EU-Parlament stimmt deutlich für Konzernverantwortungsrichtlinie

Das EU-Parlament hat heute mit 366:225 seine Position zur geplanten EU-Richtlinie gefasst. Die Schweiz muss jetzt einen Gesetzgebungsprozess starten, damit sie nicht bald das einzige Land ohne Konzernverantwortung ist.
 
EU-Konzerne sollen Menschenrechte und Umweltstandards entlang ihrer Wertschöpfungskette einhalten und die CO2-Emissionen reduzieren. Nachdem im Dezember 2022 bereits der EU-Ministerrat der EU-Konzernverantwortungsrichtlinie (CSDDD) im Grundsatz zustimmte, hat nun heute auch das EU-Parlament deutlich zugestimmt. Während den Trilogverhandlungen werden über den Sommer nun noch letzte Differenzen zwischen den EU-Institutionen bereinigt.
 
«Für uns ist klar, dass der Bundesrat und das Parlament nun aktiv werden müssen, damit die Schweiz nicht bald das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortung wird», sagt Dominique de Buman, ehemaliger Nationalrat der Mitte und Vorstandsmitglied der Koalition für Konzernverantwortung. Doch leider sieht es aktuell nicht danach aus: Der Bundesrat hat am 2. Dezember 2022 entschieden, keine Gesetzesanpassung bezüglich Sorgfaltspflichten für Konzerne an die Hand zu nehmen. Lediglich eine kleine Anpassung im Bereich «Reporting», wo es nur um Berichterstattungspflichten geht, soll bis im Sommer 2024 in die Vernehmlassung gehen.
 
Das ist insbesondere deshalb stossend, weil der Bundesrat die Konzernverantwortungsinitiative 2020 mit dem Versprechen bekämpfte, «international abgestimmt» vorgehen zu wollen. «Der Bundesrat muss nun zu seinem Wort stehen», sagt Chantal Peyer, die für das Hilfswerk HEKS im Vorstand der Koalition für Konzernverantwortung ist. «Was bald in ganz Europa gilt, muss endlich auch in der Schweiz gelten: Wenn Konzerne wie Glencore Flüsse vergiften oder ganze Landstriche zerstören, dann sollen sie dafür geradestehen.»
 
Das fordert die EU-Konzernverantwortungsrichtlinie (CSDDD)

Grossunternehmen müssen verbindlich sicherstellen, bei ihren Geschäften keine Menschenrechte zu verletzten und die Umwelt nicht zu zerstören. Die Konzerne müssen zudem einen Absenkpfad für ihre CO2-Emissionen definieren, der mit dem Pariser Klimaabkommen übereinstimmt.

Eine Aufsichtsbehörde kontrolliert, ob die Pflichten eingehalten werden und kann bei Verstössen umsatzabhängige Bussen aussprechen. Konzerne sollen zudem für Schäden haften, die sie durch mangelnde Sorgfalt direkt oder indirekt, etwa durch ihre Tochterfirmen und Zulieferer, (mit)verursacht haben. Damit geht die EU-Richtlinie voraussichtlich in mehreren Punkten (Klimapflichten, Aufsicht, Haftung für Zulieferer) weiter als die Konzernverantwortungsinitiative, die in der Schweiz 2020 von der Bevölkerung angenommen wurde, aber am Ständemehr scheiterte.
 
Breite Unterstützung aus Politik und Wirtschaft
Die geforderte Konzernverantwortungsrichtlinie wurden im EU-Parlament von einer breiten Allianz aus Liberalen (RENEW), einem Teil der Christdemokraten (EPP) und den linken Fraktionen (S&D, Greens/EFA, The Left) getragen. Im Vorfeld des Parlamentsentscheids äusserten sich zudem zahlreiche EU-Konzerne wie ALDI, MARS, IKEA oder Unilever positiv zum geplanten EU-Gesetz und forderten, dieses noch in verschiedenen Punkten zu verschärfen.
 
Laufend werden neue Fälle bekannt

Wie dringend nötig ein Konzernverantwortungsgesetz auch in der Schweiz wäre, sieht man an den vielen Fällen von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung, die laufend bekannt werden: Seien es die Verstrickungen von Schweizer Konzernen mit der Militärjunta in MyanmarGoldimporte aus hochproblematischen Minen oder ein neues Beauty-Produkt von Nestlé, das zur Abholzung von Regenwald beiträgt.

konzernverantwortung.ch
1. Juni 2023 | 13:23