Christian Griss, im Basler Rathaus
Schweiz

Christian Griss: «Die aktuellen Kirchenaustritte tun uns besonders weh»

Rund 70 Personen haben auf den offenen Brief der Kantonalkirche Basel-Stadt reagiert. Die meisten Rückmeldungen seien positiv gewesen, sagt Kirchenratspräsident Christian Griss. Doch es gab auch negative – und Kirchenaustritte von aktiven Mitgliedern.

Regula Pfeifer

70 Rückmeldungen hat die Römisch-katholische Kirche in Basel-Stadt (RKK) auf ihren Offenen Brief zum Missbrauch in der Kirche erhalten. Die meisten kamen per Mail, sagt RKK-Kirchenratspräsident Christian Griss gegenüber kath.ch. Er hat die Mails beantwortet.

Basler äussern Wut und Enttäuschung

«Die Rückmeldungen waren grossmehrheitlich positiv», sagt Griss. Die Leute hätten sich bedankt und die Anliegen der RKK unterstützt. «Ihr habt Mut, euch in dieser Sache nicht nur vor den Mitgliedern, sondern vor der ganzen Öffentlichkeit hinzustellen», sei etwa sinngemäss geschrieben worden.

Vreni Peterer auf einem Podium der Paulus-Akademie in Zürich über die Ergebnisse der Pilotstudie zu sexuellem Missbrauch im kirchlichen Umfeld
Vreni Peterer auf einem Podium der Paulus-Akademie in Zürich über die Ergebnisse der Pilotstudie zu sexuellem Missbrauch im kirchlichen Umfeld

Rund 20 Rückmeldungen waren laut Griss negativ. «Einige liessen ihrer Wut und Enttäuschung freien Lauf. Sie drohten mit Kirchenaustritt oder gaben damit gleich ihren Kirchenaustritt bekannt.» Einige hätten moniert, dass die im Brief vorgeschlagenen Massnahmen zu wenig konkret seien. «Andere schimpften, wir würden mit dem Inserat gleich wieder Kirchensteuergelder verschleudern», so Griss.

Rund 200 Personen wegen Missbrauchs ausgetreten

«Rund 200 Personen haben ihren Kirchenaustritt explizit wegen den Ergebnissen der Missbrauchsstudie gegeben», sagt der Kirchenratspräsident. Das sind rund ein Prozent der etwa 21’000 Mitglieder der RKK. «Denn es handelt sich dabei um Leute, die uns nahestehen und mit uns inhaltlich verbunden sind», sagt Griss. «Das tut uns besonders weh».

Schritt zum Kirchenaustritt? Mann verlässt eine Kirche.
Schritt zum Kirchenaustritt? Mann verlässt eine Kirche.

Übliche Kirchenaustritte geschähen ansonsten tendenziell durch junge Katholikinnen und Katholiken, die erstmals Steuern bezahlen müssten. Oder durch Zugezogene, insbesondere aus dem Ausland, die dann feststellten, dass es in Basel die Kirchensteuer gibt.

Offener Brief im Oktober

Die Römisch-Katholische Kirche in Basel-Stadt hat Ende Oktober einen Offenen Brief als Inserat in den beiden lokalen Tageszeitungen geschaltet. Darin nahm sie Stellung zu den Missbrauchsfällen, die aufgrund der Pilotstudie der Universität Zürich zum Missbrauch in der katholischen Kirche der Schweiz bekannt geworden waren. Vorab schrieb die RKK auch einen Brief an ihre Kirchenmitglieder und einen weiteren an ihre Mitarbeitenden.

Bischof Felix Gmür
Bischof Felix Gmür

Im Brief-Inserat kritisierte die RKK den Bischof Felix Gmür indirekt für die Fehler, die in letzter Zeit passiert sind, wie Christian Griss Anfang November gegenüber kath.ch sagte.

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«Andererseits unterstützen wir unseren Bischof in seinen Bemühungen, im Umgang mit Missbrauchsfällen absolute Transparenz herzustellen, staatliche Behörden einzubeziehen und eine Meldestelle einzurichten – und was sonst angedacht ist», fügte er an. Gleichzeitig bat die RKK im Brief «die Menschen unserer Stadt um das Vertrauen, das sie bisher in uns hatten», wie Griss damals sagte. «Dieses Vertrauen ist in Schieflage geraten.»


Christian Griss, im Basler Rathaus | © zVg
18. Januar 2024 | 12:01
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