Sitzung des Katholischen Kollegiums mit Wahlen und Finanzvorlagen

Verabschiedung mit Standing Ovations

Neuwahlen mit Wehmut: Im Mittelpunkt der Sitzung des Katholischen Kollegiums vom Dienstag standen die Wahlgeschäfte und die Verabschiedungen. Die Sachgeschäfte passierten rasch.

Ungewohnt an einer Sitzung des «Parlaments der St. Galler Katholiken»: Standing Ovation. Und zwar für die zwei auf Ende Jahr zurücktretenden Mitglieder des Administrationsrates, Präsident Hardy Notter und Vizepräsident Erwin Pfister. Der abtretende Präsident des katholischen Kollegiums, Walter Pfister, Gossau, lobte ihre «grossen und grossartigen Leistungen zum Wohle des Konfessionsteils».

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Erwin Pfister gehörte dem Administrationsrat 20 Jahre lang an; allein 19 Jahre war er im Schulrat der Katholischen Kantonssekundarschule, wovon neun Jahre als Präsident. Hardy Notter hatte zwölf «reichbefrachtete Amtsjahre»; er sei in dieser Zeit «das juristische Gewissen des Konfessionsteils» gewesen, würdigte ihn Walter Pfister, der im Laufe der Sitzung neu in den Administrationsrat gewählt wurde. Zweites neues Mitglied wurde Elisabetta Rickli-Pedrazzini, Familienfrau/Lehrerin, St. Gallen, Vizepräsidentin des Katholischen Frauenbundes St. Gallen-Appenzell, aber nicht Mitglied des Katholischen Kollegiums. Damit gehören dem Administrationsrat, der sieben Mitglieder zählt, nun drei Frauen an.

Weitere Wahlen

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Zwischen dem neuen Präsident des Katholischen Kollegiums, Walter Morger, Rieden, und dem neuen Vizepräsidenten Georges Marquart, Wangs, liegt fast eine Generation. Morger, seit 54 Jahren im kirchlichen Dienst mit Beginn als Ministrant, wie er sagte, ist Jahrgang 1944, Marquart genau 20 Jahre jünger.
Neue Stimmenzähler wurden: Luzia Aschwanden, Au, Felix Hess, Ganterschwil, und Christa Rohner-Grüninger, Arnegg. Sie bilden mit Präsident und Vizepräsident das Büro.

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Die fünf verbleibenden Mitglieder des Administrationsrates wurden bei 173 eingegangenen Wahlzetteln mit Stimmenzahlen zwischen 172 und 165 gewählt: Hans Brändle, Flawil, Josef Grünenfelder, Wangs, Margrit Stadler-Egli, Bazenheid, Maria Trochsler-Olibet, Thal, und Hans Wüst, Schmerikon, der gleichzeitig zum neuen Präsidenten avancierte.
Neu nehmen Einsitz in der Geschäftsprüfungskommission: Fridolin Eberle, Bad Ragaz, Bruno Gemperle, Bütschwil, Barbara Hächler, St. Gallen, sowie Kurt Sieber, Rebstein. Die drei Bisherigen wurden bestätigt: Oskar Pekarek, Schmerikon, Präsident, Donat Schai, Andwil, Madeleine Urech-Pescatore, Rorschach.
Neu in die Kassenleitung der Pensionskasse des Katholischen Konfessionsteils wurde Roland Baur, Gossau, bestimmt und Gion Pieder Casaulta, St. Gallen, bestätigt.

Voranschlag
Anschliessend an die Gesamterneuerungswahlen zu Beginn der neuen vierjährigen Amtszeit passierten die drei Sachgeschäfte rasch, der Voranschlag, der bei einem voraussichtlichen Gesamtertrag von knapp 65 Millionen Franken mit einem Fehlbetrag von einer Viertelmillion rechnet, sogar ohne Wortmeldung. Die Zentralsteuer für 2008 wird unverändert auf vier Prozent der einfachen Steuer belassen.

Renovationskredit
Der Kredit von 1,1 Millionen Franken für Renovationsarbeiten in der Kathedrale mit Schwerpunkt untere Sakristei, Kreuzgang sowie Kirchenbänke war ebenfalls unbestritten. Wie Kommissionssprecher Willi Faisst, Goldach, sagte, soll nach einer Intervention des Administrationsrates in Bern nun doch ein Bundesbeitrag möglich sein; in welcher Höhe, ist noch nicht bekannt.
Das Anliegen eines Volksaltars unter der Rotunde in der Kathedrale, das der Kunsthistoriker Johannes Huber aufgriff, ist gemäss Hardy Notter eine «Leidensgeschichte». Man solle sich keine Illusionen machen über den Zeitraum, der für eine Verwirklichung beansprucht werde.

