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Debatte über Reformen in der katholischen Kirche spitzt sich zu: Vatikan zeigt Grenzen auf

Der Streit über eine Modernisierung der katholischen Kirche in Deutschland hat sich durch einen am Montagabend veröffentlichten Brief aus Rom zugespitzt. Der Vatikan erteilt darin der geplanten Einrichtung eines Synodalen Rates, in dem Bischöfe von Laien überstimmt werden könnten, eine klare Absage. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Fakten.

Karin Wollschläger

Was ist der Synodale Rat?

Der künftige Rat soll sich als neues bundesweites Beratungs- und Leitungsorgan mit «wesentlichen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft» befassen. Er soll an die Stelle der Versammlungen des Synodalen Wegs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland treten. In ihm sollen Bischöfe, Priester und Laien gemeinsam über kirchliche Grundsatzfragen und über den Einsatz finanzieller Mittel entscheiden. Die Vorbereitung des Gremiums liegt in den Händen eines «Synodalen Ausschusses», der noch gebildet werden muss. Spätestens zum März 2026 soll dann der eigentliche Synodale Rat starten.

Warum ist Rom gegen den Synodalen Rat?

Der Vatikan sorgt sich um die Machtbefugnisse der Bischöfe, insofern mit dem Synodalen Rat eine neue, faktisch übergeordnete bundesweite Leitungsstruktur der katholischen Kirche in Deutschland etabliert würde. Weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine nationale Bischofskonferenz sei befugt, ein Gremium einzurichten, das die Autorität der Bischöfe beschneide. Schon im vergangenen Juli hatte der Vatikan den deutschen Bischöfen mitgeteilt: Der Synodale Weg sei «nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten.»

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin schaut aus einem Fenster des Apostolischen Palastes.
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin schaut aus einem Fenster des Apostolischen Palastes.

Wer ist Absender des jüngsten Vatikanschreibens?

Unterzeichnet ist der Brief von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, zweiter Mann im Vatikan nach dem Papst, sowie den Kurienkardinälen Luis Ladaria, Chef der Glaubensbehörde, und Marc Ouellet, Chef der Bischofskongregation. In dem Brief heisst es, Papst Franziskus habe ihn «in forma specifica» approbiert – das heisst: Der Text hat Rechtsverbindlichkeit.

Woelki konnte es sich nicht leisten, auf die Verjährung zu pochen: Der Imageverlust wäre nicht wieder gut zu machen.
Woelki konnte es sich nicht leisten, auf die Verjährung zu pochen: Der Imageverlust wäre nicht wieder gut zu machen.

Warum hat der Vatikan das Schreiben verfasst?

Die Erzbischöfe und Bischöfe von Köln (Woelki), Eichstätt (Hanke), Augsburg (Meier), Passau (Oster) und Regensburg (Voderholzer) hatten sich laut Brief im Dezember mit der Frage an Rom gewandt, ob sie an einem «Synodalen Ausschuss» teilnehmen müssten und ob sie teilnehmen dürften. Darauf antwortet der Vatikan nun mit dem Schreiben an alle Bischöfe. Der Zeitpunkt scheint bewusst gesetzt: Vom 9. bis 11. März findet die fünfte und letzte Vollversammlung des Synodalen Wegs statt. Das in seiner Form einzigartige Reformprojekt wurde von Anfang an vom Vatikan, aber auch von anderen Bischofskonferenzen, kritisiert.

Können Laienkatholiken in Deutschland schon jetzt mitentscheiden?

Die Beteiligungsformen sind in den Bistümern unterschiedlich. Mancherorts werden Nicht-Kleriker in Beratungsprozesse einbezogen, haben jedoch meist nur wenige Entscheidungsbefugnisse. Am weitesten geht das «Rottenburger Modell»: Im württembergischen Diözesanrat entscheiden die gewählten Basisvertreter nicht nur über wirtschaftliche und finanzielle Fragen mit, sondern auch über Themen der Seelsorge. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit kann das Gremium Finanzentscheidungen des Bischofs kippen. Durch den Synodalen Weg angestossen gibt es inzwischen auch in anderen Bistümern Pläne, Synodale Räte einzurichten. Auch hier schiebt der Brief aus Rom einen Riegel vor. Mehrere Bischöfe erklärten aber, das Kirchenrecht decke die Vorhaben, synodale Beteiligung in den Bistümern zu regeln.

Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, und Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, und Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.

Wie geht es mit dem Synodalen Weg weiter?

Die Spitzen des Synodalen Wegs sehen sich nach eigenem Bekunden durch Rom nicht ausgebremst. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, und die Präsidentin des Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Stetter-Karp, kündigten an, weiter an den Arbeiten zu einem Synodalen Ausschuss und Rat festhalten zu wollen. Man bewege sich innerhalb des Kirchenrechts. Laut Bätzing hat «ein grosser Teil» der deutschen Diözesanbischöfe bekundet, weiter hinter dem Projekt zu stehen. Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke indes sieht in dem Brief aus Rom «das wenig überraschende Aus» für die geplanten Gremien. Ob die Deutschen es auf einen Showdown mit Rom ankommen lassen, könnte sich bei der abschliessenden Versammlung des Synodalen Wegs im März in Frankfurt zeigen. (kna)


Vatikan | © Oliver Sittel
24. Januar 2023 | 17:14
Lesezeit: ca. 3 Min.
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