Stände am Weltjugendtag in Olten – darunter die Ansprechbar (vorne rechts)
Schweiz

Begeisterung am nationalen Weltjugendtag – aber auch einschlägige Themensetzung

«Es ist Freude zu spüren», sagt eine Teilnehmerin über den nationalen Weltjugendtag. In Olten treffen sich am Wochenende junge Menschen bei Gottesdiensten, vor Ständen oder in Workshops. In einer Abtreibungsdiskussion wird Werbung für eine SVP-Initiative gemacht. Wer abtreibt, töte – auch nach einer Vergewaltigung, sagt die Workshopleiterin.

Jacqueline Straub

Rund um die Kirche St. Marien in Olten befinden sich an diesem Samstag junge Menschen. Sie sitzen in Zelten zusammen oder kommen an den Ständen miteinander ins Gespräch.

Beim Glücksrad von «Living Stones», die Kirchenführungen anbieten, kann man Schokolade gewinnen. Das Reuss-Institut in Luzern stellt seine neuen Module für die Gemeindebildung vor. Kirche in Not berichtet über die schwierige Lage von Christinnen und Christen in anderen Ländern. Neben Gottesdiensten und Lobpreis gibt es die Möglichkeit zu beichten.

«Eine schöne Gelegenheit, um andere junge Menschen im Glauben kennenzulernen.»

Regula Tschudi

Regula Tschudi (30) hat schon einige Weltjugendtage in der Schweiz besucht. «Es ist eine schöne Gelegenheit, um andere junge Menschen im Glauben kennenzulernen und Gott zu begegnen.»

Regula Tschudi
Regula Tschudi

Der Weltjugendtag zeigt ihr: Es gibt noch junge Menschen, die im Glauben unterwegs sind. Regula Tschudi wünscht sich, dass diese besser in die Pfarreien intergiert werden.

Bischof Joseph Maria Bonnemains Predigt am Freitagabend über den Heiligen Geist berührte sie. «Wenn wir auf den Heiligen Geist hören, finden wir einen gemeinsamen Weg.» Seine Worte motivieren sie, zu verstehen, wie andere denken.

Spaltung befürchtet

Den synodalen Weg verfolge sie nicht intensiv, sagt sie. Dennoch befürchtet sie, «dass es eine Spaltung geben könnte, weil sich die unterschiedlichen Lager nicht finden.»

Franz Zemp
Franz Zemp

Adoray-Mann kann «mit viel leben»

Franz Zemp (27) steht am Stand «Adoray» und kommt mit den Teilnehmenden ins Gespräch. Ihm gefällt es, dass der Weltjugendtag ein Ort der Interaktion ist. «Ich bin gespannt, wie Kirche sich transformieren kann», sagt er mit Blick auf den synodalen Prozess. «Ich kann mit viel leben.» Und er fügt hinzu: «Die Kirche ist grösser als die eigene Meinung.»

Am Weltjugendtag in Olten finden auch einige Workshops statt. So bietet Fastenaktion ein Klimagespräch an und mit der Theologischen Fakultät der Universität Luzern können Kerzen gestaltet werden.

Reklame für Maria 1.0 am Weltjugendtag in Olten
Reklame für Maria 1.0 am Weltjugendtag in Olten

Maria 1.0 schliesst Tür vor Medienleuten

Daneben gibt es aber auch Workshops mit Titeln wie «Sexualität nach Gottes Plan» und «Innere Heilung durch die Beichte». Auch Maria 1.0 bietet einen Workshop an. Medienschaffende werden direkt an der Türe abgefangen. Hier werde «Persönliches» besprochen. Da hätten Journalisten nichts zu suchen.

Maria 1.0 ist als Gegenbewegung zu Maria 2.0 in Deutschland entstanden. Inzwischen gibt es auch einen Schweizer Ableger. Die Initiative lehnt Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare ab und vertritt ein traditionelles Frauenbild. Sie sehen im Synodalen Weg in Deutschland einen «Frontalangriff» auf die Kirche und fordern ein Ende des kirchlichen Reformdialogs.

