Bibellektüre
Schweiz

«Adam wurde nicht aus der Bibel entfernt»

Luzern/Zürich, 11.12.17 (kath.ch) Die Empörung war gross. Adam sei aus der katholischen Einheitsübersetzung verschwunden. Dafür stehe jetzt «Mensch». Das berichtete die Zeitung «Blick» am Wochenende. Dass die revidierte Einheitsübersetzung schon 2016 herausgegeben wurde, wie kath.ch damals berichtete, ging beim Ärger wohl unter. Die Alttestamentlerin Veronika Bachmann erklärt, was von den Vorwürfen im «Blick» zu halten ist.

Bei seriösen Bibelübersetzungen geht es laut Bachmann immer wieder um die Frage, wie sich der Bibeltext «möglichst angemessen in die Zielsprache übertragen lässt». Bei Übersetzungen sollte «vor jedem Jubelruf oder Empörungsschrei» zuerst die Rückfrage gestellt werden: «Was hat wohl zu dieser Änderung bewogen?»

«Man hat nur genauer hingeschaut.»

Wenn die aktuelle Version der Einheitsübersetzung bei der Paradieserzählung vom Menschen statt von Adam spricht, hat das laut Bachmann mit der ursprünglichen hebräischen Fassung zu tun. Die Dozentin für Altes Testament am Religionspädagogischen Institut in Luzern erläutert, warum man nicht sagen kann, Adam sei weggestrichen worden.

Alttestamentlerin Veronika Bachmann | © zVg

«Man hat nur genauer hingeschaut und präziser übersetzt», sagte sie gegenüber kath.ch. Das hebräische Wort «adam» stehe in der Paradieserzählung konsequent mit Artikel. Wörtlich bedeute das «der Erdling», so Bachmann. Werde Adam als Eigenname benutzt, wie zum Beispiel am Ende des vierten Genesisbuchkapitels, stehe das Wort ohne Artikel. Bachmann gefällt die Revision. «Ich mag Übersetzungen, die der Leserschaft auch etwas von den sprachlichen Eigenheiten der Originalsprache zumuten.»

Gendergerechter, aber noch optimierbar

Für Bachmann ist die jetzige Einheitsübersetzung etwas gendergerechter, sie sei in diesem Hinblick jedoch immer noch optimierbar. Ein positives Beispiel sei der Römerbrief im Neuen Testament (Kapitel 16, Vers 7). Ursprünglich habe Paulus einen Mann und eine Frau, Andronikus und Junia, als Apostel angesprochen, so Bachmann. In der alten Version stand jedoch statt Junia der Männername Junias.

Es ist kein «Gendergaga hoch zwei»

Heute ist laut Bachmann aber klar: «In der Antike gab es den Männernamen Junias nicht.» Erst spätere Theologen hätten aus Junia einen Junias gemacht, da man sich nicht vorstellen konnte, dass Paulus eine Frau zum Apostelkreis gezählt hat. Auch da also, wie bei Adam und Mensch, wurde auf eine ursprünglichere Form zurückgegriffen und nicht einfach «Gendergaga hoch zwei» betrieben, wie sich Niklaus Herzog gegenüber «Blick» äusserte. (rp/ft)

 


Bibellektüre | © pixabay.com
11. Dezember 2017 | 16:17
Lesezeit: ca. 1 Min.
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Neue Einheitsübersetzung

Bei der neuen Einheitsübersetzung (EÜ) handelt es sich um eine Revision, nicht um eine Neu-Übersetzung. Der bisherige Text aus dem Jahr 1979 wurde nach folgenden Kriterien überarbeitet: Einarbeiten neuer Erkenntnisse der Bibelforschung, Anpassen der Sprache an heutiges Deutsch, grössere Treue zum griechischen und hebräischen Originaltext, Anpassen zeitbedingter Ausdrücke und Redewendungen. Dabei sollte die alte EÜ im Wesentlichen erhalten und erkennbar bleiben.

Die neue EÜ wird für die Gottesdienste verbindlich sein. Die in den Gottesdiensten verwendeten Bücher (Lektionare) werden ab 2018 schrittweise mit dem Text der neuen EÜ herauskommen.

Herausgeber der neuen EÜ sind die Bischofskonferenzen der Schweiz (SBK), Deutschlands (DBK) und Österreichs, die Erzbischöfe von Strassburg, Luxemburg, Vaduz sowie die Bischöfe von Bozen und Lüttich. Die SBK hat die Vorschläge des Leitungsgremiums zur Revision gutgeheissen. An der Herbstversammlung der DBK vom September 2016 wurde sie erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, im Dezember 2016 ist sie auf dem Buchmarkt erschienen. Das Vorwort wurde von DBK-Präsident Kardinal Reinhard Marx verfasst, SBK-Präsident Charles Morerod hat es mitunterzeichnet. (sys)