Jean-Marie Lovey, Bischof von Sitten
Schweiz

Für Bischof Lovey ist die erleichterte Einbürgerung selbstverständlich

Sitten/Zürich, 16.1.17 (kath.ch) Der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey, befürwortet die erleichterte Einbürgerung von Ausländern der dritten Generation. Diese Menschen seien oft gut integriert, sagte der Bischof gegenüber kath.ch. Als «Schweizer Bürger» sei er sehr positiv gegenüber dem Ziel des Bundesbeschlusses eingestellt, über den das Schweizer Stimmvolk am 12. Februar entscheidet.

Barbara Ludwig

Er finde es «ganz normal», dass Personen, die in der Schweiz geboren und hier zur Schule gegangen seien, vielleicht schon seit 25 Jahren hier lebten, von einem erleichterten Einbürgerungsverfahren profitieren könnten, so Lovey weiter. «Der soziale Zusammenhalt wird gestärkt, wenn sich diese Menschen dank eines vereinfachten Verfahrens als Schweizer fühlen.»

Die Ausländer der dritten Generation trügen zur Entwicklung des Landes und seiner Wirtschaft bei. Deshalb sei es nur «gerecht», wenn sie in sämtlichen Bereichen des sozialen und politischen Lebens mittun könnten, als vollwertige Bürger mit allen Rechten und Pflichten, findet der Bischof.

«Kirche kennt keine Grenzen»

Lovey nimmt aber nicht nur als Schweizer Bürger, sondern auch als Bischof Stellung zur Vorlage. «Die Kirche kennt keine Grenzen», stellte er fest. Um dann auf die grosse Zahl ausländischer Katholiken zu verweisen, die genauso zur Kirche Schweiz gehörten wie diejenigen mit dem roten Pass. «Als Bischof befürworte ich jegliche Regelung, die auf Integration statt auf Ausschluss setzt.»

Innerhalb der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) ist Lovey für das Thema «Migration» zuständig. Die Konferenz beziehungsweise ihre Kommission Justitia et Pax hat sich bislang nicht zum Bundesbeschluss über die erleichterte Einbürgerung von Personen der dritten Ausländergeneration geäussert.

Zeichen von Anerkennung

Thomas Wallimann-Sasaki, Präsident ad interim von Justitia et Pax, ist bereit, als Sozialethiker Stellung zu beziehen. Der Theologe geht wie Lovey davon aus, dass die Ausländer der dritten Generation integriert sind und befürwortet die Vorlage. «Angehörige der dritten Ausländergeneration sind hier aufgewachsen und mit unserer Kultur vertraut», sagte Wallimann-Sasaki gegenüber kath.ch. Die Gesellschaft tue gut daran, ihnen Mitbestimmungsrechte zuzugestehen. «Das wäre ein Zeichen von Anerkennung. Diese Menschen tragen viel zur Gesellschaft in der Schweiz bei. Gleichwertigkeit zeigt sich auch darin, dass jemand Mitbestimmungsrechte hat.» Aus Sicht von Wallimann-Sasaki stärken Mitbestimmungsrechte auch das Zugehörigkeitsgefühl. Dieses wiederum fördert die Bereitschaft, die Schweiz mitzugestalten.

Gleichbehandlung im nationalen Verfahren eher garantiert

Bereits heute gibt es ein erleichtertes Einbürgerungsverfahren. In Anspruch nehmen können es Ehepartnerinnen und -partner von Schweizer Staatsangehörigen. Im Gegensatz zum Verfahren der ordentlichen Einbürgerung ist dafür der Bund zuständig. Wallimann-Sasaki ist der Meinung, das nationale Verfahren garantiere eher die Gleichbehandlung als das ordentliche Verfahren, für das in erster Linie Kantone und Gemeinden zuständig sind.

Dies ist für den Theologen ein wichtiger Grund, die Vorlage zu befürworten. «Das ordentliche Verfahren dauert erstens sehr lange. Zweitens sind die Gesuchsteller dort nicht vor Willkür gefeit.» Er schätze den Föderalismus in sehr vielen Bereichen. Aber bei der Einbürgerung sei die Gefahr der Ungleichbehandlung grösser, wenn auch Kanton und Gemeinde mitentscheiden könnten.

Böswillige Kampagne mit Burka-Plakaten

Seit dem 9. Januar bekämpft ein SVP-nahes Komitee die Vorlage mit Plakaten, auf denen eine oder mehrere schwarz gekleidete Burkaträgerinnen zu sehen sind. Der Slogan auf den Plakaten lautet «Unkontrolliert einbürgern? Nein zur erleichterten Einbürgerung». Wallimann-Sasaki wirft dem Komitee vor, damit «böswillig» und gezielt einen Keil zwischen die Menschen treiben zu wollen. Die Plakatkampagne hält er für kontraproduktiv. «Sie kann zur Radikalisierung von Einzelpersonen führen», befürchtet der Theologe.

Thomas Wallimann-Sasaki ist Leiter von «Ethik 22 – Institut für Sozialethik» (vormals Sozialinstitut KAB). Im Landrat des Kantons Nidwalden gehört er der gemeinsamen Fraktion der Grünen und der SP an.

 

 

Jean-Marie Lovey, Bischof von Sitten | © Barbara Ludwig
16. Januar 2017 | 12:06
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Schneller zum roten Pass

Die Vorlage, über die am 12. Februar abgestimmt wird, will das Einbürgerungsverfahren für junge Ausländer erleichtern, deren Grosseltern in die Schweiz eingewandert und deren Eltern hier aufgewachsen sind. Das Einbürgerungsverfahren, das sie heute durchlaufen müssen, sei lang und oft sehr aufwendig, heisst es in der Abstimmungsbroschüre.

Mit dem Bundesbeschluss über die erleichterte Einbürgerung von Personen der dritten Ausländergeneration schlagen National- und Ständerat eine neue Verfassungsbestimmung vor, die das ändern will. Das ordentliche Einbürgerungsverfahren ist in erster Linie Sache der Kantone und der Gemeinden. Neu soll nun der Bund die Kompetenz erhalten, junge Ausländerinnen und Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen erleichtert einzubürgern. Dies kann er bereits heute bei Ehepartnerinnen und -partnern von Schweizer Staatsangehörigen.

Integration wird vorausgesetzt

Vereinfacht werde nur das Verfahren, heisst es in der Broschüre. Die Integrationskriterien für die Einbürgerung hingegen bleiben unverändert. Wer sich einbürgern lassen will, muss gut integriert sein, eine Landessprache beherrschen, seine finanziellen Verpflichtungen einhalten und die Steuern bezahlen. Personen, die das vereinfachte Verfahren in Anspruch nehmen möchten, dürfen zudem höchstens 25 Jahre alt sein. (bal)