Helena Jeppesen-Spuhler hat keine klerikalen Berühungsängste - und wird auf "X" angefeindet.
Schweiz

Apocalypse Now: Traditionalisten hetzen auf «X» gegen Helena Jeppesen-Spuhler

Die Schweizerin Helena Jeppesen-Spuhler ist eine von 80 Nicht-Geweihten, die im Oktober an der Weltsynode in Rom stimmberechtigt ist. Nun machen Traditionalisten auf «X» – vormals Twitter – Stimmung gegen Jeppesen-Spuhler. Sie beschimpfen sie als Ketzerin und wünschen ihr den Tod. Was ist hier los?

Annalena Müller

Der Post von Diane Montagna auf der Plattform «X» wirkt harmlos. Die Vatikan-Korrespondentin des konservativen Catholic Herald hat ein Interview mit Jeppesen-Spuhler ins Englische übersetzt und es am 14. August gepostet. Das Interview ist Anfang März im Zürcher forum Pfarrblatt erschienen.

In Social Media entscheidet oft die Bubble, in der ein Post erscheint, über dessen Wirkmächtigkeit. Die «X»-Bubble von Diane Montagna reicht von traditionell bis fundamentalistisch. Und sie sieht in den Reformforderungen progressiver Katholikinnen wie Jeppesen-Spuhler Teufelswerk. «Apocalypse Now» sozusagen. Und die gilt es zu bekämpfen.

Wirbel um ein altes Interview

In dem Interview, das einen Monat nach Ende der Kontinentalsynode in Prag (5.-9. Februar) erschienen ist, gibt die Schweizerin ihre Eindrücke aus Prag wieder. Ausserdem drückt sie ihren Wunsch nach Inklusion von LGTBQIA+ Personen und Frauenordination aus. Für ein Schweizer Publikum findet sich in dem Interview wenig Neues. Und auch das Aufregungs-Potential ist hierzulande überschaubar, da Jeppesen-Spuhler schlicht die Anliegen des Schweizer Synodalberichts wiedergibt.

«Athan» fragt sich, warum Gott böse Menschen leben lässt und die guten zu sich ruft.

Anders sieht es für die Followerschaft von Diane Montagna aus. Bis Donnerstagmorgen wurde das übersetzte Interview mehr als 75’500 Mal angezeigt. Die Kommentare unter dem Post sind fast allesamt feindselig. Bezeichnungen wie «Ketzerin» und «Abtrünnige» gehören zu den harmloseren. Radikalere Internettrolle verdächtigen Jeppesen-Spuhler, mit dem Teufel im Bunde zu stehen oder fragen sich gar, warum Gott sie leben lasse.

«Mit dem Teufel im Bunde» und «Betrug an der Kirche, für den der Papst sich wird verantworten müssen».

Gegen Laien, Frauen und Synode

Andere Nutzer – es sind auffällig viele Männer – kritisieren die Synode als Solches und fragen sich, ob nur «Feinde Gottes» daran teilnähmen.

Alles «Feinde der Kirche»?

Wieder andere fürchten ein Schisma oder glauben, dass die Kirche zur «Anti-Christen-Kirche» werde, falls Frauen Zugang zu den Ämtern gewährt wird.

Anti-christliche Kirche oder Kirche des Antichristen?

Ob ihrer Einfalt entbehren manche der antisynodalen Kommentare nicht einer gewissen Komik. So ist «Fredx» überzeugt, dass nur homosexuelle Aktivisten zur Synode eingeladen wurden und die Synode deswegen Homosexualität propagiere.

Und homosexuell sind die Synodalisten und Synodalistinnen sowieso…

Jeppesen-Spuhler nicht überrascht

Gegenüber kath.ch zeigt sich Helena Jeppesen-Spuhler nicht «wirklich überrascht». Sie sagt, sie habe am Dienstag «X» auf dem Handy geöffnet und zahlreiche Mitteilungen erhalten. Ihr erster Gedanke sei gewesen: «Jetzt haben sie mich auf den Radar genommen».

Mit «sie» meint Jeppesen-Spuhler Traditionalisten und Traditionalistinnen. Dass diese gehässig auf ihre Forderungen reagieren würden, sei «ein Stückweit zu erwarten gewesen.» Aber manche der Kommentare gingen deutlich zu weit. Jeppesen-Spuhler überlegt sich, dagegen vorzugehen.

Konservative Journalistin

Wer aber ist die die Journalistin, die sich die Mühe gemacht hat, das Interview zu übersetzen? kath.ch erreicht Diane Montagna per WhatsApp. Montagna beschreibt sich selbst als «traditionelle Katholikin». Helena Jeppesen-Spuhler sei ihr während der Pressekonferenz zur Vorstellung des Arbeitsdokuments aufgefallen. In der Folge hätte sie etwas recherchiert und sei auf das Interview gestossen, welches sie übersetzt habe.

Montagna und Jeppesen-Spuhler haben diametral unterschiedliche Vorstellungen von Kirche. Am 15. August hat Montagna ein zweites Interview mit Helena Jeppesen-Spuhler auf «X» gestellt. In dem Gespräch mit kath.ch kritisierte Jeppesen-Spuhler «das abschätzige Verhalten und die Frage der sehr traditionalistischen Journalistin an der Pressekonferenz» zur Vorstellung des Arbeitsdokuments. Die «sehr traditionalistische Journalistin»: Diane Montagna.


Helena Jeppesen-Spuhler hat keine klerikalen Berühungsängste – und wird auf «X» angefeindet. | © Christian Merz
17. August 2023 | 12:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!