Kardinal Kurt Koch
Vatikan

Historischer Kirchengipfel auf Kuba – Ökumeneminister Kurt Koch dabei

Rom, 5.2.16 (kath.ch) Seit 30 Jahren ist ein Gipfeltreffen von römischem Papst und Moskauer Patriarchen immer wieder im Gespräch. Mehrmals gab es Geheimplanungen zu solchen Begegnungen, die jedoch stets im letzten Moment platzten. Jetzt kommt der Gipfel endlich zustande: am 12. Februar in Kuba. Patriarch Kyrill hält sich dort zu einem offiziellen Besuch auf, und Papst Franziskus macht einen Zwischenstopp auf dem Weg zu seinem Pastoralbesuch nach Mexiko.

Johannes Schidelko

Das historische Kirchentreffen, das am Freitag, 12. Februar, um 12.10 Uhr gleichzeitig im Vatikan und in Moskau angekündigt wurde, soll gerade drei Stunden dauern. Kyrill begibt sich zum José-Marti-Flughafen von Havanna, wo der Papst gegen 14 Uhr Ortszeit aus Rom kommend einschwebt. Nach einem protokollarischen Empfang durch Staatschef Raul Castro ziehen sich Franziskus und Kyrill zunächst zu einem «privaten Gespräch» in einem Flughafengebäude zurück, für das rund zwei Stunden veranschlagt sind.

Kurt Koch wird Erklärung unterschreiben

Danach begeben sie sich in einen Nebenraum, wo sie in Anwesenheit der vatikanischen wie der Moskauer Delegation eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen. Dazu gehören für den Heiligen Stuhl der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch und für die Orthodoxie Metropolit Hilarion, der Moskauer Aussenamtschef. Nach einem kurzen erneuten Treffen mit Castro verabschieden sich die Kirchenführer. Franziskus setzt seinen Weiterflug nach Mexiko fort, wo er zum geplanten Zeitpunkt eintrifft.

Ein Treffen des Papstes mit dem Moskauer Patriarchen schien bislang in unerreichbarer Ferne. Im Prinzip sei eine Begegnung denkbar, hiess es auf beiden Seiten. Aber Moskau betonte, dass zunächst eine Reihe von offenen Problemen gelöst werden müsste. Daher seien die Vorbereitung und der Weg zu einem solchen Treffen hin viel wichtiger als das Datum selber, lautete die Sprachregelung.

Franziskus war seit seinem Pontifikatsbeginn dem Moskauer Patriarchat mehrfach verbal entgegengekommen: Er sei zu einem Treffen mit Kyrill an jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit bereit, betonte er. Und so hiess es auch seit einiger Zeit, eine Begegnung sei jetzt eher möglich, als noch im Pontifikat von Johannes Paul II. Damals galt auch dessen polnische Herkunft angesichts der russisch-polnischen Verstimmungen als ein Hinderungsgrund.

Vorwurf «aggressiver katholische Missionsarbeit»

Problem Nummer eins zwischen Rom und Moskau war dabei die Lage der unierten Kirche in der Ukraine. Nach ihrer Auflösung unter Stalin war sie nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion wieder an die Öffentlichkeit getreten und forderte alte Rechte und alten Besitz auch von der Orthodoxie zurück. Dann sah Moskau in der Errichtung von vier katholischen Diözesen in Russland im Jahr 2002 einen Affront. Der Vorwurf des Proselytismus, einer unökumenischen und aggressiven katholischen Missionsarbeit auf traditionell orthodoxem Territorium, stand offen im Raum.

Nur mit Mühe und in intensiven Gesprächen insbesondere durch die Kurienkardinäle Walter Kasper und Kurt Koch wurden die Vorbehalte ein Stückweit ausgeräumt. Dann ergaben sich aber auch Probleme im katholisch-orthodoxen Dialog. Die Vertreter Moskaus klinkten sich aus prinzipiellen theologischen Bedenken aus der internationalen Dialogkommission aus.

Neues Ökumene-verständnis von Papst Franziskus

Dass eine Begegnung zwischen Franziskus und Kyrill jetzt zustande kommt, dürfte auch mit dem Ökumene-Verständnis des Papstes zu tun haben. Für Franziskus stehen menschliche Begegnung, Freundschaft und Verständnis aber auch praktische Zusammenarbeit für die grossen Menschheitsfragen wie Frieden, Gerechtigkeit oder Bewahrung der Schöpfung stärker im Vordergrund als theologische Dispute. Das gemeinsame Schlussdokument von Havanna wird Aufschluss darüber geben, auf welcher Grundlage die Begegnung nun zustande kommt.

Denn Treffen der Päpste mit orthodoxen Patriarchen sind eigentlich keine Sensation. Schon 1964 trafen sich Paul VI. und Athenagoras in Jerusalem, in Konstantinopel und Rom. Bei Auslandsreisen kamen Päpste mit orthodoxen Kirchenoberhäuptern von Rumänien und Jerusalem, von Griechenland oder Georgien zusammen. Zu Moskau, der zahlenmässig grössten und wichtigsten orthodoxen Kirche, bestanden freilich immer ganz besondere Beziehungen. Nachdem hier – nach langen Vorbereitungen, wie der Vatikan betonte – ein Brückenschlag erfolgt ist, ist durchaus mit weiterer Bewegung in der Ökumene zu rechnen. Und im Juni kommen ja auch die orthodoxen Kirchen erstmals seit langem zu einem «panorthodoxen Konzil» zusammen. (cic)

 

Kardinal Kurt Koch | © Oliver Sittel
5. Februar 2016 | 14:57
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