Erhöhte Beiträge
Zwei der drei Beiträge aus der Zentralsteuer wurden leicht um je 25´000 Franken erhöht, nämlich jene für die beiden Frauenklöster:
Die Zisterzienserinnenabtei Mariazell Wurmsbach, Bollingen erhält neu 275´000 Fr. an die Renovationsaufgaben der Jahre 2006-09, das Dominikanerinnenkloster St. Katharina Wil für das Umbauprojekt «Konzentration im Altkloster» 175´000 Fr. Der Beitrag an die Stiftung St. Iddaburg, Gähwil, für die Renovation der Wallfahrtskirche bleibt unverändert bei 75´000 Fr. Hier äusserte die Kommissionssprecherin Brigitte Knöpfel-Portmann, St. Gallen, die Erwartung, dass auch die Pfarreien der Umgebung ihren Teil beisteuern.

Interpellation zur Anlagepolitik
Eugen Schmid, Wattwil-Hemberg-Ricken, reichte eine Interpellation ein zur Anlagepolitik kirchlicher Institutionen, im speziellen der Pensionskasse. Er knüpfte an die Kampagne 2007 des Fastenopfers an und möchte wissen, ob und allenfalls nach was für ökologischen und sozialen Kriterien die Gelder angelegt werden. Die Interpellation wird, so der neue Ratspräsident Walter Morger, auf die Junisitzung traktandiert.
Ebenfalls im Juni wird die Verabschiedung des langjährigen, verdienten Verwalters Rudolf Würmli erfolgen, der am Dienstag zum letzten Mal an einer Sitzung in offizieller Mission dabei war.

«Hätten die Zürcher geahnt…»
Administrationsratspräsident Hardy Notter informierte das Katholische Kollegium, dass der vorgesehene Termin von Ende 2007 für die Ablieferung der Kopie des Globus an die Stiftsbibliothek nicht eingehalten werden könne. Er und Regierungsrätin Kathrin Hilber müssten diesen Sachverhalt wohl oder übel akzeptieren.
Mit Blick auf die unerwartet hohen Kosten von über 800´000 Franken fügte Notter maliziös hinzu: «Wenn die Zürcher geahnt hätten, dass die Kosten in diese Höhe steigen, hätten sie vielleicht besser getan, uns das Original zu schenken».
Düstere Wolken über der Kirche
Die allgemeine Umfrage benutzte Hardy Notter für einen «Schwanengesang». Die zwölf Jahre im Präsidium des Administrationsrates seien «intensiv, erlebnisvoll, menschlich bereichernd» gewesen. Zusammen mit dem Administrationsrat und der Verwaltung sei auch einiges erreicht worden, so die Liquidation der SPARAD und die Regelung des Kulturgüterstreits mit Zürich, welche den Präsidenten «die ganze Amtsdauer von 12 Jahren begleiteten».
Besorgt zeigte sich Notter, dass die Gegner des dualen Systems Morgenluft witterten. Dieses System lebe, das beweise «unser Kanton und unser Bistum St. Gallen, wo kirchliche und konfessionelle Behörden erfolgreich zusammenarbeiten, vor allem auch mit Blick auf die beidseitige Beteiligung an der Bischofswahl». Es gelte, dem staatskirchenrechtlichen System wie in St. Gallen Sorge zu tragen – und Bischof Markus Büchel, der sich in der Bischofskonferenz wohl nicht in der Mehrheit befinde, den Rücken zu stärken.
Notter sah bezüglich Zukunft der Kirche düstere Wolken. Der Mitgliederschwund halte an; der Anteil der Menschen ohne Zugehörigkeit zu einer Kirche dagegen steige. Die Kirche habe heute klare theologische Aussagen zu zentralen Problemen des Alltags zu machen, zitierte Notter den emeritierten Prof. Hans Schmid von der Uni St. Gallen. «Sie sollen antworten auf Sinnfragen geben, die sich im beruflichen und familiären Leben stellen». Unter Sinn seien Orientierungshilfen zu verstehen.
Das Katholische Kollegium verabschiedete daraufhin den Präsidenten des Administrationsrates nochmals mit einer Standing Ovation.

Werner Kamber

Gastbeitrag
13. November 2007 | 16:10