Reproduktives Klonen beim Menschen

Stellungnahme der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin

In den Medien sorgte die Meldung von der Geburt des angeblich ersten geklonten Menschen namens Eve für Schlagzeilen. Bisher gibt es dafür keine Bestätigung und es bestehen seitens der Wissenschaft starke Zweifel bezüglich der Richtigkeit dieser Nachricht. Der Vorgang hat aufs Neue die Frage der ethischen Beurteilung des reproduktiven Klonens ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Die Nationale Ethikkommission nimmt dies zum Anlass, aus ihrer Sicht zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Sie ist der Auffassung, dass das reproduktive Klonen beim Menschen ethisch eindeutig abzulehnen und zu verurteilen ist. Das schliesst bereits Bemühungen zur Entwicklung des reproduktiven Klonens beim Menschen ein.

Die Nationale Ethikkommission macht dazu folgende Gründe geltend:

1. Beim reproduktiven Klonen wird das Genom eines Menschen durch andere Menschen festgelegt. Dadurch entsteht eine asymmetrische Beziehung zwischen ihm und denen, die über seine genetische Konstitution verfügt haben: Es ist nicht abzusehen, welche psychosozialen Folgen sich daraus ergeben. Wer gleichsam als Kopie erzeugt wurde, dürfte es schwer haben, ein Original zu werden. Ausserdem besteht im Hinblick auf bestimmte Vorstellungen und Wünsche, die sich mit dem reproduktiven Klonen verbinden, hier in besonderer Weise die Gefahr der Instrumentalisierung des Kindes und damit der Verletzung der Menschenwürde.

2. Wie Erfahrungen mit dem Klonen von Säugetieren zeigen, muss auch im Fall des Klonens von Menschen mit schweren gesundheitlichen Schädigungen und Missbildungen gerechnet werden.

3. Das reproduktive Klonen verleitet zu falschen Vorstellungen und Erwartungen. Ein geklontes Kind ist weder eine Kopie der Persönlichkeit des Zellkernspenders noch dessen Reinkarnation. Die Vorstellung, es könne von der Spenderin oder dem Spender des Zellkerns die Persönlichkeit des Kindes bestimmt werden, muss als irreführend und anmassend bezeichnet werden. Dasselbe gilt für quasi-religiöse Unsterblichkeitshoffnungen, die sich mit dem reproduktiven Klonen verbinden.

4. Man trifft auf die Meinung, dass das reproduktive Klonen nur der nächste logische Schritt nach In-vitro-Fertilisation und intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) sei. Demgegenüber ist festzuhalten, dass es sich bei ICSI immer noch um eine sexuelle Reproduktion im biologischen Sinne handelt. Es wird hier der Vereinigung von mütterlichem und väterlichem Erbgut nur nachgeholfen. Wie bei der In-vitro-Fertilisation entsteht auch bei ICSI die genetische Konstitution des werdenden Kindes durch die zufällige Kombination zweier Genome und ist unvorhersehbar. Darin liegt der entscheidende Unterschied zum reproduktiven Klonen.

5. Auch aus therapeutischer Sicht gibt es keinerlei Legitimation für die Entwicklung des reproduktiven Klonens. Dies gilt auch für den Fall, dass in der Zukunft einmal die rein technischen Schwierigkeiten des Klonens behoben sein sollten und keine besonderen gesundheitlichen Risiken mehr bestehen würden. Der Missbrauch besteht im Gebrauch der Methode selbst, weil die Zielsetzung an sich verwerflich ist.

Bei aller Ablehnung dieser Methode ist es der NEK der Hinweis wichtig, dass ein allfällig geklonter Mensch den vollen Status eines Menschen besitzen würde und mit allen seinen fundamentalen Menschenrechten anerkannt werden müsste.

Bern, 16. Januar 2003

Georg Amstutz
Wissenschaftlicher Sekretär NEK-CNE
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Nationale Ethikkommission
20. Januar 2003 | 00:00