Keine Gewalt
Schweiz

Der Nachahmung von Gewalttaten entgegenwirken

Zürich, 31.7.16 (kath.ch) Sie wollen mit ihren schrecklichen Taten Aufsehen erregen. Dabei nehmen sie nicht nur in Kauf, dass andere Menschen getötet, verletzt, erniedrigt werden, sondern sie wählen genau diesen Weg der Gewalt, um überhaupt auf sich aufmerksam zu machen.

Terror, Attentate, Mord, das passiert auf dieser Welt tagtäglich. Je näher solche Ereignisse bei uns stattfinden, desto mehr Aufmerksamkeit erhalten sie. Dies geschieht in erster Linie über Medien und soziale Netzwerke.

Informationsauftrag gegen Voyeurismus

Damit erhalten aber auch die Täter viel mehr Aufmerksamkeit, was ja gerade deren Absicht ist. Warum also wird überhaupt darüber berichtet? Arthur Rutishauser, Chefredaktor des Zürcher «Tages-Anzeigers» und der «Sonntags-Zeitung» begründet dies so: «Wir haben einen Informationsauftrag und müssen auch über schwere Gewalttaten berichten, die Hintergründe ausleuchten und Zusammenhänge aufzeigen.»

Ein Bild oder Video der Täter – im schlimmsten Fall gar die Tat selber – ist aber nicht Inhalt der Information, wie man sich auch in Medienkreisen eigentlich bewusst ist. Dass solches gleichwohl immer wieder gemacht wird, ist Ausdruck von Voyeurismus, Selbstdarstellung und, auch Medien unterstehen einem Wettbewerb, Kampf um Publikum.

Darstellung begünstigt Nachahmung

Die beiden erwähnten Zeitungen, die im gleichen Verlag erscheinen, machen einen Schritt, den auch andere Medien schon gemacht haben. «Wir müssen aufpassen, den Attentätern und ihrer Propaganda keine Bühne zu geben und damit womöglich Nachahmer zu animieren», schreibt Rutishauser zur Entscheidung, keine Bilder von Attentätern mehr zu veröffentlichen.

Die Gefahr der Nachahmung bestätigen Psychologen: «Es gibt mehr Nachahmungseffekte, wenn der Abbildung von Gewalt in den Medien sehr viel Platz eingeräumt wird», hielt beispielsweise der Berufsverband Deutscher Psychologen vergangene Woche fest.

Selbst wenn grosse Medienhäuser ihre Haltung bei der Berichterstattung ändern, verschwinden solche Bilder nicht einfach, wie auch Arthur Rutishauser weiss. Doch gelte es, publizistische Verantwortung wahrzunehmen und auf Effekthascherei zu verzichten. (ms)

Keine Gewalt | © 2016 disg.lu.ch/-/media
31. Juli 2016 | 11:12
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Gewalttätern keine Bühne bieten

Nach Einschätzung des Psychoanalytikers Martin Altmeyer sollte die Gesellschaft Gewalttätern jegliche Anerkennung verweigern. «Keine Bilder, keine Namen, kein Medienecho», schreibt er in einem Gastbeitrag im «Spiegel», 30. Juli. Dies sei das einzige, was gegen die «niederträchtige Zurschaustellung» von Gewalt wie zuletzt in Frankreich und Süddeutschland helfen könnte.

Altmeyer kritisierte die öffentliche Suche nach den «wahren Ursachen» von Gewalttaten. Sie «entbindet den Täter von seiner Verantwortung, die nun Umständen zugeschrieben wird.» Tatsächlich sei jeder islamistische Anschlag «eine Sonderform des Amoklaufs; jeder Amoklauf dient der Verbreitung von Tod, Angst und Schrecken.»

Beide Gewaltformen seien durch «enorme Kränkungswut, paranoidem Vernichtungsdrang und eitlem Grössenwahn getrieben, unabhängig davon, ob die Mordmotive einer psychischen Erkrankung der Mörder, ihrem gestörten Selbst- und Weltbild, ihrer religiösen Überzeugung oder ihrer politischen Ideologie entstammen.» (kna)