen müssen», betont der Abt.

Das Chorgestühl des Klosters Hauterive
Das Chorgestühl des Klosters Hauterive

Das Chorgestühl bestimmt heute die Struktur des Raumes. Eingriffe sind schwierig. Der Präsident des Baurats, der ehemalige Kantonsarchitekt Charles-Henri Lang, plädiert für eine Abwägung der Interessen. Eine «intelligente Reflexion» abseits vorgefertigter Dogmen und die Erwartungen der Nutzer sollen zum Entscheid beitragen.

Akribische Forschungen und Recherchen

Aktuell seien noch viele Fragen offen. Auch die Ergebnisse der Untersuchungen und Ausgrabungen sollen in die Lösung einfliessen.

Die Arbeiten sollten noch vor dem Sommer beginnen und bis 2025 dauern. Während der Arbeiten kann die Kirche für die Gottesdienste und Gebete der Mönche nicht benützt werden. Die Störungen sind zu gross.

Refektorium wird zur Kapelle

Deshalb wird das Refektorium als provisorische Kapelle eingerichtet. Der Speisesaal befindet sich im Südflügel der Abtei. Das Provisorium ist für Besucher zugänglich.

Die geheimen Gesichter des Klosters Hauterive
Die geheimen Gesichter des Klosters Hauterive

«Wir zügeln lediglich 50 Meter. Für uns bedeutet das aber eine grosse Entwurzelung. Aber wir wären undankbar, wenn wir uns beschweren würden», sagte Marc de Pothuau. Der Abt hängt seinem Votum noch einen Vers aus dem Psalm 126 an: «Wenn der Herr nicht das Haus baut, arbeiten die Bauleute vergebens.» (cath.ch/gs)


Das Kloster Hauterive in einer Talsenke der Saaneschlucht | © 2015 Georges Scherrer
24. Mai 2021 | 16:27
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

Über 900 Jahre Geschichte

Die Abtei Hauterive wurde 1138 in einer Schlaufe des Saanegrabens vom örtlichen Fürsten Guillaume de Glâne gegründet. Dieser stammte aus Cherlieu im französischen Jura. Auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Posieux liess sich eine Zisterziensergemeinschaft nieder. Sie widmete sich dem Gebet, der Arbeit und dem brüderlichen Leben.

Die Kirche, die zwischen 1150 und 1160 erbaut wurde, ist ein schönes Beispiel mittelalterlicher Architektur. Sie hat romanische Fundamente und einen gotischen Chor aus dem 14. Jahrhundert. Das Eichengestühl aus dem 15. Jahrhundert wurde von Antoine de Peney geschnitzt. Sie präsentieren abwechselnd Propheten und Apostel. Das grosse Glasfenster im Chor stammt teilweise aus der Gotik. Es wurde bei der Restaurierung Anfang des 20. Jahrhunderts wieder zusammengesetzt.

Religiöse und politische Wirren

Den Launen der religiösen und politischen Entwicklung unterworfen, erlebte die Abtei Zeiten des Wohlstandes und des Niedergangs. Im Jahr 1578 zerstörte ein Brand mehrere Gebäude. Die barocken Klostergebäude wurden im 18. Jahrhundert umgebaut.

Nach dem Sonderbundkrieg 1848 wurde die Abtei beschlagnahmt, die Mönche vertrieben. Die Abtei beherbergte nacheinander eine Landwirtschaftsschule und eine Lehrerausbildungsstätte. 1884 richtete ein Brand grosse Schäden an.

Rückkehr nach Posieux

Während 91 Jahren gab es in Posieux kein klösterliches Leben. Im Jahr 1939 siedelte sich eine Zisterziensergemeinschaft aus der österreichischen Abtei Wettingen-Mehrerau auf dem Gelände an.

Im Jahr 1966 genehmigte der Grosse Rat von Freiburg die Gründung der Fondation d’Hauterive. Diese Stiftung des öffentlichen Rechts ist Eigentümerin des Klostergeländes und der Gebäude, die sie den Mönchen unentgeltlich zur Verfügung stellt. Die Stiftung ist für die Pflege, Erhaltung und Restaurierung dieses Erbes verantwortlich.

Modelllandschaft und Charakterköpfe auf Pflöcken

Neben den klösterlichen kulturellen Elementen enthält Hauterive weitere Kostbarkeiten. Bei Besuchern und vor allem Kindern kommt eine Krippenlandschaft sehr gut an. Verschiedene Szenen aus dem Leben Jesus sind mit Figuren in einer Modelllandschaft dargestellt. Der Eingang zu dieser Miniaturlandschaft befindet sich beim Eingangsportal der Kirche.

Zudem sorgt ein Bruder der des Klosters für Schmunzeln. Auf dem Gelände des Klosters befindet sich ein Bauernhof. Rund sechzig Pflöcke, welche entlang der Weiden eingeschlagen sind, um den elektrischen Draht zu halten, hat der Bruder mit Charakterköpfen oder anderen bildhaften Elementen verziert. (cath.ch/gs)