Bischof Joseph Bonnemain
Schweiz

Bischof Joseph Bonnemain wünscht sich ein «lebendiges und wagemutiges» Bistum

«Ich bin stolz auf unser Bistum», sagt Bischof Joseph Bonnemain (74) nach einem Arbeitstreffen zum synodalen Prozess in Einsiedeln. Ein Gespräch über die nächsten Schritte, die «Sagrada Familie» in Barcelona – und wann er sich mit Monika Schmid treffen wird.

Beate Laurenti

Sie haben in Einsiedeln einen Impuls gehalten. Was war Ihre zentrale Botschaft?

Bischof Joseph Maria Bonnemain*: Als Bistum gehen wir gemeinsam in dieselbe Richtung. Wir dürfen nicht als Individualisten handeln, sondern sollten uns geschwisterlich verhalten. Die Kirche Gottes ist für alle Menschen da. Das ist das, was Jesus Christus mit seiner Menschwerdung gewollt hat. 

Bischof Joseph Bonnemain predigt Mitte Oktober bei einer Diakonenweihe.
Bischof Joseph Bonnemain predigt Mitte Oktober bei einer Diakonenweihe.

Wie haben Sie den Tag in Einsiedeln wahrgenommen? 

Bonnemain: Der Tag hat mir grosse Freude bereitet. Ich habe erlebt, dass alle Beteiligten auf eine konstruktive Art und Weise gezeigt haben, dass sie bereit sind, diesen Weg als Bistum gemeinsam zu gehen – lebendig und wagemutig. Ich habe auch gesehen, dass die Ängste und Sorgen der Menschen ernstgenommen werden. Das hat mich sehr erfüllt.

Hearing zum synodalen Prozess im September 2022 in Luzern.
Hearing zum synodalen Prozess im September 2022 in Luzern.

Hat Ihnen im Laufe des Tages auch mal jemand widersprochen? 

Bonnemain: Nein, mir persönlich hat niemand widersprochen. Das war auch nicht Sinn und Zweck der Übung. Es ging darum, an den Vorlagen der Arbeitsgruppe weiter zu arbeiten.

Rudolf Vögele
Rudolf Vögele

Ihr Mitarbeiter Rudolf Vögele hat angekündigt, dass in einem Papier «konkrete Ziele und Massnahmen» formuliert werden, wie diese erreicht werden können…

Bonnemain: Es geht um Grundhaltungen und Handlungsoptionen, das steht in dem Papier. Heute ging es darum, es weiterzuentwickeln. Im Januar werden dann auch die staatskirchenrechtlichen Organe daran arbeiten. Am Schluss wird das Papier als Grundrichtung und Inspiration für das ganze Bistum veröffentlicht. 

Wo besteht denn noch der meiste Redebedarf?

Bonnemain: Es muss nicht geredet werden. Es geht vielmehr darum, dass wir alle lernen und umdenken. Auch ich sollte meine Überzeugungen und Vorstellungen nicht durchsetzen wollen. Deshalb bin ich bereit, die Meinungen und Überzeugungen der anderen zu beherzigen und sie ernst zu nehmen. Wir müssen einander zuhören, um herauszufinden, welche Kirche Gott im 21. Jahrhundert will.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Bonnemain: Auf unser Bistum.

Warten auf den Papst: In diesem Saal sprach Papst Franziskus mit frisch geweihten Bischöfen – darunter auch Bischof Joseph Bonnemain.
Warten auf den Papst: In diesem Saal sprach Papst Franziskus mit frisch geweihten Bischöfen – darunter auch Bischof Joseph Bonnemain.

Sie waren kürzlich in Rom bei einer Einführung für die neuen Bischöfe. Was genau haben Sie von Ihrer Rom-Reise heute in Einsiedeln erzählt?

Bonnemain: Grundlage für meinen Impuls war eine Videobotschaft von Papst Franziskus, die er vor kurzem veröffentlich hat. Darin spricht er über die Synodalität der Kirche. Diese Botschaft habe ich auch heute nach Einsiedeln getragen. 

Meinrad Furrer segnet ein lesbisches Paar in Zürich auf einer Regenbogenbank.
Meinrad Furrer segnet ein lesbisches Paar in Zürich auf einer Regenbogenbank.

Können Sie sich denn vorstellen, dass etwa gleichgeschlechtliche Paare allgemein gesegnet werden? 

Bonnemain: Ich habe immer gesagt, dass ich die Menschen ernstnehme. Eine solche Überlegung hängt immer von den Absichten, der Geschichte, den Umständen und der Lebenswirklichkeit des einzelnen Menschen ab. Solche Faktoren würde ich berücksichtigen. Eine pauschale Entscheidung werde ich aber nicht treffen.

«Ich habe gegen niemanden etwas unternommen.»

In Einsiedeln gab’s auch Raum für Pausengespräche. Hat Sie jemand kritisiert, weil Sie gegen Monika Schmid eine kanonische Voruntersuchung eingeleitet haben?

Bonnemain: Das stimmt nicht. Ich habe nichts gegen Monika Schmid unternommen. Ich habe eine kanonische Voruntersuchung eröffnet, um einen Sachverhalt zu prüfen. Es geht darum, genau festzustellen, was bei dem Abschiedsgottesdienst geschehen ist. Sobald die Ergebnisse dieser Untersuchung da sind, entscheide ich, ob weitere Schritte eingeleitet werden oder nicht. Aber ich habe gegen niemanden etwas unternommen. Es geht um die Prüfung eines Sachverhalts.

Von links Sarah Paciarelli (Frauenbund), Monika Schmid und Bischof Joseph Bonnemain.
Von links Sarah Paciarelli (Frauenbund), Monika Schmid und Bischof Joseph Bonnemain.

«Synodalität» heisst: gemeinsam gehen. Warum haben Sie nicht zuerst das Gespräch mit Monika Schmid gesucht, bevor Sie die kanonische Voruntersuchung beschlossen haben?

Bonnemain: Ich werde das Gespräch mit allen Beteiligten suchen, sobald der Sachverhalt objektiv geprüft wurde. Ich will so unabhängig wie möglich entscheiden. Hätte ich zuerst mit ihnen gesprochen, wäre ich befangen gewesen. 

Wurden Sie in Rom von anderen Bischöfen auf Monika Schmid angesprochen?

Bonnemain: Ja, von vielen. Das YouTube-Video wurde auf der ganzen Welt angeschaut. 

Was haben Sie den Bischöfen gesagt?

Bonnemain: Ich habe geantwortet, was Fakt ist: dass ich eine Voruntersuchung eingeleitet habe.

Noch immer unvollendet: Die "Sagrada Familia" in Barcelona
Noch immer unvollendet: Die "Sagrada Familia" in Barcelona

Letzte Woche waren Sie privat in Barcelona. Was fühlen Sie, wenn Sie in der Sagrada Familia stehen?

Bonnemain: Das ist ein gewaltiges Gefühl: Es ist, als stünde ich in einem architektonischen Urwald. Baumeister Gaudi hat es geschafft, die Sinfonie eines Urwaldes in Stein zu meisseln.

* Joseph Maria Bonnemain (74) ist Bischof von Chur. Am Dienstag hat er in Einsiedeln ein Treffen zum diözesanen synodalen Prozess geleitet.


Bischof Joseph Bonnemain | © Christian Merz
27. Oktober 2022 | 05:01
Lesezeit: ca. 3 Min.
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