Schweiz

Caritas: Armut in der Schweiz erreicht neuen Höchststand

Laut Bundesamt für Statistik leben aktuell 745’000 Menschen in der Schweiz in Armut. Dies ist ein neuer Höchststand. Caritas Schweiz fordert eine nationale Armutsstrategie von Bund, Kantonen und Gemeinden.

Seit 2014 steigt die Armut in der Schweiz kontinuierlich an. Trotz der guten gesamtwirtschaftlichen Lage ist es nicht gelungen, diesen Trend zu brechen. Als Folge der Pandemie, der aktuellen Lebenskostenteuerung und der stark steigenden Krankenkassenprämien und Mietkosten geraten aktuell noch mehr Menschen in finanzielle Notlage.

Unerwartete Arztrechnung nicht begleichen

Im Jahr 2021 waren 745’000 Menschen in der Schweiz von Armut betroffen. Darunter 134’000 Kinder. Dies ist ein neuer Höchststand. Fast ein Fünftel der Menschen in der Schweiz können für eine unerwartete Ausgabe von 2ʼ500 Franken, wie etwa eine Zahnarztrechnung, nicht aufkommen.

Besonders Alleinerziehende sind auf Sozialhilfe angewiesen.
Besonders Alleinerziehende sind auf Sozialhilfe angewiesen.

Die Zahl der erwerbstätigen Armutsbetroffenen, die auch als «Working Poor» bezeichnet werden, ist ebenfalls auf einem hohen Niveau. Insgesamt sind 305ʼ000 Personen trotz eines Erwerbseinkommens im Haushalt arm.

Problem Nebenkostenabrechnung

Immer mehr Menschen richten sich hilfesuchend an die Caritas. Die Nachfrage nach vergünstigten Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs ist gewachsen. In den 22 Caritas-Märkten sind im ersten Quartal 2023 fast 40 Prozent mehr Einkäufe als im Vorjahr zu verzeichnen. Dabei war bereits 2022 ein Rekordjahr.

Familie in einem Caritas-Markt.
Familie in einem Caritas-Markt.

In einigen Regionen übersteigt die Nachfrage nach Sozial- und Schuldenberatung die Kapazitäten der Caritas. Die aktuell vielerorts grösste Sorge: Die in den kommenden Wochen eintreffenden Nebenkostenrechnungen für das Jahr 2022. Diese droht viele knapp bemessene Haushaltsbudgets zu sprengen.

Politik ist gefordert

Die Caritas fordert von Bund, Kantone und Gemeinden, die Menschen nicht allein zu lassen. Sondern gezielt gegen Armut vorzugehen. «Wir fordern geeignete Massnahmen gegen die aktuelle Teuerung und Preisanstiege. Insbesondere müssen die Prämienverbilligungen für die Krankenkassen dringend ausgebaut werden», sagt Andreas Lustenberger, Leiter des Bereichs Grundlagen und Politik bei Caritas Schweiz.

Caritas Schweiz: links Andreas Lustenberger (Leiter Bereich Politik und Grundlagen), Petra Winiger (Operative Leiterin Internationale Zusammenarbeit), Peter Lack (Direktor).
Caritas Schweiz: links Andreas Lustenberger (Leiter Bereich Politik und Grundlagen), Petra Winiger (Operative Leiterin Internationale Zusammenarbeit), Peter Lack (Direktor).

Um die strukturellen Ursachen der Armut zu bekämpfen, seien langfristig ausgerichtete Massnahmen erforderlich. Dazu zählen existenzsichernde Löhne, kostengünstige externe Kinderbetreuung und mehr bezahlbarer Wohnraum. «Armut ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, welches mehrere Politikfelder betrifft und auf allen Ebenen angegangen werden muss», so Lustenberger. Caritas Schweiz fordert deshalb eine nationale Armutsstrategie. (am)


| © Vera Rüttimann
2. Mai 2023 | 12:00
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