Bruder Gerold gestorben: Hommage von Abt Christian

Liebe Geschwister von unserem Br. Gerold, liebe Nichten und Neffen, Liebe Angehörige, Freunde und Bekannte von Br. Gerold hier in der Klosterkirche oder daheim am im Live-Stream, liebe Mitbrüder, liebe Trauerfamilie

«Gott ist Licht» so werden wir es heute in der Lesung hören. Gott ist Licht! Wenn wir hier uns versammelt haben, um gemeinsam Abschied zu nehmen von unserem Br. Gerold. Dann ist dies auch ein Zeichen, dass wir glauben, dass er nun in dieser Lichtfülle von Weihnachten seine Heimat gefunden hat.

Br. Gerold, der immer wieder versucht hat Menschen eine Heimat zu geben, bzw. anzudeuten. Eine Heimat, die darin bestand: Gutes zu tun, da einmal  eine finanzielle Unterstützung; da einmal ein Wasserschloss im Zentralgefängnis von Yaoundé für die Gefangenen zu bauen; zum Todverurteilte mit einem guten Wort über Gott, über Jesus Christus, der das Licht ist, zu trösten.

Trotz seinen Enttäuschungen, die er bei all seinen guten Taten immer wieder einstecken musste, oder auch die Erfahrung einfach ausgenutzt worden zu sein, das hat ihn dennoch nicht verbittern lassen. Er behielt seine Güte, aber er wurde ein schlauer Fuchs, immer etwas schläuer.

Bei all seiner Güte, seinem Erfindergeist und seinem Durchhaltevermögen, war er sich auch seiner Schwächen und Fehler bewusst. Er vertraute da stets der grösseren Barmherzigkeit Gottes. Und genau unter diese Barmherzigkeit Gottes, die in der Krippe liegt, wollen wir uns jetzt auch begeben in Gemeinschaft mit unserem verstorbenen Br. Gerold.

1 Joh 1,5–2,2
Ein Leben im Licht

Lesung aus dem ersten Johannesbrief

Schwestern und Brüder.


Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm.

Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben,

und doch in der Finsternis leben, lügen wir und tun nicht die Wahrheit. Wenn wir aber im Licht leben,

wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander,

und das Blut seines Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde.

Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben,

führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns.

Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht;

er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von allem Unrecht.

Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben,

machen wir ihn zum Lügner,

und sein Wort ist nicht in uns.

Meine Kinder,

ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt.

Wenn aber einer sündigt,

haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten.

Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt.

Wort des lebendigen Gottes

Mt 11, 25-30

Zur Ruhe kommen bei ihm

Aus dem Heiligen Evangelium nach Matthäus

In jener Zeit sprach Jesus:

Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde,

weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen,

und es den Unmündigen offenbart hast.

Ja, Vater, so hat es dir gefallen.

Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden;

niemand kennt den Sohn, nur der Vater,

und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der,

dem es der Sohn offenbaren will.

Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid!

Ich will euch erquicken.

Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir;

denn ich bin gütig und von Herzen demütig;

und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.

Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Evangelium unseres Herrn Jesus Christus.

Lebenslauf

Liebe Geschwister von unserem Br. Gerold, liebe Nichten und Neffen, Liebe Angehörige, Freunde und Bekannte von Br. Gerold, liebe Mitbrüder, liebe Trauerfamilie

«Gott ist Licht», dieser Aussage steht in der Weihnachtszeit auch das Wort parallel gegenüber «Gott ist die Liebe». Beide Sätze strahlen aus dem Leben von Br. Gerold in unser menschliches Leben hinein.  Über diese Strahlkraft hat er im November 2019 geschrieben hat:

Die Freude ist ansteckend, deshalb sollt ihr immer von Freude erfüllt sein, wenn wir zu Menschen gehen. Die Freude leuchtet aus den Augen und aus dem Blickfeld, aus dem Gespräch und aus der Haltung. Die Heiterkeit muss ein Grund unseres Lebens sein. Menschen, die ihr Leben nicht sich selbst, sondern anderen widmen, lösen oft erstaunliche und beglückende Wirkungen in uns aus!

Eigentlich könnte ich hier meine Ansprache beenden, weil das Wichtigste seiner Haltung gesagt wurde und auch das, was die Menschen bei uns oder in Kamerun an Br. Gerold faszinierte: Seine Freundlichkeit, sein Lachen. Im Alter fragte ich mich oft, hat er jetzt wirkliche verstanden, was ich sagte oder warum lacht er immer noch. Aber das war Gerold. Und damit eckte er in Kamerun bei gewissen Menschenhaltungen an, aber auch bei uns.

