Donata Krethlow-Benziger
Schweiz

«Der Ritterorden ist kein Geheimbund»

Luzern, 12.5.18 (kath.ch) Am 12. Mai wird Donata Krethlow-Benziger in Luzern als erste Frau zur Schweizerischen Statthalterin des «Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem» eingesetzt. Der Ritterorden sei zwar konservativ, doch zugleich verstehe man sich als modern und wolle Kirche und Gesellschaft mitgestalten, sagt Krethlow-Benziger.

Urban Schwegler*

Bei einem Ritterorden denken wohl die meisten an das Mittelalter, an Männer in Rüstungen oder an die Kreuzzüge. Doch wenn nun der Schweizer Zweig des «Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem» vom 11. bis 13. Mai in Luzern in aller Öffentlichkeit neue Mitglieder aufnimmt und seine jährliche Versammlung abhält, sind keine Ritterspiele zu erwarten.

«Wir sind eine moderne Vereinigung», sagt Donata Krethlow-Benziger, bisher Kanzlerin des Ordens in der Schweiz und seit Mai neue Statthalterin und damit oberstes Mitglied der Schweizerischen Statthalterei – notabene als erste Frau in diesem Amt.

Unterstützung von Christen im Heiligen Land

«Der Ritterorden vom Heiligen Grab geht nicht direkt zurück auf die zur Zeit der Kreuzzüge entstanden Ritterorden. Er wurde im 19. Jahrhundert zur Unterstützung der Christen im Heiligen Land gegründet», erklärt Donata Krethlow-Benziger. Dieser Hauptzweck steht für die Mitglieder auch heute noch im Vordergrund.

Gemeint sind Geldspenden, die jeder Ritter und jede Dame entsprechend der persönlichen Möglichkeiten leistet. Im letzten Jahr kamen in der Schweiz auf diese Weise rund 500’000 Franken zusammen. Davon profitieren in erster Linie kirchliche Schulen, das Priesterseminar, Kindertagesstätten oder Spitäler in Israel, Palästina und Jordanien.

Unabhängig von der Religion

»Diese Einrichtungen stehen allen Menschen im Heiligen Land offen, ungeachtet ihrer Herkunft oder Religion», betont Krethlow-Benziger. «Gerade Bildung ist im derzeit sehr angespannten Klima in der Region wichtig, fördert Toleranz und gegenseitiges Verständnis», ist die promovierte Historikerin überzeugt.

Nebst den finanziellen Zuwendungen unterstützen die Ordensmitglieder die Christen im Heiligen Land auch durch ihr Gebet. Dazu kommen regelmässige Pilgerreisen zu den biblischen Stätten und zu den unterstützten Projekten, verbunden mit Begegnungen mit den dort lebenden Menschen.

«Wir sind moderne Ritter und zeitgemässe Damen.»

Das klare Bekenntnis zum katholischen Glauben und zum Papsttum gehören ebenso zum Wesen des Ritterordens wie die Wohltätigkeit. «Wir sind moderne Ritter und zeitgemässe Damen, zugleich sind wir auch konservativ», bekennt Donata Krethlow-Benziger offen.

«Religion, Karitas und Tradition sind die drei Standbeine auf denen der Ritterorden ruht. Unser Mantel und die Insignien sind die sichtbaren Zeichen einer inneren Überzeugung.» Die zukünftige Statthalterin legt Wert auf die jahrhundertealte Tradition des Rittertums, die für die Mitglieder noch heute verbindlich und auch sinnvoll sei.

Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Bescheidenheit

»Die vier Kardinalstugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Bescheidenheit gehen zurück auf die Antike und gehören zu den Grundlagen christlicher Ethik.» Die Ritter und Damen des Ordens würden auch heute noch versuchen, diesen Idealen nachzuleben. «Es ist enorm spannend und herausfordernd, die Tradition auf dem Hintergrund unserer modernen Gesellschaft zu aktualisieren, in den Alltag einzubringen und weiterzugeben.»

Jerusalemkreuz in Luzern sichtbar

Und die Tradition geht weiter. Am 12. Mai werden bei der Investitur in der Jesuitenkirche 18 neue Ordensmitglieder aufgenommen. Die feierliche Aufnahme ist eine von drei öffentlichen Veranstaltungen in Luzern während des Muttertagswochenendes.

»Wir sind kein Geheimbund», stellt Donata Krethlow-Benziger unmissverständlich klar. Der Ritterorden will «in der Welt von heute aktiv in unserer Kirche mitwirken und Verantwortung tragen», heisst es denn auch im Leitbild. Dass man sich keineswegs verstecken will, zeigt sich vom 11. bis 13. Mai auch optisch. Der Ritterorden wird mit seinem Erkennungszeichen – dem roten Jerusalemkreuz – in Luzern gut sichtbar präsent sein – unter anderem zwischen den Türmen der Hofkirche.

*Urban Schwegler ist Kommunikationsbeauftrager der Katholischen Kirche Stadt Luzern. Der vorliegende Artikel erschien erstmals im Pfarrblatt der Stadt Luzern (10/2018).

Hinweis: Investiturfeier und Pontifikalamt mit dem amerikanischen Kurienkardinal Edwin Frederick O’Brien (Grossmeister des Ritterordens), Samstag, 12. Mai, 14.15 Uhr, Jesuitenkirche Luzern. Gottesdienst mit dem Basler Bischof Felix Gmür am Sonntag, 13. Mai, 11 Uhr, Franziskanerkirche Luzern.

 

 

 

Donata Krethlow-Benziger | © zVg
12. Mai 2018 | 14:00
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Für die Christen im Heiligen Land

Der Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem gründet im mittelalterlichen Pilgerwesen. Seit der Kreuzzugszeit erhielten einzelne Adlige und Patrizier den Ritterschlag am Heiligen Grab. Konstituiert wurde der Ritterorden 1868 durch Papst Pius IX. Hauptzweck ist damals wie heute die Unterstützung der Christen im Heiligen Land durch finanzielle Hilfe und Gebet. Weltweit umfasst der Orden rund 30’000 Mitglieder. In der Schweiz sind es rund 380. (us)