Step by step - hinauf zum Kloster Einsiedeln
Schweiz

«Beobachter» wirft Abt Urban Federer Vertuschung vor

Im Kloster Einsiedeln soll ein Missbrauchstäter leben. Abt Urban Federer soll diesen geschützt und die Meldung des Falls nach Rom lange herausgezögert haben. Der «Beobachter» erhebt schwere Vorwürfe gegen das Mitglied der SBK.

Annalena Müller

Der Fall liegt mehr als ein halbes Jahrhundert zurück – und doch hat er Auswirkung bis heute. In den 1960-er Jahren soll ein Einsiedler Mönch mehrere Kinder missbraucht haben. Darunter Walter Gerzner (76), der im Waisenheim in Einsiedeln aufwuchs.

Wie der «Beobachter» aufdeckte: Der beschuldigte Mönch lebt heute noch im Kloster. Und Abt Urban soll sich lange gesträubt haben, eine kanonische Voruntersuchung einzuleiten, obwohl das Kirchenrecht dazu eindeutig ist. Damit steht ein weiteres SBK-Mitglied unter Vertuschungsverdacht.

Missbrauch im Heim

Walter Gerzner und seine sechs Geschwister kamen um 1950 in das Waisenhaus Einsiedeln, das damals von den Klosterfrauen aus Ingenbohl geleitet wurde. Kontakt mit dem Kloster Einsiedeln gab es gleichwohl. Die Mönche gaben Religionsunterricht, und die Kinder ministrierten im Kloster. Auch Gerzner war Ministrant.

Der Missbrauch begann laut Gerzner, als dieser acht Jahre alt war. Pater A. soll den Knaben an einem schulfreien Nachmittag ins Kloster beordert haben. «In seiner Kammer musste ich mich ausziehen und mich vor ihm hinknien. Er warf seine schwarze Kutte über mich und drückte meinen Kopf zwischen seine Beine. Ich wusste nicht, wohin mit meinen Händen, er zwang mich, seine Beine zu umklammern. Es war grauenhaft», zitiert der «Beobachter» den Betroffenen.

Schweigen aus Scham – Mauern aus Gewohnheit

Wie viele Missbrauchsbetroffene aus dieser Generation schweigt Walter Gerzner über das Erlebte. Erst in den letzten Jahren hat Gerzner die Kraft gefunden, sich der Vergangenheit zu stellen. Er wendet sich an Abt Urban.

Er will wissen, was aus seinem Peiniger geworden ist, ob es noch weitere Opfer unter den Waisenkindern gab, und ob das Kloster von den Übergriffen wusste. Denn Walter Gerzner erinnert sich, dass auch andere Kinder zu Pater A. aufs Zimmer mussten, so der «Beobachter».

Abt Urban Federer.
Abt Urban Federer.

Abt Urban antwortet Gerzner, drückt sein Bedauern aus, verweist ihn an eine Opferhilfestelle und teilt ihm mit, dass er keinen Pater dieses Namens kenne. Laut «Beobachter» stösst die abwehrende Reaktion des Abtes Gerzner in eine Krise. Nach einem Jahr wendet er sich an Otto Hostettler vom «Beobachter», der nicht erst seit dem Fall «Nussbaumer» über ein gewisses Renommee bei Missbrauchsbetroffenen verfügt.

Kirchenrecht ignoriert

Otto Hostettler kontaktiert den Abt und fragt, ob dieser den Fall nach Rom gemeldet hat. Da Gerzner damals minderjährig war, wäre der Abt dazu verpflichtet gewesen. Dieser soll zuerst abgewiegelt und darauf verwiesen haben, dass es dazu eine strafrechtliche Anzeige brauche.

Otto Hostettler ist Reporter beim «Beobachter»
Otto Hostettler ist Reporter beim «Beobachter»

Der «Beobachter» recherchiert und findet heraus, dass Pater A. noch lebt – und zwar im Kloster Einsiedeln. Konfrontiert mit dem Fund räumt Abt Urban Federer dies ein. Und auch, dass er den Fall derweil nach Rom gemeldet habe. Wie es zu der kirchenrechtlich falschen Einschätzung kam, bleibt offen. Fragen von kath.ch liess Abt Urban Federer bisher unbeantwortet.


Step by step – hinauf zum Kloster Einsiedeln | © Wolfgang Holz
14. März 2024 | 12:26
Lesezeit: ca. 2 Min.
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