Br. Gerold durfte ich so richtig kennenlernen als ich das erste mal 1996 im Oktober auf dem Mont Febe weilte. Als einfacher Mitbruder durfte ich mit den Mont Febeianern das klösterliche Leben teilen. Es war für mich auch eine Frage im Hinterkopf, ob Kamerun etwas für mich wäre oder nicht.

Br. Gerold hat mich, neben P. Gerard, auf dem Mont Febe begleitet, und Gerold hat mich, Entschuldigung, überallhin mitgeschleppt, zu allen möglichen und unmöglichen Orten. Er war stolz mir eine Wallfahrtskirche zu zeigen, die jetzt gerade seine Holzdachstuhl-Konstruktion aufgesetzt bekam. Er hat mich zu den ganz Armen in Yaoundé mitgenommen, die andere Seite des Lebens.  

Er hat mir gezeigt wie er voller Leben war, wenn er, fast 70 Jahre alt,  mit den jungen Menschen aus dem Internat Fussball spielte. Dieses sein Internat, das war ein einfacher Bau, um nicht zu sagen ein Verschlag:  mit Bett an Bett und über Bett. Für viele von den jungen Menschen war es aber doch schon ein grosser Luxus. Denn sie hatten fliessend Wasser und regelmässig etwas zu essen.

Br. Gerold war der «bon Père», oder etwas theologischer gesagt: der «Gute Hirte» für viele Familien in Not oder für viele Jugendliche auf Abwegen oder kurzdavorstehend. Was er da geleistet hat, das kann man nicht beschreiben. Das musste man selber erfahren haben. Und das konnte man nur auf dem Mont Febe, wenn sein Büro von Menschen gestürmt wurde, die Hilfe brauchten durch ein seelsorgerliches Wort und einen finanziellen Zustupf. Oder von jungen Menschen, die in lebendiger Diskussion mit ihm die Zeit totschlagen wollten. Dieses Wirken und Strahlen als der «Bon Père» war ihm auch nur durch die tatkräftige Unterstützung seiner Gönnerinnen und Gönner in der Schweiz möglich. Je älter er wurde, umso älter wurden auch sie und die Geldströme wurden immer kleiner. Sie würden auch heute noch gebraucht. Und sein Schreinernachfolger  Joseph Kamto, versucht so gut wie möglich, mit unserer klösterlichen Unterstützung, diese soziale Note weiterzuleben.  

Wenn wir schon beim Geld sind: Viele von uns haben wohl noch die Photo im Kopf von 1995, wie Br. Gerold im Spitalbett liegt und an seiner linken Achsel eine Metallkonstruktion hing: 5 Schüsse haben ihn da bei einem Überfall getroffen als er die Lohngelder bei sich im Büro hatte. Aber das Geld war gerade in der Schublade versteckt, vor der er blutend auf dem Boden lag. Die Diebe wollte ihn nicht berühren und hauten unverrichteter Dinge ab.  Erzbischof Jean Zoa hat sich sehr um ihn im Spital gekümmert. Keine Selbstverständlichkeit.

Nicht zu vergessen ist, was dieser einfache Mitbruder mit seinem Dienst an den Gefangenen im Zentralgefängnis von Yaoundé leistete seit 1965 bis zu seinem Weggang. Von der Not, vom Elend und der moralischen Hilflosigkeit getroffen, wurde er ihr Seelsorger. Oder wie er es selber beschreibt:

Seit 1965 nehme ich mich besonders am Sonntag den zum Tode Verurteilten im Zentralgefängnis von Yaoundé an. Durch Aussprachen und Dialoge, versuche ich sie auf andere Wege und Gedanken zu bringen.

Um etwas Licht in dieses Gefängnis zu bringen hat er mit Hilfe von Geldern aus der Schweiz ein Wasserschloss gebaut, damit die Häftlinge frisches und sauberes Wasser haben. Seit gut drei Jahren ist in seine Fussstapfen P. Jacques vom Mont Febe getreten. Etwa vom gleichen Schlag wie Gerold, aber das Strahlen fehlt ihm noch und die Fähigkeit mit der Wünschelrute Wasser aufzuspüren.  

Sein liebstes Kind, in das er sein ganzes Herzblut hineinsteckte, das wissen wir alle, war die Schreinerei auf dem Mont Febe. Einen Ort zu haben, wo er sein Handwerk weitergab, nach Schweizer Manier; Einen Ort der Ausbildung für junge Menschen zu haben, um ihnen eine Zukunftsperspektive zu eröffnen; einen Ort zu haben, aus dem vielleicht einmal dieser oder jener ins Kloster eintreten sollte. Er ist bis heute mit dem Leiter seines Hauptwerkes, der Schreinerei, verbunden, mit Joseph Kamto. Er hat es bis heute geschafft, dass es im Sinne von Br. Gerold weiterging. Die Schreinerei mit Schule und Internat besitzt heute ein grosses Ansehen in Kamerun. Aber auch in Bern ist sie bekannt, durch verschiedene Hoffnungsprojekte für junge Menschen. Nicht zuletzt durfte die Schreinerei die Schweizer Botschaft in Yaoundé neu einrichten.

