Bischof Felix Gmür
Schweiz

Bischof Felix Gmür: «Der Rat der Religionen ist ein wichtiges politisches Bindeglied zur Landesregierung»

Der Bischof von Basel, Felix Gmür, ist neuer Vorsitzender des Rates der Religionen. «Friede unter den Religionen ist ein entscheidender Faktor ist für den Frieden in der Welt», sagt er über Hans Küngs Weltethos-Idee. Die russisch-orthodoxe Kirche ist im Rat nicht vertreten.

Raphael Rauch

Warum leiten Sie den Rat der Religionen?

Bischof Felix Gmür*: Der Rat führt verschiedene Religionsgemeinschaften regelmässig an einen Tisch und ist zusätzlich ein wichtiges politisches Bindeglied zur Landesregierung. Im Turnus bin ich jetzt für zwei Jahre Präsident.

Bischof Felix Gmür
Bischof Felix Gmür

Was würde fehlen, wenn es den Rat der Religionen nicht gäbe?

Gmür: Christentum, Judentum und Islam haben mit dem Rat eine gemeinsame Plattform der Verständigung, der Vertrauensbildung und des Austauschs. Der Fokus ist der Erhalt und die Förderung des religiösen Friedens. Ohne den Rat fehlte eine Plattform für gemeinsame Botschaften gegenüber Gesellschaft und Politik. Gerade in schwierigen Zeiten kann er zu gegenseitigem Verständnis beitragen.

Bundeshaus in Bern
Bundeshaus in Bern

Ein Learning der Corona-Pandemie lautet: Die Religionsgemeinschaften müssen in Bundesbern eine bessere Lobby-Arbeit machen. Was heisst das konkret für den Rat der Religionen?

Gmür: Der Kontakt zur Landesregierung war während der Pandemie anfänglich zwar schwach, dann aber intensiv. So wurden auch dank dem Rat der Religionen die Interessen der Religionsgemeinschaften wahrgenommen und passende Regeln gefunden.

Antisemitismus an einer Demo 2021 in Bern.
Antisemitismus an einer Demo 2021 in Bern.

In den letzten Jahren gab es zwei interne Kontroversen, als es um die Aufnahme einer islamischen und einer freikirchlichen Gruppierung ging, Stichwort: Antisemitismus, Verhältnis zu Israel. Wie konnten Sie die Wogen glätten?

Gmür: Es gab einen Austausch, durch den das Vertrauen wachsen konnte und der zu einer gegenseitigen Verständigung führte.

Der oberste Christkatholik Harald Rein auf dem Bundesplatz Bern
Der oberste Christkatholik Harald Rein auf dem Bundesplatz Bern

Was nehmen Sie sich konkret für Ihre Amtszeit vor?

Gmür: Ich habe das Glück, an die lange Amtszeit von Bischof Harald Rein anschliessen zu können. Wir müssen weiterhin das Gemeinsame unserer Religionsgemeinschaften betonen. Das ist auch gegenüber einer immer stärker säkularisierten und von Konfessionslosigkeit geprägten Gesellschaft ein wichtiges Zeichen, denn Religion ist relevant.

Hans Küng (links) mit Bischof Felix Gmür. Sie feierten 2011 das 165-jährige Bestehen des Schweizerischen Studentenvereins in Sursee.
Hans Küng (links) mit Bischof Felix Gmür. Sie feierten 2011 das 165-jährige Bestehen des Schweizerischen Studentenvereins in Sursee.

Hans Küng stammte aus Ihrem Bistum. Inwiefern prägt Sie der Weltethos-Gedanke?

Gmür: Ich teile seine Auffassung, dass der Friede unter den Religionen ein entscheidender Faktor ist für den Frieden in der Welt. Zudem können wir alle voneinander lernen.

Friedenstaube
Friedenstaube

Und was heisst es, die Weltethos-Idee im Rat der Religionen mit Leben zu füllen?

Gmür: Ich erlebe die Ratsmitglieder bereits heute in diesem Geist. Ein Ziel des Rats ist ja die Förderung und der Erhalt des religiösen Friedens. Das gilt auch für die Schweiz.

Die russisch-orthodoxe Auferstehungskirche in Zürich.
Die russisch-orthodoxe Auferstehungskirche in Zürich.

Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit der russisch-orthodoxen Kirche in der Schweiz?

Gmür: Der Rat der Religionen hat zu ihr keinen Kontakt.

Die serbisch-orthodoxe Kirche steht weniger im Schussfeld, auch wenn sie zum Teil mit Putin sympathisiert und gegen ein angebliches «Gayropa» Stimmung macht. Wie nehmen Sie die serbisch-orthodoxe Kirche in der Schweiz wahr?

Gmür: Im Rat ist sie nicht vertreten. Als Bischof von Basel stehe ich in losem, aber gutem Kontakt mit dem zuständigen Bischof, der in Wien residiert.

Papst Franziskus und Scheich Ahmed el-Tayeb in Kairo
Papst Franziskus und Scheich Ahmed el-Tayeb in Kairo

Was schätzen Sie besonders an der Enzyklika «Fratelli tutti»?

Gmür: Für die Aufgaben im Rat der Religionen sind für mich erstens der gegenseitige Respekt im Dialog wegleitend. Zweitens der Hinweis, dass das Bemühen um Geschwisterlichkeit «tutti» alle Menschen meint, besonders auch die Gebrechlichen und Schwachen. Und drittens die Mahnung, dass der Glaube an Gott praktische Konsequenzen im menschlichen Handeln zeitigt.

* Der Bischof von Basel, Felix Gmür (56), ist Präsident der Schweizer Bischofskonferenz. Der Rat der Religionen hat ihn für eine zweijährige Amtszeit 2023–2024 zum Vorsitzenden gewählt. Dieses Interview wurde schriftlich geführt.


Bischof Felix Gmür | © Christian Merz
1. Dezember 2022 | 06:32
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