Tabitha Bender
Tabitha Bender

Einen Raum weiter findet der Workshop «Über Abtreibung sprechen» statt. 15 junge Frauen und ein Mann sind gekommen. Geleitet wird er von Tabitha Bender, Präsidentin von «Jugend für das Leben Schweiz».

«Unschuldiges Leben sollte man nicht töten.»

Tabitha Bender

Sie bezeichnet sich selbst als Aktivistin und geht regelmässig auf die Strasse, um Gebetskampagnen zu machen. «Unschuldiges Leben sollte man nicht töten», sagt die vierfache Mutter. Dennoch weiss sie, dass es nicht einfach ist, über Abtreibung zu sprechen.

«Für die meisten ist es okay abzutreiben», sagt eine Jugendliche. Für sie aber nicht. «Wie bringe ich die Leute zur Umkehr?», fragt eine andere Teilnehmerin. «Wir wissen nicht, was das Kind denkt», sagt sie und meint damit die befruchtete Eizelle.

Ja zum Kind nach Vergewaltigung

«Die Frau soll das Kind annehmen», ist ein weiteres Votum. Auch bei einer Vergewaltigung. Diese Haltung vertritt auch «Jugend für das Leben». Der Verein junger Lebensschützender bezeichnet Abtreibung als Töten eines Menschen.

Eine andere junge Frau würde nach einer Vergewaltigung abtreiben. Sie sagt, sie würde das sonst psychisch nicht «packen».

Zum Schluss des Workshops fragt Tabitha Bender: «Möchte ich, dass die Menschenrechte und Menschenwürde erhalten bleiben – oder nur die halbe Menschenwürde?» Und macht Werbung für die «Einmal-drüber-schlafen»-Initiative der SVP.

Maria Ammann
Maria Ammann

Von einem anderen Workshop kommt Maria Ammann (25). Sie ist Theologiestudentin der Universität Freiburg (Schweiz) und hat beim Weltjugendtag in Olten zwei Workshops angeboten. «Es ging ums Beten mit der Bibel – mit ignatianischem Know-how».

Theologiestudentin ist froh um synodalen Prozess

Sie ist froh, dass es den synodalen Prozess gibt. Denn Papst Franziskus gehe es um Zuhören. Sie erwartet keinen kirchenpolitischen Richtungswechsel, sie könnte nicht bei jeder Reform mitgehen. «Wir sind als Weltkirche unterwegs», sagt Maria Ammann.

Am Weltjugendtag gefällt ihr, wie in der Liturgie die Freude im Glauben sichtbar werde. Sie schwärmt über die lebendige Predigt von Abt Urban Federer. Für die Pfarreien wünscht sie sich, dass junge Menschen nach der Firmung weiter begleitet werden und es «Gefässe» gibt, wo sie sich austauschen können. Nach einem vollgepackten Tag mit vielen «guten» Gespräch in Olten sagt sie: «Es ist schön, dass Freude hier so spürbar ist.»

Westschweizer Gläubige bereiten sich auf Lissabon vor

Am Samstag haben sich rund 350 junge Gläubige aus der Westschweiz in der Abtei Saint-Maurice getroffen, wie cath.ch berichtet. Sie bereiteten sich dort auf das Weltjugendtreffen in Lissabon vor. In Workshops gab es Einführungen zur portugiesischen Sprache, Kultur und Geschichte. Zudem wurde die Pilgercharta vorgestellt. Das Dokument muss von allen Reisenden – sowie bei Minderjährigen von deren Eltern – unterschrieben werden. (cath.ch/rp)


Stände am Weltjugendtag in Olten – darunter die Ansprechbar (vorne rechts) | © Jacqueline Straub
14. Mai 2023 | 11:15
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