Roberto Simona bei einem Vortrag in Zürich
Schweiz

Die Schweiz soll die Botschaft in Damaskus wieder öffnen

Zürich, 16.11.16 (kath.ch) Den eigenen Glauben frei leben – davon können viele Menschen weltweit nur träumen. Der neuste Bericht des katholischen Hilfswerks «Kirche in Not” zur Religionsfreiheit dokumentiert eine deutliche Zunahme der Verletzung dieses Menschenrechts seit 2014. Und er warnt vor den Folgen eines «islamistischen Hyper-Extremismus».

Barbara Ludwig

Weltweit seien 200 Millionen Christen diskriminiert, sagte Jan Probst, Geschäftsführer von «Kirche in Not» am Mittwoch bei der Präsentation der Studie in Zürich. Das katholische Hilfswerk fordere aber, dass die Religionsfreiheit aller Menschen respektiert werde, betonte er an dem von rund 50 Personen besuchten Anlass in der Wasserkirche. «Dieses Grundrecht ist nicht nur bei Christen bedroht.» Dies zeige der neuste Bericht von «Kirche in Not» in aller Deutlichkeit.

«Betrachtet man die Realität, könnte man an der Universalität dieses Menschenrechts zweifeln», sagte denn auch Roberto Simona, Experte für Islam und christliche Minderheiten und Mitglied des internationalen Redaktionsteams des Berichts. Mehr als fünf Milliarden Menschen weltweit kämen nicht vollumfänglich in den Genuss der Religionsfreiheit.

Afrika – «Ort der Toleranz und Offenheit»

Der Experte wollte dennoch nicht nur schwarzmalen. Afrika etwa bleibe – trotz aller Konflikte – ein «Ort der Toleranz und Offenheit». Dies gelte allerdings für viele der muslimisch geprägten Länder nicht. Eine Ausnahme davon stellten Mali und Senegal dar. «Dort herrscht eine Kultur, die die Religionsfreiheit respektiert.» Diese sei auch in den Verfassungen der beiden Länder verankert.

Religionsfreiheit ist aus Sicht von Simona die Frucht eines Prozesses, der Zeit braucht. Er ermunterte, sich für die Verbreitung dieses Menschenrechts einzusetzen und dafür zu werben. «Wir müssen die Leute auf den Geschmack bringen, diese Freiheit zu suchen.»

Schweizer Botschaft in Damaskus wieder öffnen

Am anschliessenden Podiumsgespräch wurde der Hilfswerkvertreter von der Zürcher CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer gefragt, wie Politiker die Religionsfreiheit fördern könnten. «Ich würde sofort die Schweizer Botschaft in Damaskus wieder öffnen, damit dort Politiker aus der Schweiz mit syrischen Bürgern, aber auch mit der Regierung, in einen Dialog über Menschenrechte treten können», antwortete Simona. Die Botschaft ist seit Ende Februar 2012 geschlossen.

Lage hat sich seit 2014 weltweit deutlich verschlechtert

Der «Bericht 2016 Religionsfreiheit weltweit» dokumentiert die Situation in 196 Ländern. Er legt Zeugnis ab von einer deutlichen Zunahme der Verletzung des Rechts auf Religions- und Glaubensfreiheit seit 2014, heisst es im Vorwort. In elf von 23 Ländern, die im Bericht von 2014 die obersten Tabellenplätze aufgrund ihrer «äusserst starken Verletzung» des Rechts auf Religionsfreiheit einnahmen, habe sich die Lage weiter verschlechtert. Dies treffe etwa auf Bangladesch, China und Eritrea zu.

In sieben anderen Ländern, darunter Afghanistan, Irak, Somalia und Syrien, sei die Situation bereits 2014 so dramatisch gewesen», dass sie sich kaum noch verschärfen konnte». 38 Ländern zeichnen sich durch «starke Verletzungen» des Rechts auf Religionsfreiheit aus. Dort gäbe es zum Beispiel diskriminierende Gesetze oder Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften würden entweder von der Regierung oder nichtstaatlichen Akteuren verfolgt.

«Islamistischer Hyper-Extremismus»

Einer der Gründe für die zunehmende Missachtung der Religionsfreiheit in den letzten zwei Jahren sei gewiss der «islamistische Aktivismus», heisst es im Vorwort weiter. Mindestens 20 Prozent aller Länder dieser Erde hätten ein oder mehrere Attentate erlitten, die sich an Ideologien islamistischer Extremisten inspirierten. Der Bericht warnt deshalb vor den Folgen eines «neuen Phänomens religiös-motivierter Gewalt», die er als «islamistischen Hyper-Extremismus» bezeichnet. In Teilen des Nahen Ostens, einschliesslich Irak und Syrien, eliminiere dieser Hyper-Extremismus alle Formen religiöser Vielfalt, schreibt das Hilfswerk in einer Dokumentation zum Bericht.

Hier kann der Bericht bestellt werden.

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Roberto Simona bei einem Vortrag in Zürich | © Barbara Ludwig
16. November 2016 | 15:46
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