Mit Verständnis zum Miteinander
Vorurteile abbauen – Muslime und Nichtmuslime im offenen Dialog
«Minarett, Kopftuch und andere Fragen» – unter diesem Titel fand am Samstag in der Moschee in St. Margrethen ein Anlass statt, der Muslime und Nichtmuslime zusammenführte und der zu einem besseren gegenseitigen Verständnis führen sollte.
Muslime, Kopftücher und Minarette, oder zusammengefasst: Islam – ein brandheisses Thema, das momentan in den Medien herumschwirrt wie kein anderes, eine Religion, die bei uns so stark mit Vorurteilen behaftet ist wie kaum eine andere und eine Menschengruppe, die versucht, hier in der Schweiz in Ruhe leben zu können. Die Veranstaltung vom Samstag hat nun Muslime und Nichtmuslime zusammengebracht. Dabei ging es nicht um den blossen Austausch von Höflichkeitsfloskeln. Offen wurde über das Thema Islam diskutiert, Fragen beantwortet und Vorurteile angesprochen – ein erster Schritt weg vom Nebeneinander in Richtung Miteinander!
Versuchen, seine eigene CD zu überschreiben
Nach einem kurzen gemeinsamen Einstieg wurden die Nichtmuslime von den Muslimen getrennt, um offen über Vorbehalte zu reden und Fragen zu sammeln: Warum tragen die Mädchen und Frauen Kopftücher und wie freiwillig tun sie das? Was verstehen Muslime unter Demokratie? Was ist beleidigend am Kreuz? Dürft ihr eine Kirche betreten? Wie steht ihr zu Mischehen? Was sagt der Koran? Wie verbindlich ist der Ramadan? Solche Fragen und etliche mehr wurden von Urs Urech vom National Coalition Building Institute (NCBI) zusammengetragen.
«Vorurteile sind bei uns abgespeichert wie auf einer CD», so Urech, «diese CDs kann man vielleicht nicht löschen, aber man kann versuchen, sie zu überschreiben.» Die Diskussion im Anschluss machte den Anfang dazu. Adile Samsunlu, eine türkischstämmige Muslima und der Ägypter Salah Mohktar (beide von NCBI) beantworteten die Fragen aus ihrer persönlichen Sicht. Aber auch das Publikum meldete sich zu Wort und eine engagierte und vor allem offene Diskussion entstand.
Tradition und Islam dürfen nicht vermischt werden
Ein Vorurteil wurde besonders diskutiert: Islam und Terrorismus. Die Muslime betonten, dass Terrorismus mit Islam überhaupt nichts zu tun hat und absolut verboten ist. Islam bedeute Friede, sich ganz und gar Gott hinzugeben, doch leider wurde er missbraucht und der Terrorismus ist zum Geschäft geworden. Doch für die gläubigen Muslime steht klar fest: Jeder, der Terror macht, steht ausserhalb des Islams.
Auch das Tragen der Kopftücher wurde an diesem Vormittag debattiert. Dabei gingen die Meinungen der anwesenden Muslime auseinander, ebenso die Ansichten zu Mischehen.
Student Said Ramadani bringt die Sache dann auch auf den Punkt: «Tradition und Islam darf man nicht vermischen, denn wenn man das tut, zieht man mit Sicherheit den falschen Schluss!» Auch betont er, dass im Islam kein Zwang gilt und dass zwischen Zwang und Erziehung unterschieden werden muss.
Von den gemeinsamen Grundlagen ausgehen
Leider war die Zeit etwas knapp bemessen, so dass nicht alle Fragen zur Sprache kommen konnten. Doch war es wichtig, dass ein erster offener Austausch stattgefunden hat, wie auch der evangelische Pfarrer Emil Teindel betont: «Wir müssen offen miteinander reden können. Die Gemüter sind teils empfindlich und gereizt, doch jede Frage ist erlaubt, und wenn man Fragen stellt, kann man Antworten geben. Wichtig ist, dass diese ehrlich gegeben werden.» Dabei dürfe es ruhig auch mal hitzig zu und her gehen, so Teindel: «Wir sollten versuchen, von den gemeinsamen Grundlagen auszugehen. Mein Wunsch ist, dass wir uns irgendwann nicht mehr wehtun!» Mit Respekt, Toleranz und Kommunikation kann dieser Wunsch auch in Erfüllung gehen.
Michelle Kaufmann
Minarett, Kopftuch und andere Fragen
Die vom Imam Nemutlu Necmetdin, dem katholischen Pfarrer Piotr Zaba, dem evangelischen Pfarrer Emil Teindel und der Gemeinde St. Margrethen organisierte Veranstaltung wurde von Urs Urech, Adile Samsunlu und Salah Mohktar vom National Coalition Building Institute (NCBI) geleitet. Das NCBI ist ein konfessionell und parteipolitisch neutraler Verein, der sich seit 15 Jahren für den Abbau von Vorurteilen und ein konstruktives Zusammenleben in der Schweiz engagiert.