Kirchgemeinde Krinau sucht Weg

Die Kirchgemeinde Krinau prüft gemäss Beschluss der Kirchgemeindeversammlung eine voll aus den eingehenden Steuereinnahmen finanzierte Eigenständigkeit. Ein Weg, den bisher noch keine Kirchgemeinde in der Deutschschweiz eingeschlagen hat.

NADINE RYDZYK
Gemäss dem Beschluss der Synode, dem obersten Organ der evangelisch-reformierten Kantonalkirche, werden ab dem 1. Januar 2016 nur noch Kirchgemeinden mit einer Mindestgrösse von 1000 Mitgliedern Ausgleichsgelder erhalten. Der Kirchenrat will mit dieser Massnahme erreichen, dass die Schere bei den Ausgleichsgeldern nicht weiter auseinandergeht. Insbesondere für kleine Kirchgemeinden wie Krinau bedeutet dies, dass ihre finanzielle Grundlage ins Wanken gerät, womit der Entscheid einem faktischen Zwang zur Fusionierung gleichkommt. In Krinau aber will man sich dieser Vorgabe nicht ohne die genaue Prüfung einer Alternative beugen. An der Kirchgemeindeversammlung vom vergangenen Sonntag wurde deshalb beschlossen, eine mögliche weitere Eigenständigkeit genauer zu prüfen.

Freiwilligenarbeit gefragt

Dies bedeutet, dass die Kirchgemeinde ihre Aufgaben allein aus dem Steuereinkommen von rund 35 000 Franken wahrnehmen muss. Einen gewählten Pfarrer könnte man sich damit nicht mehr leisten. Geplant ist deshalb, eine Pfarrperson zu finden, welche im Nebenamt für vorgesehene zwölf Gottesdienste im Jahr in Krinau zur Verfügung steht. Daneben braucht es Personen, die nicht mehr für eine Entlohnung, sondern nur noch für eine Entschädigung den Mesmerdienst übernehmen und andere anfallende Arbeiten erledigen.

Als Entscheidungsgrundlage für die Kirchbürgerschaft wurde deshalb ein provisorisches Budget für diesen Fall erstellt, um zu verdeutlichen, was dabei auf die Gemeinde zukommt. Dieses geht von einem jährlichen Defizit von rund 5000 Franken aus. Dabei wurde so kalkuliert, dass der Weg der weiteren Eigenständigkeit vor allem eines bedeutet: Die Gemeinde wäre hinsichtlich ehrenamtlicher Freiwilligenarbeit stärker gefragt als bisher. So ist der grösste Nachteil dieses Weges auch gleichzeitig sein grösster Vorteil, wie die Präsidentin der Kirchenvorsteherschaft, Anna-Barbara Wickli, zusammenfasst: «Ob dieser Weg gegangen werden kann, hängt massgeblich davon ab, ob wir ausreichend Personen finden, die sich engagieren wollen. Diese Notwendigkeit an grösserer Verantwortung und Bereitschaft zur Initiative ist ein Nachteil, gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass man Mitgestalten kann und wir unsere Selbständigkeit bewahren.» So ist der nun zu prüfende Weg auch an die Hoffnung einer Bekenntnis zu mehr Gemeinschaft und Einsatz gekoppelt.

Finanz- und Personalfragen

An der Kirchgemeindeversammlung wurde diese Option intensiv diskutiert. Vor allem die Finanzierung und die Frage, wer denn alles organisieren solle, warfen Fragen auf. Mit 14 zu 13 Stimmen wurde die Kirchenvorsteherschaft aber schliesslich beauftragt, die Variante «Eigenständigkeit» genauer zu prüfen. Bis zum Sommer will man sich Zeit geben, um vor allem die Personalfragen zu klären. Dann soll eine Orientierung über die Ergebnisse und die Entscheidung für die Ausarbeitung einer Variante erfolgen. «Für uns macht es keinen Sinn, beide Wege bis im Frühjahr 2015 detailliert weiter zu verfolgen», erläutert Anna-Barbara Wickli die Vorgehensweise. Abgestimmt wird an der Kirchgemeindeversammlung im nächsten Jahr. Dann erst wird eine definitive Entscheidung gefällt, ob die Kirchgemeinde Krinau versucht, ihre Eigenständigkeit auf diesem neuen Weg zu bewahren oder mit Wattwil und Lichtensteig in der Kirchgemeinde Mittleres Toggenburg zu fusionieren. Denn auch wenn die Eigenständigkeit sich nicht als gangbarer Weg herausstellen sollte, müsse man sich keine Sorgen machen, kann Anna-Barbara Wickli beruhigen: «Mit der Zusammenschliessung wäre die kirchliche Grundversorgung in Krinau in jedem Fall gesichert.»

Von diesen Zukunftsüberlegungen unberührt wurde von der Kirchgemeindeversammlung die anstehende Innenrenovation der Krinauer Kirche beschlossen. Hier werden nach der Chilbi im August die Decke und Innenwände neu gestrichen. Der hierfür im Rahmen des Voranschlags gesprochene Betrag von 32 000 Franken allerdings wäre ein Beispiel für spezielle Ausgaben, die beim neuartigen Eigenständigkeitsmodell der Kirchgemeinde ab 2016 nicht mehr im Rahmen des normalen Budgets abgedeckt wären. «Für solche Massnahmen müssten wir dann auf die Suche nach Unterstützung bei Stiftungen und dergleichen gehen», so die Präsidentin. Denn ein finanzielles Polster hat die Kirchgemeinde nicht.

Seitens der Kantonalkirche hat man für diese neue Herangehensweise allerdings erste positive Signale erhalten. Wie Anna-Barbara Wickli erklärt, würden hier im Grundsatz keine Einwände vorliegen, sofern das Vorhaben rechtskonform sei und sich die Kirchgemeinde nicht erheblich verschulden würde. Genaueres könne aber auch hier erst nach einer detaillierten Prüfung der Variante gesagt werden.

St. Galler Tagblatt
27. März 2014 | 08:53