Murielle Egloff von der Katholischen Landeskirche Thurgau protestiert auch gegen rechts.
Schweiz

«Christ:innen gegen rechts» auch in der Schweiz: «Der Rassismus kennt keine Grenzen»

Gegen die Gefahren des Rechtsextremismus der AfD, die in Deutschland immer stärker wird, gehen derzeit Tausende auf die Strassen. Darunter finden sich auch immer mehr Christen und Christinnen, die gegen rechts protestieren. Die Protestwelle hat nun auch die Schweiz erfasst. Kaholisch geprägte Personen reihen sich hierzulande unter «Christ:innen gegen rechts» ein in den politischen Widerstand. Was ist Ihre Motivation? Kath.ch fragte nach.

Wolfgang Holz  

«Unser Kreuz hat keine Haken. Rechtsextremismus und christlicher Glaube sind unvereinbar. Wir verurteilen die neonazistische Ideologie. Denn Gott hat alle Menschen gleich geschaffen. Rechtsextremisten üben Gewalt aus. Jesus aber ist den Weg des Friedens gegangen. Durch ihn werden aus Fremden Freunde. Christen beziehen konsequent Position für Demokratie und Menschenrechte» – mit solchen Bekenntnissen beziehen Christen gegen Rechtsextremismus aus Dortmund Stellung gegen die AfD in Deutschland.

Thomas Boutellier
Thomas Boutellier

Doch auch in der Schweiz solidarisieren sich immer mehr Menschen gegen die Gefahr von Rechtsextremismus. Christen und Christinnen.

«Christentum und Evangelium sind politische Botschaften»

«Das Aufstehen gegen Rassismus und Rechtsradikale, gegen Menschen die Menschen verachten, braucht meiner Meinung nach keine extra Motivation», sagt beispielsweise Thomas Boutellier, Informationsbeauftragter des Generalvikariats der Kirche in den Kantonen Zürich und Glarus. Das müsse im Grund angelegt sein in unserer Gesellschaft. Bei «Christ:innen» nochmals besonders.

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«Ich glaube, und wir sehen das ja immer wieder, dass Rassismus keine Grenzen kennt. Persönlich bin der Überzeugung, dass das Christentum und das Evangelium immer auch eine politische Botschaft sind», sagt Thomas Boutellier.

«Das Böse ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich.»

Thomas Boutellier, Informationsbeauftragter des Generalvikariats

«Barmherzigkeit, Nächstenliebe, Menschenwürde sind Forderungen – wofür wir als Kirche zu wenig aufstehen und hinstehen», meint Boutellier. Aus diesem Grund stelle er sich als Christ gegen Rassismus und Rechtsradikalismus. «Genauso, wie viele meiner Freunde und Freundinnen aus Deutschland jetzt aufstehen und Nein sagen, sollten wir auch in der vermeintlich sicheren Schweiz diese Zeichen erkennen und jetzt schon Flagge zeigen.»

Der Schweizer Komiker Peach Weber habe mal gesagt: «Der nächste Hitler hat kein Schnäuzchen». Boutellier. «Genau darum ist das, was in Deutschland passiert ist, und gegen das Millionen nun auf die Strasse gehen, auch in der Schweiz möglich. Das Böse ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich.»

Benjamin Spang
Benjamin Spang

«Welt heute anders vernetzt»

Wenn sich Rechtsradikale als Demokraten tarnen, sei auch ein so demokratisches Land wie die Schweiz nicht gefeit davor, dass solche Pläne auch hier geschmiedet werden können. «Und im Gegensatz zu 1933 ist die Welt heute anders vernetzt. Die Grenzen sind kein Hindernis mehr», ist Thomas Boutellier überzeugt.

«Ich engagiere mich bei «Christ:innen gegen rechts», da ich fest davon überzeugt bin, dass das Christentum stets einen Beitrag zu Gerechtigkeit und Frieden leisten muss», sagt Benjamin Spang. Er ist Fachmitarbeiter für die kirchliche Erwachsenenbildung bei der Katholischen Kirche im Thurgau. Sein Christsein habe daher immer auch eine politische Dimension.

