Agnell Rickenmann
Schweiz

Agnell Rickenmann: «Manchmal werden Berufseinsteiger als willkommene Arbeitserlediger gesehen»

In der Pastoral wartet auf Theologinnen und Theologen nicht nur Seelsorge – sondern auch viele administrative Arbeit. Diese «Belastung ist ein Thema» in der Ausbildung, sagt der Luzerner Regens Agnell Rickenmann. Das Hauptaugenmerk sollte dennoch bei den Menschen vor Ort liegen.

Jacqueline Straub

Wer heute in die Pastoral geht, muss nicht nur theologisches Wissen und seelsorgerliche Fähigkeiten haben, sondern auch Skills im Management, der Organisation und Administration. Welche dieser Kompetenzen erlernen Theologen und Theologinnen in der Ausbildung zu Seelsorgenden?

Agnell Rickenmann: In der Studienbegleitung gibt es Elemente zu den verschiedenen Rollen, die unterschiedliche Personen in der Pastoral innehaben. Wir sprechen aber auch über Finanzen. Zudem haben wir einen Studientag zur Persönlichkeitsentwicklung, der auch die Ebene Organisation, Arbeit und Effizienz anspricht.

«Die eigentlichen Skills dazu werden in der Berufseinführung geliefert.»

Liegt der Fokus der Studienbegleitung auf organisations- und prozessorientierten Elementen?

Rickenmann: Nicht direkt, denn er zielt zuerst auf menschliche, spirituelle und ganzheitliche Kompetenzen. Dies ist aber wie eine Vorbereitung auf die Berufseinführung zu sehen.

Inwiefern?

Rickenmann: Die eigentlichen Skills dazu werden in der Berufseinführung geliefert. Im Modul Arbeitsorganisation und Zeitmanagement, im Modul Zusammenarbeit und Leitungsverantwortung. Dazu kommt das Modul Identitätsfindung im kirchlichen Dienst, wo auch Arbeitsbelastung, Einsatz, Pflicht und Kür thematisiert werden. Dabei geht es auch darum, sich durch Grenzsetzung Freiräume zu schaffen.

Alles ist bereit für den Gottesdienst.
Alles ist bereit für den Gottesdienst.

Starten die Studierenden die Ausbildung nicht deswegen, weil sie in der Seelsorge seelsorgerlich tätig sein wollen?

Rickenmann: Ja, unsere Studierenden möchten zuallermeist zuerst Seelsorgende werden. Sie werden in der praktischen Erfahrung aber relativ schnell mit der administrativen Belastung konfrontiert und es wird ihnen bewusst, dass dies ein Element sein wird, mit dem sie sich auseinandersetzen müssen.

Ist die administrative Belastung Thema in den Gesprächen mit den Studierenden?

Rickenmann: Die administrative Arbeit und ihre Belastung ist vor allem in der Berufseinführung ein Thema. Ich muss immer wieder anmahnen, dass neben aller administrativer Arbeit das Hauptaugenmerk aber auf dem Leben mit den Menschen, Besuchen, Gesprächen und dem Austausch liegen soll. Manchmal werden gerade Berufseinsteiger vor allem als willkommene Arbeitserlediger und Arbeitserledigerinnen gesehen.

«Administrative Arbeit kann als Arbeit eine gute Dynamik haben.»

Was kann Abhilfe verschaffen?

Rickenmann: Administrative Arbeit kann als Arbeit eine gute Dynamik haben, wenn sie zielführend ist und es muss nicht immer so sein, wie der ehemalige Generalvikar von München einmal schrieb: «Lieber Gott, zwischen Dir und mir ist zu viel Papier» – oder heute wohl eher «zu viel Bildschirm».

Haben Sie es schon erlebt, dass die Aufgaben in der Administration Studierende abgeschreckt haben, in die Seelsorge einzusteigen?

Rickenmann: Das gibt es, ja.

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Was müsste geschehen, damit Seelsorgende mehr Seelsorge machen können und weniger mit Organisatorischem beschäftigt sind?

Rickenmann: Wir Seelsorgenden sollten uns selbst sagen: meine erste Verantwortung sind und bleiben die Menschen und Gott, aus Verantwortung dem Evangelium und der Kirche gegenüber. Daher: so viel Direktkontakt mit den Leuten wie möglich, so wenig Administratives wie nötig. Und wenn ich delegieren kann – nicht aus Faulheit – sondern um Menschen zu implizieren, dann geschieht auch einiges an Entlastung.

* Agnell Rickenmann (60) Regens des Priesterseminars St. Beat in Luzern. Er ist für die Ausbildung der Studierenden, die in der Pastoral tätig sein wollen, zuständig.


Agnell Rickenmann | © zVg
13. Mai 2024 | 15:00
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