Bruder Gerold war ein Mann des Lebens bis ins hohe Alter. Er konnte nicht ruhig sitzen, es musste immer etwas gehen und los sein. Sein Appenzeller Mitbruder sagte einmal: «Da hät einfach es unruhigs Füdle». Doch auch für ihn kam die Zeit Abschied zu nehmen: 2008 musste er nach Engelberg zurückkehren, was ihm schwerfiel. Im 2011 durfte er mit mir das letzte Mal nach Kamerun. Wo er viele seiner Namensträger «Gerold» mit eigenen Familien und Kindern wiedersah. In diesen drei Wochen sah ich ihn ganz wenig. Auch sein Lieblingsessen konnte er nochmals geniessen «Viper».  Mir gegenüber sagte er «das stärkt die Manneskraft!» Dann fragte ich mit Schalk gerne zurück «Br. Gerold, warum brauchts Du als Mönch in deinem Alter noch die Manneskraft?» und er lachte schallend heraus. Das war Gerold.

Doch ein Leben immer so auf Hochtouren, da kommen auch Enttäuschungen und Talfahrten nicht zu kurz. Von denen hat Gerold einige erlebt, vor allem auch dann, wenn sein Vertrauen missbraucht wurde. Dies war nicht nur einmal der Fall. Aber seine innere Freude und Heiterkeit stärkte ihn. Aber auch das einfache Gebet, der Rosenkranz war so ein Gebet. Jesus war für ihn dieser Ruhepol, dieser Ort der Kraft von dem wir im Evangelium hörten:

Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid!

Ich will euch erquicken.

Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir;

denn ich bin gütig und von Herzen demütig;

und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.

Eine starke Grippe im Mai 2019 setzte ihm so zu, dass er seine plus/minus sichere Selbstständigkeit für die Nacht, gänzlich verlor. So wurde das Umsiedeln ins Erlenhaus nötig, wo er neue Heimat fand und nun eineinhalb Jahre gut und liebevoll  betreut wurde. Hier möchte ich seinem Bruder Armin recht herzlich danken für die regelmässigen Besuche, wenn Corona es nicht verunmöglichte, und die vielen Spazierfahrten an der frischen Luft. Herzlichen Dank!

Lieber Br. Gerold, dein Licht ist hier auf Erden erloschen. Aber es leuchtet weiter in all den Menschen, die du begleitet und denen du eine Zukunft geben hast. Es leuchtet aber auch für dich weiter an der himmlischen Krippe, wo du das Ewige Leben von dem empfangen hast, der das Leben selber ist: Jesus Christus.

Amen.

Fürbitten

Herr Jesus Christus,

du hast dich in Liebe mit uns verbunden. Unsere manchmal so anfällige menschliche Liebe soll ein Abglanz deiner Liebe sein. So bitten wir dich:

Führe unseren Br. Gerold in das Land des Lichtes und des Friedens, wo er für seine Seele Ruhe finden kann.

Lass aus dem Guten und seinen Initiativen, die er gesät hat Frucht des Lebens erwachsen und Hoffnung für viele Jugendliche.

Tröste alle, die um unseren Br. Gerold trauern, mit der Hoffnung um ein Wiedersehen in deiner himmlischen Herrlichkeit.

Ermutige auch heute junge Menschen in den Dienst am Nächsten tatkräftig einzutreten und Zeichen deiner Gegenwart zu setzen.

Bestärke die junge Gemeinschaft auf dem Mont Febe in ihrem gemeinsamen Beten und Wirken für die Menschen von Kamerun.

Herr, unser Gott,

du schenkst Verzeihung und Leben. In dir haben wir den Urgrund unseres Lebens. Wir danken dir für das wirkvolle Zeugnis von Br. Gerold. Dafür sei dir Lob und Dank, jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.

Segen

Damit ihr inmitten der Trauer zu den getrösteten Menschen gehört,

segne euch der Herr und behüte euch.

Damit ihr inmitten aller Zweifel Gott fest vertrauen könnt,

lasse der Herr sein Angesicht über euch leuchten und sei euch gnädig.

Damit ihr inmitten der Vergänglichkeit über den Tod hinaus hofft,

erhebe der Herr sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden.

So behüte und segne euch der dreieinige Gott:

der Vater

und der Sohn

und der Heilige Geist.

Amen.

Kloster Engelberg
30. Dezember 2020 | 11:48