Logo der Aktion
Logo der Aktion

Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland und darüber hinaus sei es es wichtig, so Spang, nicht die Defizite anderer in den Mittelpunkt zu rücken, wie es der rechte Rand oft tue.

«Die brüchig gewordenen Systeme unserer Zeit brauchen nicht noch mehr Egoismus, systematisches Misstrauen und Hass.»

Benjamin Spang, Katholische Kirche im Thurgau

«Stattdessen sollten wir ressourcenorientiert denken und gemeinsam innovative Ideen für eine bessere Zukunft entwickeln.

Die brüchig gewordenen Systeme unserer Zeit brauchen nicht noch mehr Egoismus, systematisches Misstrauen und Hass», versichert Spang. Diese seien mit der Garantie der Menschenwürde und dem christlichen Menschenbild unvereinbar. «Fallen wir dahinter zurück, sind wir alle Gefangene. Wir müssen gerade dann menschlich sein, wenn es einfacher wäre, unmenschlich zu sein. Sonst können wir uns selbst bald nicht mehr über den Weg trauen.»

Jean-Pierre Sitzler
Jean-Pierre Sitzler

Sein Kollege, Jean-Pierre Sitzler, engagiert sich ebenfalls bei «Christ:innen gegen rechts». Er Stellenleiter für kirchliche Erwachsenenbildung bei der Katholischen Kirche im Kanton Thurgau. «Christ:innen in der Nachfolge Jesu setzen sich für Menschen ein; und es sind alle Menschen gemeint. Wo das Recht von Menschen mit Füssen getreten wird, können und dürfen Christ:innen nicht schweigen. Besonders dann, wenn Menschenrechte und gegen Menschen gerichtete Ideen verbreitet und gelebt werden, müssen wir zumindest aufmerksam machen. «

Selbstverständlich sei es damit nicht getan. Nur zu schweigen helfe auch nicht, so Sitzler. Das Gespräch mit anderen Menschen und das Reden von der einen Menschheit und Schöpfung müssten sensibler auf die eine Gemeinschaft machen.

«Ich stehe ein gegen alle Extremströmungen, die das Wohl der Menschheit bedrohen.»

Jean-Pierre Sitzler, Katholische Kirche im Thurgau

«Zudem ist es für mich keine Aktion «nur» gegen rechts. Ich stehe ein gegen alle Extremströmungen, die das Wohl der Menschheit bedrohen, und für die Menschen und die Schöpfung in aller Vielfalt», sagt Jean-Pierre Sitzler.

Auch Murielle Egloff hat sich von «Christ:innen gegen rechts» animieren lassen. Sie arbeitet bei der Katholischen Landeskirche Thurgau als Stellenleiterin für die Fachstelle Jugend.

Murielle Egloff von der Katholischen Landeskirche Thurgau protestiert auch gegen rechts.
Murielle Egloff von der Katholischen Landeskirche Thurgau protestiert auch gegen rechts.

«Als ich die Aktion in den sozialen Medien gesehen habe, war für mich klar, dass ich mitmachen muss. Auch ich wollte ein klares Zeichen setzen. Wenn ich mein Christinsein ernst nehme, muss ich meine Haltung gegen Rechtsextremismus zeigen.» Sie glaubt, dass alle Menschen gleich sind. Murielle Egloff: «Ich stehe auf und setze mich für diejenigen ein, die Ungleichheit, Diskriminierung und Rassismus erfahren. Klar, mit meinem Post kann ich nicht alleine die Welt retten, aber ich kann in meinem Umfeld meine Kolleginnen und Kollegen, meine Mitmenschen zum Nachdenken anregen.»


Murielle Egloff von der Katholischen Landeskirche Thurgau protestiert auch gegen rechts. | © zVg
26. Januar 2024 | 16:51
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