«Blackfacing» wird nun doch toleriert – damit in Mendrisio die Osterprozessionen spannungsfrei verlaufen
Jahr für Jahr zieht das Südtessiner Städtchen Mendrisio mit seinen historischen Prozessionen in der Karwoche ein riesiges Publikum an. Auch in diesem Jahr dürfen sich weisse Teilnehmende schwarz schminken. Die Blackfacing-Verantwortlichen machen nach Protesten einen Rückzieher, weil die Prozessionen in einem spannungsfreien Klima stattfinden sollen.
Wie das «St. Galler Tagblatt» aktuell berichtet, dürfen in diesem Jahr bei den Prozessionen in Mendrisio Mohren wieder schwarz sein. Das hat der Stiftungsrat entschieden, obwohl er im Vorfeld ein Verbot des «Blackfacing» erlassen hatte.
Man sei zwar nach wie vor von der Richtigkeit des Entscheids überzeugt. Gleichzeitig habe es aber negative Proteste von Personen gegeben, welche die Karfreitagsprozessionen immer unterstützt hätten.
Seit 2019 auf Unesco-Liste
Die jahrhundertealte Tradition der Oster-Prozessionen in Mendrisio war 2019 in die repräsentative Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen worden. Ursprünglich hatte die Stiftung als Akt der Inklusion und im Respekt für Menschen anderer Hautfarbe beschlossen, auf das Blackfacing zu verzichten. Der Entscheid sorgt im Tessin für gewaltigen Wirbel.
Das bedeutet, so das «St. Galler Tagblatt», dass die Gesichter hellhäutiger Darstellerinnen und Darsteller nicht mehr dunkel geschminkt werden sollten, um schwarze Figuren darzustellen. Eine Tradition könnte gewahrt werden und sich gleichzeitig dem Wandel der Zeiten anpassen, war von den Veranstaltern im Vorfeld argumentiert worden.
Kommunikationsfehler eingeräumt
Nun wurden am Sonntagabend in einer Medienmitteilung der Stiftung eingeräumt, dass bei der Kommunikation Fehler gemacht wurden. Mit allen Akteuren und der Bevölkerung soll nun das Gespräch gesucht werden, um das Thema einvernehmlich für die Zukunft zu klären.
«Weisse Menschen nehmen sich das Recht heraus, mit «Blackfacing» für Schwarze Menschen sprechen und handeln zu können.»
GRA Stiftung Rassismus und Antisemitismus
Gemäss der Stiftung Rassismus und Antisemitismus (GRA) gilt «Blackfacing» als rassistisch, da die Identität und Erfahrungen schwarzer Menschen als eine Art Kostüm behandelt werden, welches weisse Menschen einfach an- und ausziehen könnten.
«Damit werden die Erfahrungen von ‘People of Color’ herabgesetzt», so die GRA. «Weisse Menschen nehmen sich das Recht heraus, mit ‘Blackfacing’ für Schwarze Menschen sprechen und handeln zu können und nehmen ‘People of Color’ damit den Raum, dies für sich selbst zu tun.
Stereotypische Darstellungen besonders problematisch
Problematisch seien dabei besonders die stereotypen Darstellungen, die mit «Blackfacing» einhergehen. «Auf diese Weise werden Vorurteile wiedergegeben und weiterhin verfestigt. Während das eigene Vergnügen in den Vordergrund gestellt wird, werden die Diskriminierungserfahrungen von Schwarzen Menschen gänzlich ignoriert.» (woz)
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