Einige Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz bei einem Gottesdienst in Einsiedeln, 2019
Schweiz

Bischöfe wollen die ausgetretenen Feministinnen zum Gespräch einladen

Freiburg, 27.11.18 (kath.ch) Vor einer Woche sind sechs namhafte feministisch engagierte Frauen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Reaktionen seitens der Bischöfe gibt es dazu bislang keine. Eine Delegation der Schweizer Bischofskonferenz möchte aber das Gespräch mit den Frauen suchen, wie deren Sprecherin Encarnacion Berger-Lobato auf Anfrage mitteilte.

Sylvia Stam

Die sechs Frauen haben viele Reaktionen auf ihren medial verkündeten Austritt erhalten, die meisten davon positiv, wie eine Nachfrage ergibt. «Ich habe von sehr vielen Kolleginnen und auch Kollegen Mails erhalten, die meinen Austritt sehr bedauern, ihn aber nachvollziehen können», sagte die Theologin Doris Strahm auf Anfrage. Vielen von ihnen sei das Dilemma, ob sie bleiben oder gehen sollen, bekannt.

«Ich wurde an der Migroskasse und im Tram angesprochen.»

«Ich wurde an der Migroskasse und im Tram angesprochen», schreibt die ehemalige SP-Nationalrätin Ruth-Gaby Vermot auf Anfrage. Die Reaktionen seien sehr unterstützend gewesen, alle hätten die Begründung «hervorragend» gefunden. Kirchennahe Frauen hätten allerdings auch Trauer zum Ausdruck gebracht, fügt Cécile Bühlmann, ebenfalls ehemalige Nationalrätin, an.

Negative Reaktionen gab es offenbar deutlich weniger: Anne-Marie Holenstein, ehemalige Direktorin von Fastenopfer, erwähnt «zwei hämische, erniedrigende Kommentare von Männern», und Monika Stocker, ehemalige Nationalrätin und Stadträtin von Zürich, hat «vier böse» Reaktionen erhalten.

Für die Frauen ändert sich wenig

Die Frauen halten fest, dass sich für sie wenig ändert: «Die Verbundenheit mit Menschen, die sich für die Bewahrung der Schöpfung, für Gerechtigkeit, fürs gute Leben von Menschen – dazu gehören auch die Frauen – einsetzen, bleibt», schreibt die Theologin Regula Strobel. Diese Verbundenheit sei nicht an die Zugehörigkeit zu einer Kirche, Konfession oder Religion gebunden.

«Ich führe meine feministisch-theologische Arbeit weiter wie bisher», sagt auch Doris Strahm. Sie werde weiterhin bei der «IG Feministische Theologinnen», beim «Interreligiösen Think-Tank» sowie als Referentin und Publizistin tätig bleiben. «Daran ändert der Kirchenaustritt nichts.»

Zuständige Bischöfe reagierten nicht

Reaktionen seitens der zuständigen Bischöfe Felix Gmür und Vitus Huonder haben die sechs Frauen nicht erhalten. Eine solche haben sie allerdings auch nicht wirklich erwartet, wie sie schreiben. Dazu Regula Strobel: «In jedem Betrieb, in dem engagierte Mitarbeitende weggehen, würde die Geschäftsleitung nachfragen, was dazu geführt habe. Dass dies in der katholischen Kirche nicht gemacht wird, ist mir seit Jahrzehnten bekannt.»

Bischofskonferenz berät über Austritte

Dennoch beschäftigen die Austritte der Frauen die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) offenbar. Das Präsidium der SBK – dazu gehören Charles Morerod, Felix Gmür und Urban Federer – möchte sich allerdings nicht via die Medien dazu äussern, «sondern lieber das Gespräch mit ihnen suchen, wie es dies auch in anderen Fällen getan hat», sagt Mediensprecherin Encarnacion Berger-Lobato auf Anfrage. «Zu diesem Zweck wird eine Delegation der SBK die sechs Frauen gerne zu einem Gespräch einladen», stellt die Sprecherin in Aussicht.

«In jedem Betrieb würde die Geschäftsleitung nachfragen.»

Laut Hansruedi Huber, Sprecher des Basler Bischofs Felix Gmür, möchte die SBK sich an ihrer Vollversammlung, die am Montag begonnen hat, über die Austritte beraten. Daher sei es nicht möglich, diese zum jetzigen Zeitpunkt zu kommentieren, so Huber. Aus dem Bistum Chur kam keine Antwort auf eine entsprechende Anfrage.

Von den Kirchenvertretern wünscht sich Strobel «eine wirkliche, offene Auseinandersetzung mit den kirchenpolitischen Punkten, die wir seit Jahren kritisieren, sowie mit den theologischen Fragen, die wir aufgearbeitet haben». Hoffnung darauf hat sie allerdings wenig: Eine solche Reaktion «wäre eine schöne Überraschung, gehört wahrscheinlich aber ins Reich der Illusionen», so die Theologin.


Einige Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz bei einem Gottesdienst in Einsiedeln, 2019 | © Oliver Sittel
27. November 2018 | 11:30
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