Angst unter Christen im Libanon vor zunehmender Islamisierung

Linz/Beirut, 6.5.16 (kath.ch) Zum verstärkten Einsatz für die Christen im Nahen Osten hat der Obmann der «Initiative Christlicher Orient» (ICO), Slawomir Dadas, aufgerufen. In der «Kirchen Zeitung» der Diözese Linz (aktuelle Ausgabe) zog der ICO-Obmann und Generaldechant der Diözese Linz Bilanz nach seinem jüngsten Besuch im Libanon.

«Mir ist bei der Reise wieder sehr deutlich die Mitverantwortung bewusst geworden, die wir für die Christen und die Menschen im Libanon haben», so Dadas im Beitrag der «Kirchen Zeitung». Er berichtete von einer weit verbreiteten Angst unter Christen vor einer zunehmenden Islamisierung des Libanon.

Brennpunkt der Konflikte

Im Libanon kämen sämtliche Konflikte des Nahen Ostens geballt zusammen: der Konflikt mit Israel und die daraus folgenden rund 400’000 palästinensischen Flüchtlinge, die im Libanon leben, die Spannung zwischen der radikal schiitischen Hisbollah und den Sunniten, die unklare Rolle der Religion im Staat und natürlich der Krieg in Syrien. Rund 1,3 Millionen Syrer seien im Libanon als Flüchtlinge registriert, es dürften aber 2 Millionen sein – bei knapp 6 Millionen eigenen Bewohnern, berichtete Dadas.

Der ICO-Obmann besuchte im Libanon vor allem christliche Gemeinden, um sich ein Bild von der Lage der einheimischen christlichen Bevölkerung zu machen. Die Christen würden mit Sorge und oftmals mit Angst in die Zukunft schauen, so Dadas. In den Jahren seit Beendigung des libanesischen Bürgerkriegs im Jahr 1990 habe das Zusammenleben mit den Muslimen wieder funktioniert. Doch fast 2 Millionen syrische Flüchtlinge – die meisten Muslime – würden das mühsam erreichte Gleichgewicht wieder gefährlich zum Wanken bringen. Viele Christen seien in den letzten Jahren emigriert, weil sie zu wenig Vertrauen in die Stabilität ihrer Heimat hätten.

In den Gesprächen mit Priestern sei für ihn die Spannung deutlich zu spüren, so Dadas: «Die Kirche setzt sich für ihre Gläubigen ein, um ihnen durch Schule und Studium eine Zukunft im Land zu geben. Gleichzeitig können die grössten Optimisten ihre Angst vor einer drohenden Islamisierung des Libanon nicht leugnen.»

Auch viel Einsatz für Flüchtlinge

Man treffe aber auch auf viele Gruppen und Ordensgemeinschaften, die sich für Flüchtlinge einsetzen – unabhängig von jeder Religionszugehörigkeit. Vor allem viele Ordensfrauen gingen voran und öffneten, oft unterstützt von der Caritas, ihre Schulen, Kinderkrippen und Sozialzentren, so Dadas.

Die ICO ist im gesamten Nahen Osten aktiv und versucht durch kleine Hilfsprojekte den einheimischen Christen eine Zukunft in ihrer Heimat zu sichern. Dabei hat in den vergangenen Jahren die Flüchtlingshilfe vor Ort immer mehr zugenommen. Insgesamt wurden von der ICO im Jahr 2015 mehr als 50 Projekte mit fast 400’000 Euro unterstützt. Projektschwerpunkte bei der Flüchtlingshilfe waren Syrien und der Nordirak, der Rest der Flüchtlingshilfe ging in den Libanon. (kap)

6. Mai 2016 | 10:20
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