Daniel Kosch, RKZ-Generalsekretär
Kommentar

Daniel Kosch über Kardinal Kasper: Polemische Rede und Gegenrede gehören zur Synodalität

Mit scharfen Worten kritisiert Kardinal Walter Kasper den Synodalen Weg in Deutschland: Wer am Pfeiler des Bischofsamts säge, «der bricht der Kirche das Genick». RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch beobachtet den Synodalen Weg – und reagiert auf Kaspers Polemik gelassen.

Daniel Kosch*

Das Referat und die Kritik von Kardinal Kasper am Synodalen Weg verdienen eine differenzierte Würdigung seiner Aussagen. Denn sie können nicht auf die pointierte Formulierung reduziert werden, bestimmte Beschlüsse würden der Kirche «das Genick brechen».

Gewaltenteilung in der Kirche

So ist im gleichen Text auch zu lesen: «Eine starke Synode braucht einen starken Bischof und ein starker Bischof kann nur mit einer starken Synode seiner Leitungsverantwortung gerecht werden. Die synodale Struktur ist die kirchliche Form der Gewaltenteilung in der Kirche.» Ich denke, dass ein solcher Satz die Zustimmung einer grossen Mehrheit der Synodalen Versammlung fände.

Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal, im Jahr 2015
Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal, im Jahr 2015

Die Kritik des Kardinals an der freiwilligen Selbstbindung der Bischöfe und an einem dauerhaften Synodalen Rat greift in eine laufende Diskussion ein, von der ich vermute, dass sie in den noch anstehenden Synodalversammlungen und darüber hinaus weitergehen wird. 

Weiterentwicklung des Kirchenrechts

Die Intention dieses Vorgehensvorschlages halte ich jedoch keineswegs für «halsbrecherisch», handelt es sich doch um eine im Kirchenrecht für bestimmte Entscheidungen bereits existierende Rechtsfigur. Sie wird mit der Absicht stark gemacht, im Rahmen des geltenden Kirchenrechts die Partizipation des Volkes Gottes an pastoralen Entwicklungen und Entscheidungen zu stärken, wie dies auch Papst Franziskus mit der Synode 2021–2023 anstrebt. 

Bischöfe und Kardinäle in Rom, 2018
Bischöfe und Kardinäle in Rom, 2018

Die weiteren Diskussionen im Rahmen des Synodalen Weges wie auch im Rahmen der Bischofssynode 2023 werden hoffentlich Weiterentwicklungen der kirchlichen Praxis und des Kirchenrechts anregen, die diesem Anliegen Rechnung tragen.

Auch das Neue Testament kennt hartes Ringen

Dass es im Vorfeld, innerhalb und auch im Umfeld des Synodalen Weges zu sehr pointierten Stellungnahmen wie jetzt jener von Kardinal Kasper kommt, spricht aus meiner Sicht nicht gegen, sondern für das Vorhaben. Denn die Kirche steht mindestens in unseren Breitengraden an einem Scheideweg, was Weichenstellungen erfordert. 

Daniel Kosch
Daniel Kosch

Schon in neutestamentlicher Zeit erforderte die Öffnung der Kirche für unterschiedslos alle Menschen unabhängig von Beschneidung, Geschlecht und sozialem Status ein hartes Ringen, zu dem auch polemische Rede und Gegenrede gehörten (vgl. Gal 3,26-28).

Wir brauchen Leuchtkraft und neue Zuversicht

Nicht nur für die katholische Kirche in Deutschland, sondern auch für die Kirche hierzulande und weltweit hoffe ich, dass dieses Ringen zu Klärungen führt, die dem Evangelium neue Leuchtkraft und der Kirche neue Zuversicht geben, dass sie auf ihrem Weg in die Zukunft auf die Kraft des Heiligen Geistes vertrauen kann.

* Daniel Kosch ist promovierter Neutestamentler und Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), dem Zusammenschluss der kantonalkirchlichen Organisationen. Beim Synodalen Weg in Deutschland hat er einen Beobachter-Status.


Daniel Kosch, RKZ-Generalsekretär | © Christian Merz
23. Juni 2022 | 06:13
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!