Baracke im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau
Schweiz

Auschwitz-Befreiung vor 70 Jahren: Schweizer Juden gedenken mit

Zürich/Prag, 27.1.15 (kath.ch) Vor 70 Jahren fand die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz statt. Weltweit gibt es dazu Gedenkenfeiern, auch im polnischen Auschwitz und im tschechischen Theresienstadt. Schweizer Juden gedenken mit. Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes SIG, berichtet aus Theresienstadt, wo er die Gedenkfeier mit 100 Holocaust-Überlebenden besuchte: «Das war sehr bewegend».

Regula Pfeifer

Der Gedenkanlass mit den Überlebenden in Prag ging Jonathan Kreutner nah und brachte ihn zum Nachdenken, wie er kurz danach berichtete. Er konnte kaum glauben, dass Befreiung erst 70 Jahre her ist. Und es stimmte ihn traurig, dass die Menschen in Europa nicht mehr aus der Geschichte gelernt hätten. Kreutner verwies auf den Terroranschlag auf einen jüdischen Supermarkt in Paris von Anfang Januar. «Man sollte sich klar werden, wie wichtig Freiheit ist und wieviel es bis heute braucht, um in Frieden und Freiheit leben zu können», so Kreutner.

Politische und jüdische Präsenz der Schweiz vor Ort

Der Generalsekretär weilt mit dem SiG-Präsidenten Herbert Winter am Gedenkanlass in Prag und Theresienstadt, die SIG-Vizepräsidentin Sabine Simkhovitch-Dreyfus in Auschwitz. Auch die offizielle Schweiz ist an beiden Grossanlässen hochrangig präsent: in Prag mit dem Nationalratspräsidenten Stéphane Rossini, in Auschwitz mit Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. «Ein wichtiges Zeichen», findet Kreutner. «Viele Flüchtlinge konnten ja damals in die Schweiz einreisen, andere hatten dieses Glück nicht.» Auch Kreutners inzwischen verstorbene Grosseltern waren unter den Glücklichen. In der Generation der Urgrosseltern beklagt er hingegen sechs Holocaust-Opfer. Ihrer gedenkt er immer wieder, besonders an einem Erinnerungstag wie heute. Und da ist er nicht der einzige. Die Erinnerung an den Holocaust präge das jüdische Selbstverständnis, so Kreutner. Der SIG hat ein Video mit zwei Schweizer Holocaust-Überlebenden produziert.

Gedenken in Luzern

Auch in der Schweiz finden Gedenkanlässe statt, in jüdischen Gemeinden, aber auch an öffentlichen Orten. In der Luzerner Kornhütte treten heute Abend Prominente auf: unter anderem Altbundesrätin Elisabeth Kopp, US-Botschafterin Suzan LeVine und EU-Botschafter Richard Jones. Dies im Rahmen der Besa-Ausstellung, welche die Solidarität der Albaner mit den Juden in der Zeit des Nationalsozialismus thematisiert. Und im Historischen Museum Luzern spricht der Holocaust-Überlebende André Sirtes über den Schweizer Diplomaten Carl Lutz und dessen Zivilcourage zur Zeit des Holocaust. Die Wanderausstellung über Carl Lutz dauert bis 1. März  2015

Auch in den Schulen ist der Holocaust womöglich ein Thema. «Man muss immer wieder daran erinnern. Gedenktage wie die jener an die Befreiung von Auschwitz sind dazu geeignet, das Thema in der Schule zu aktualisieren», sagte der Zentralpräsident des Dachverbandes Lehrinnen und Lehrer Schweiz (LCH), Beat W. Zemp, auf Anfrage. In den Mittel- und Berufsschulen werde der Holocaust in den Fächern Geschichte und Deutsch behandelt. Bei den Schülern werde der Holocaust «nicht verdrängt». Er habe aber nicht den Stellenwert wie in Deutschland, von dem der Holocaust ausging. Es liege in der Verantwortung der Lehrer und Lehrerinnen, wie sie das Thema behandeln. (rp/gs)

Baracke im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau | © Andrea Krogmann
27. Januar 2015 | 16:44
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Papst twittert zum Holocaust-Gedenktag

Papst Franziskus hat mit einer Botschaft auf seinem Twitter-Account @Pontifex_de an den Holocaust-Gedenktag erinnert. «Auschwitz schreit den Schmerz unermesslichen Leids hinaus und ruft nach einer Zukunft in Respekt, Frieden und der Begegnung der Völker». – Das NS-deutsche Vernichtungslager war am 27. Januar 1945 von der Roten Armee befreit worden. (kap)